Homophobe Gesänge und Hofmann-Eklat: Liga erstattet Anzeige gegen Rapid
Nach der kurzen und intensiven Freude über den ersten Derbysieg im Allianz Stadion kommt das lange und zerknirschte Bedauern. Weil bei den Fan-Feierlichkeiten nach dem 3:0 unter dem Block West bis tief in die Nacht nicht nur Steffen Hofmann die Austria beschimpft hatte, sondern auch mehrere Spieler und ein Co-Trainer laut aufgetauchten Handyvideos niveaulos bis homophob mitgesungen haben, bittet der SK Rapid kollektiv um Verzeihung.
Vom Präsidenten bis zum Kapitän, vom Geschäftsführer bis zum Trainerteam.
Dienstag-Mittag reagierte dann auch die Bundesliga. "Die Inhalte der Videos stehen in keinerlei Einklang mit den Werten, für die der Fußball insgesamt und die Österreichische Fußball-Bundesliga im Speziellen stehen. Die Vorbildwirkung von Fußballern, Betreuern und Funktionären geht über das Geschehen am grünen Rasen hinaus", heißt es da.
Weshalb neben Rapid "alle Spieler und Funktionäre, die auf den Videos zu sehen sind, beim Senat 1 angezeigt" werden. Das betrifft: Steffen Hofmann, Stefan Kulovits, Guido Burgstaller, Marco Grüll, Thorsten Schick, Maximilian Hofmann und Niklas Hedl.
Weiter Strafrahmen
Der Strafrahmen für solche Vergehen ist weit gefasst. Das geht von einer Verwarnung, über eine Geldstrafe bis zu Spielsperren. Die betroffenen Spieler könnten bedingt gesperrt werden (mit einem Zeitrahmen, in dem nichts Vergleichbares passieren darf) oder auch unbedingt.
Sollte der Senat 1 einen bestimmten Paragrafen für das Verfahren heranziehen, wären sogar fünf Spiele Sperre als Mindestdauer vorgesehen. Welcher Paragraf zur Anwendung kommt, wird nach der Stellungnahme von Rapid entschieden. Dafür haben die Hütteldorfer eine Woche Zeit.
Mit einem Urteil in erster Instanz ist knapp vor dem Klagenfurt-Spiel der Rapidler zu rechnen, oder nach dem Ende des Grunddurchgangs.
Für Rapid als angezeigten Verein ist ebenfalls ein weites Feld an möglichen Sanktionen vorgesehen.
Was bisher geschah
Rapid hat nach der Hofmann-Entschuldigung Dienstagfrüh auf die weiteren Videos reagiert.
„Zu sehen und hören sind unangemessene und beleidigende Äußerungen, die so nicht hätten fallen dürfen und für die der SK Rapid im Gesamten nur um Verzeihung bitten kann“, hieß es in einer Aussendung des SK Rapid.
Montagnachmittag hatte sich bereits Hofmann öffentlich entschuldigt, sowie Telefonate mit Austria-Sportdirektor Manuel Ortlechner und dem Präsidenten des Rivalen Kurt Gollowitzer geführt.
Über die später aufgetauchten weiteren Videoclips von der Siegesfeier, auf der auch Spieler zu sehen und hören waren, sagte Co-Trainer Stefan Kulovits: „Der von uns wiedergegebene Fangesang steht in absolutem Widerspruch zu unseren Werten als Verein und zu meinen persönlichen, die ich in mehr als zwei Jahrzehnten im Profifußball vorgelebt habe und weiterhin vorleben möchte.“
"Aufrichtiges Bedauern"
Der Assistent von Cheftrainer Robert Klauß erklärt: „In meinem Freundeskreis sind Menschen aus allen Gesellschaftsschichten mit unterschiedlichen sexuellen Orientierungen, ich kann nur mein aufrichtiges Bedauern über die von uns genutzten Worte wiederholen.“
Für die beteiligten Spieler wie Marco Grüll findet Guido Burgstaller, der als Kapitän selbst mit dabei war, klare Worte: „Wir können diesen Fehler leider nicht ungeschehen machen. Wir möchten uns auf diesem Wege auch klar von jeglicher Diskriminierung und Homophobie distanzieren und uns bei allen entschuldigen, die wir durch unser Verhalten direkt oder indirekt beleidigt haben. Uns ist bewusst, dass wir eine Vorbildwirkung haben, und dieser Rolle wurden wir mit der Aktion nach dem Spiel leider absolut nicht gerecht.“
Die Teilnahme an den homophoben Gesängen des künftigen Werder-Bremen-Spielers Grüll und des früheren Stürmers von St. Pauli haben sich schnell bis nach Deutschland durchgesprochen. Die Bild Zeitung schreibt von einem "Skandal um neuen Star Marco Grüll". Der Salzburger hat demnach in einem Gespräch mit seinem künftigen Verein Einsicht gezeigt.
Schelte vom Präsidium
Auch Präsident Alexander Wrabetz und Vizepräsidentin Edeltraud Hanappi-Egger werden deutlich: „Das Präsidium des SK Rapid verurteilt die jüngsten homophoben Äußerungen rund um das sportlich so erfreuliche Wiener Derby auf das Schärfste. Die Verunglimpfung von Menschen aufgrund von verschiedenen Merkmalen oder Lebensweisen soll bei Rapid keinen Platz haben. Wie schon in unserem Leitbild verankert ist, verstehen wir gesellschaftliche Vielfalt als Bereicherung und wollen wir als grün-weiße Gemeinschaft einen Beitrag zu mehr Diversität und Inklusion leisten.“
"Intern noch aufarbeiten"
Das Duo fordert: „Respekt und Wertschätzung für Vielfalt sind Grundpfeiler unseres Vereins und wir erwarten, dass alle, die bei Rapid arbeiten und sich unserem Klub verbunden fühlen, sich auch zu unseren Werten bekennen. Wir möchten uns auch als Präsidium für das auf Videos dokumentierte Fehlverhalten entschuldigen und werden diese Causa auch intern noch aufarbeiten.“
Hauptsponsor Wien Energie ist laut einer Stellungnahme "enttäuscht" und begrüßt die Worte der Klub-Führung und fordert: „Diese können jedoch nur ein erster Schritt sein. Wir werden mit dem SK Rapid ein persönliches Gespräch suchen.“
"Keine Ausrutscher"
Und Trainer Robert Klauß, der sich über den Sieg im Derby so gefreut hatte und dann abreiste, weil er einer Einladung zu einer Sky-Diskussion nachgekommen war? Der neue Coach muss sich wohl wie im falschen Film vorkommen.
Die Fußballfans gegen Homophobie begrüßten die Stellungnahme des Vereins. Die Gruppierung macht aber in einem Statement darauf aufmerksam, dass das Problem damit nicht gelöst sei und dass es in ihren Augen sich nicht um "Ausrutscher" handle.
"Homophobie ist im Männerfußball leider tief und strukturell verankert. Es ist absolut nicht verwunderlich, dass es in Österreich weiterhin keinen einzigen bekennenden schwulen Profifußballer gibt. Wer würde sich denn in einem solchem Umfeld vor seinen Teamkollegen und Fans offen zu seiner Homosexualität bekennen wollen?" Man stehe für etwaige Kooperationen bereit.
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