Viktoria Schnaderbeck: "Ist Österreich bereit für eine Frau?"

Fußball-Expertin Viktoria Schnaderbeck im TV-Studio
Viktoria Schnaderbeck hat in ihrem Leben viele Barrieren durchbrochen. Eine ist jene, als erste Frau in Österreich bei Fußballspielen von Männern als TV-Expertin zu arbeiten. In dieser Rolle ist die ehemalige Teamkapitänin für die KURIER-ROMY nominiert.
Einfach nur ein Job? Nicht im Geringsten. Eine Frau in dieser Rolle zu sehen, speichert sich im Unterbewusstsein der Zuseher und Zuseherinnen ab. Was einmal eine Sensation war, wird normal. Wichtig für Mädchen, die sehen, dass sie auch TV-Fußballexpertin werden können. Und wichtig auch für jeden Mann, zu sehen, dass eine Frau dieses Wissen mitbringt und präsentieren kann. Ein ähnliches Vorbild habe Schnaderbeck selbst nicht gehabt, als sie ein fußballbegeistertes Mädchen war, erzählt sie im KURIER-Gespräch.
"Das war mir zu klassisch"
Dennoch, als sie 2022 – kurz nach ihrem Karriereende – die ersten Angebote erhielt, habe sie abgelehnt. „Ich wollte nicht die nächste TV-Expertin sein.“ Vom Fußball direkt in die Medienwelt, wie so viele andere vor ihr, war für Schnaderbeck damals „zu nah dran und zu klassisch“.
2023, zur Frauen-Weltmeisterschaft, sagte sie schließlich auf neuerliche Anfrage des ORF zu. „Das war erstens nicht dauerhaft, zweitens für den Frauenfußball. Ich hatte das Gefühl, da kann ich einen Beitrag leisten.“
Das Feedback war positiv, weitere Gespräche folgten. Hans-Peter Trost, langjähriger ORF-Sportchef, empfahl sie Nachfolger Hannes Aigelsreiter weiter. Bei einem persönlichen Treffen sei die Idee geboren worden, Schnaderbeck nicht nur im Frauen-, sondern auch im Männerfußball einzusetzen.
Bedenken hatte sie trotz allem. Große. „Ich bin ja nicht blöd gewesen, ich wusste ja, es hat noch keine gegeben. Ich wusste nicht: Ist Österreich bereit dafür?“ Zugleich habe sie eine gut laufende Karriere als Vortragende und Unternehmerin gehabt. „Will ich mir das wirklich antun? Wieder gegen alle Klischees und Vorurteile kämpfen? Das habe ich schon mein ganzes Leben gemacht.“

Verteidigerin Viktoria Schnaderbeck führte das ÖFB-Nationalteam bei der EM 2017 als Kapitänin ins Halbfinale
"Vorbereitung ist alles"
Am Ende reizte sie die Herausforderung doch zu sehr, um noch einmal abzusagen. Es begann mit dem Testspiel gegen Deutschland 2023.
Ein typischer Einsatz als Expertin bei einem Match des ÖFB-Teams beginnt am Nachmittag mit Redaktionssitzung und Maske, gefolgt von Vorbesprechung und Live-Einstiegen. Hat man da nach zwei Jahren schon Routine? „Am Spieltag bin ich ein bisschen angespannter. Ich habe nach wie vor einfach das Gefühl, ich will und ich muss eine gute Leistung bringen. Vorbereitung ist in allem, was ich mache, das A und O.“ Das sei schon in der Schule so gewesen, und auch in ihrer Fußball-Karriere.
Anfangs habe sie sich stark von äußeren Erwartungen beeinflussen lassen: „Ist mein Gewand zu viel oder zu wenig? Stehe ich aufrecht? All diese Dinge waren in meinem Kopf. Jetzt denke ich mir, ich stehe da, wie ich dastehe, trage das, was ich trage, sage das, was ich sage.“ Und das basiert auf einem umfangreichen Fußballwissen, das Schnaderbeck auf ihre gewissenhafte Art auch immer noch erweitert – und eloquent und charmant an die TV-Zuseher weitergibt.
"Herbert höre ich gern zu"
Für die 34-Jährige bleibt die Freude an der Arbeit entscheidend: „Es muss Spaß machen.“ Sie schätze alle im Team, eine besondere Ehre aber sei es, mit Herbert Prohaska zu arbeiten: „Ich freue mich immer wieder, das mit dem Herbert zu machen. Er hat Legendenstatus – und das zu Recht. Gleichzeitig ist er sehr respektvoll, ohne Starallüren, und ich höre ihm auch abseits der Kamera gerne zu.“
Mittlerweile hat Schnaderbeck mehr als 40 Einsätze für den ORF hinter sich. Während sie sich anfangs anhören musste: „Was will eine Frau im Männerfußball?“, sei Kritik im Netz heute kaum noch ein Thema, kürzlich habe sie nach ihrem Namen in den Kommentaren gesucht: „Die Tatsache, dass einfach nicht über mich geschrieben wird, weil es wahrscheinlich so normal ist, das war für mich das größte Kompliment.“
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