Hansi im Glück: Warum Bayern-Trainer Flick so erfolgreich ist
Hans-Dieter Flick wird immer noch Hansi genannt. Dabei ist er schon 55 Jahre alt. In seiner Heimat heißt es, dass der Hansi ärgerlich werden kann, wenn ihn jemand mit seinem vollen Namen Hans-Dieter anspricht. Flick wurde in Heidelberg geboren, wuchs in Neckargemünd auf, schloss eine Ausbildung zum Bankkaufmann ab. Und wurde Fußball-Profi.
Aber irgendwie passt es zu einem Hansi, dass sein erster Verein als Dreikäsehoch der BSC Mückenloch war. Und dass er den Einstieg in die Coachingzone als Spielertrainer des FC Victoria Bammental gefeiert hat.
Haifischbecken Bayern
Dazwischen lagen fünf Profijahre (mit vier Meistertiteln) bei den Bayern, die ihm den nicht unwichtigen Stallgeruch für seinen aktuellen Job verschafft haben. Im Haifischbecken FC Bayern mit all den tollen Hechten bewegt sich Flick klug und bleibt dabei in seiner Außenwirkung aber durchaus authentisch. Und er hat die Rückendeckung der Bayern-Bosse Rummenigge und Hoeneß (auch wenn der Präsident jetzt Hainer heißt). Der Lohn: ein Vertrag bis 2023.
2006 arbeitete Flick kurz in Österreich. Zwei Monate oder elf Spiele lang saß er auf der Bank von Red Bull Salzburg, als Co-Trainer von Giovanni Trapattoni. Dann holte ihn Joachim Löw als Co-Trainer zum deutschen Nationalteam.
Acht Jahre saß Flick neben Löw, ehe er nach dem WM-Titel 2014 von der Co-Trainer-Bank auf einen Sessel im DFB-Büro als Sportdirektor wechselte. Nach zweieinhalb Jahren schmiss er den Job und ging wieder zu Hoffenheim, nur wenige Kilometer von seiner Heimat entfernt. Wie schon 2005 als Trainer trennten sich er – diesmal 2018 als Geschäftsführer – und Hoffenheim-Sponsor Hopp.
Chef seit November
Im Sommer 2019 folgte Flick als Co-Trainer bei Bayern München auf Peter Hermann. Und schon am 4. November wurde er nach der Entlassung von Niko Kovac vorübergehend Cheftrainer.
Es begann eine Erfolgsgeschichte, die schon fast kitschig ist. Flick ist der erste Bayern-Trainer, der 22 seiner ersten 25 Pflichtspiele gewinnen konnte, Pep Guardiola gewann 21. Von den 28 Spielen unter Flick haben die Bayern zwei verloren (Leverkusen, Gladbach) und eines remis gespielt – das 0:0 gegen Leipzig war das einzige der Spiele, in denen die Bayern kein Tor geschossen haben. Mit 2,71 ist der Punkteschnitt unter Flick beachtlich.
„Wie macht das der Hansi?“, fragen sich daher Fans und Insider.
Teamchef Löw sagt über seinen ehemaligen Assistenten: „Er hat die Kompetenz und die emotionalen Fähigkeiten, mit den Spielern umzugehen.“
Lob aus Österreich
Auch Roland Kirchler lobt die Empathie von Flick. Der ehemalige Teamspieler war zu Flicks Zeiten in Salzburg. „Er war damals genau so, wie er jetzt bei Bayern rüberkommt“, sagt der Tiroler. Als einer von zwei Assistenten von Trapattoni widmete sich Flick damals vor allem jenen Spielern, die wenig Einsatzzeiten hatten oder gar auf der Tribüne hockten. „Er hat sich mit jedem Spieler abgegeben und allen das Gefühl gegeben, dass sie wichtig sind. Seine ehrliche, offene Art kommt sicher auch bei den Bayern-Stars gut an. Deswegen hat er den Laden auch so gut im Griff“, sagt Kirchler.
Flicks Vorgänger Kovac warf man Distanz zu den Spielern vor, während man dem Nachfolger Empathie nachsagt. Er sei Integrator, Spielerversteher, Mitnehmer und Motivator wie Jürgen Klopp. So was brauchen auch die Herren Stars. Wie Thomas Müller, der von Kovac zum Bankbeamten degradiert worden war und unter Flick wieder aufblüht.
Flicks Vorgänger Kovac warf man Sicherheitsfußball vor, während Flick höher pressen und früher attackieren lässt. Österreichs Teamspieler David Alaba sieht es weniger philosophisch. Die Erklärung von Alaba zum Erfolgsmodell von Flick: „Er hat an den richtigen Schrauben gedreht.“ Den Wiener, der nächste Woche 28 Jahre alt wird, hat er jedenfalls vom Linksverteidiger zum Abwehrchef umfunktioniert.
Selten laute Töne
Seinem Vorgänger Kovac warf man vor, dass er sich bei Pressekonferenzen um Kopf und Kragen redete, während Flick stets verbindlich bleibt. Flick kann aber auch grantig werden. Wenn die Stars das Training zu locker nehmen, dann bricht er schon mal ab und spricht klare Worte.
Aber das war es dann auch schon wieder mit Drama und Donner. Sein ehemaliger Trainer Jupp Heynckes erinnert sich: „Er ist keiner, der gerne einen Streit vom Zaun brach.“ Was die Bayern-Spieler am Trainer ebenfalls schätzen – Selbstdarstellung ist Flick eine Graus. Er führt ein Fußballerleben im Hintergrund.
Auch sein Privatleben hält er bedeckt. Die Boulevard-Medien berichten über zwei Töchter und zwei Enkelkinder. Verbürgt ist hingegen der Name seiner Frau, mit Silke ist er seit über 30 Jahren verheiratet.
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