Nach dem 1:4 in Salzburg: Offener Zwist bei der Austria

FC Red Bull Salzburg vs FK Austria Wien
Die Fans der Wiener haben zwei Sündenböcke für die Krise ausgemacht. Sport-Vorstand Stöger zeigt dafür kein Verständnis.

Als neutraler Beobachter kann man mit der Wiener Austria, immerhin der Klub mit den meisten Titeln in der Bundesliga-Geschichte, mittlerweile schon richtig Mitleid haben. 33 Minuten war das gar nicht so schlecht, was da in der Red-Bull-Arena gezeigt wurde, lag das Team aus der unteren Tabellenhälfte beim noch immer ungeschlagenen Tabellenführer Salzburg sogar 1:0 in Führung. Und hatte auch Chancen auf noch weitere Treffer.

Doch nach dem Ausgleich der Salzburger, die kurz vor dem Champions-League-Spiel in Liverpool mit einer Mannschaft angetreten waren, die maximal die Bezeichnung "B-Elf" verdient hat, war es um die Wiener geschehen. Dann zeigte sich, dass die Austrianer in dieser personellen Zusammensetzung nicht nur von der Übermannschaft Salzburg, sondern auch vom LASK, vom WAC und auch vom Lokalrivalen Rapid, die alle drei den Tabellenführer viel mehr fordern konnten, meilenweit abgehängt worden sind.

Die Spielstatistik spricht Bände und zeigt, warum der 4:1-Sieg der Salzburger auch in dieser Höhe völlig verdient war: 27:3 Torschüsse, 64:36 Prozent Ballbesitz, 56:44 Prozent Zweikampfquote, 84:69 Prozent Passquote, 10:4 Ecken, 15:4 Flanken aus dem Spiel - alles natürlich für den Tabellenersten und gegen den aktuell Tabellenachten.

Trainer Christian Ilzer versuchte auch nach der fünften Niederlage in gerade einmal neun Bundesliga-Spielen auf Zeit zu spielen. Und flüchtete sich in jene Floskeln, die er schon seit seinem Amtsantritt im Sommer immer wieder bemüht. "Ich habe eine Mannschaft, die im Training hungrig ist, die Dinge annehmen will. Es ist extrem wichtig, dass wir Einigkeit demonstrieren", sagte der Steirer etwa dem TV-Sender Sky. Oder in der Pressekonferenz nach dem Spiel meinte er: "Die Situation ist natürlich nicht einfach. Ich wünsche mir, dass wir aus der Talsohle herauskommen."

Die Fans, die 45 Minuten streikten, stärkten ihm trotz des katastrophalen Saisonstarts jedenfalls den Rücken. "Ilzer muss Trainer bleiben", stand auf einem Transparent, das in der Red-Bull-Arena hoch gehalten wurde. Auch nach dem Schlusspfiff gab es demonstrativ "Ilzer"-Sprechchöre. "Das gibt mir natürlich Kraft", meinte der Trainer sichtlich erleichtet. Der Zorn der eh nur mehr 200 mitgereisten Anhänger (so wenige waren wohl überhaupt noch nie nach Wals-Siezenheim mitgekommen), richtete sich gegen andere. "Kraetschmer-Raus"-Sprechchöre wurden sogar angestimmt, als die Wiener noch in Führung lagen. Und diese wurden während des restlichen Spiels immer wieder wiederholt. Der "Mister Austria", der den Klub nach dem Ausstieg  von Frank Stronach vor dem Untergang rettete, hat offensichtlich längst den Kredit bei den Anhängern verloren.

Plakativ gefordert wurde dazu der Rauswurf von Florian Klein, der sich nach der Cup-Blamage in Wattens über das Verhalten einiger Fans im ORF beschwert hatte: "Es werden nicht nur der Trainer, sondern auch Spieler auf das Übelste beschimpft, das hat mit der Austria-Familie nichts zu tun", hatte der Routinier am Mittwoch gemeint. In Salzburg wurde er auf einem geschmacklosen Transparent als "Bullenschwein" bezeichnet, das gleich in Salzburg bleiben soll. Klein hatte von 2012 bis 2014 für Red Bull gespielt.

Für die Kritik gegenüber Einzelnen zeigte Sport-Vorstand Peter Stöger in Salzburg wenig Verständnis. "Es kommt viel Druck, viel Kritik, viel Häme – das akzeptieren wir alles, das nehmen wir mit. Wir haben Stimmungs-Boykott, wir haben unsachliche Kritik, wir haben Kritik auf einzelne Personen bezogen, was ich gar nicht nachvollziehen kann. Das ist komplett gegen mein Naturell. Wir versuchen mit den paar Menschen, die uns noch immer unterstützen und uns zur Seite stehen, dass wir das irgendwie wieder in Schwung bringen“, sagte er auf Sky.
 

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