Abseits. So betitelte Tochter Johanna, eine praktizierende Psychologin, auch jene zwei Bücher, die sie ihrem Vater und dessen Demenz-Erkrankung widmete.
Aufgewachsen als Platzmeister-Bub gleichsam im alten Innsbrucker Tivoli-Stadion, blieben dem kopfballstarken Abwehr- und Mittelfeldmann als Spieler grandiose Erfolge plus Einberufungen ins Nationalteam versagt. Schon als Co-Trainer indes erfreute sich der Innsbrucker gerade bei den namhaftesten Wienern (Hans Krankl, Ernst Happel) ungleich höherer Wertschätzung.
So begleitete Didi Constantini den krebskranken ÖFB-Teamchef Ernst Happel zur EM-Endrunde 1992 nach Schweden, wo Happel noch künftige Gegner beobachten wollte und Constantini seinem todkranken, immer noch optimistischen Chef, Tee aufs Hotelzimmer brachte.
Drei Monate später wurde Constantini beim Länderspiel gegen Deutschland zum wehmütigen, alleinigen Coach. Im Gedenken an den kurz davor verstorbenen Happel legte Constantini dessen ÖFB-Kapperl auf die Betreuerbank. Immer wieder wurde Happels Kopfbedeckung, die er nach der Chemo kaum noch abgenommen hatte, von der deutschen TV-Bildregie eingeblendet.
Österreich erreichte in Nürnberg eine ehrenvolles 0:0. Aber Constantinis Hoffnung, vom Interims- zum fixen Teamchef zu werden, blieb unerfüllt. ÖFB-Präsident Beppo Mauhart entschied sich für Herbert Prohaska, unter dem Österreich 1998 – zum bis heute letzten Mal – die WM-Qualifikation erreichte.
Neun Jahre später aber sollte Constantini doch noch fix Teamchef werden. Als er beim ÖFB die Nachfolge des Tschechen Karel Brückner antrat. Die Geduld für Constantini hielt sich zu dieser Zeit freilich in Grenzen.
Ein Chefredakteur forderte sogar schon nach dem 2:0-Sieg gegen Kasachstan im ersten EM-Qualifikationsspiel Constantinis Absetzung. Mit ständigen medialen Begleitern des Nationalteams pflegte er hingegen einen offenen Umgang. So rief er einmal um 7.00 Uhr früh den Schreiber dieser Zeilen in Seefeld (wo das Team kaserniert war) mit dem Vorschlag an, um 8 Uhr mit ihm und England-Legionär Paul Scharner auf den Rosskopf zu marschieren.
Um 11 Uhr sind wir dann nach einer Jausn mit dem Sessellift talwärts geschwebt. Constantinis Kniegelenke (links wie rechts künstlich) erlaubten keinen Bergab-Marsch mehr. Unberechenbar konnte Constantini auch gegenüber Stammspielern sein.
Martin Stranzl, der noch unter Constantinis Vorvorgänger Josef Hickersberger als dessen Lieblingsspieler gegolten hatte, fühlte sich von Constantini nicht sonderlich geschätzt und beendete, obwohl zu dieser Zeit verlässlicher Legionär, seine Teamkarriere. Auch Andreas Ivanschitz war enttäuscht, als Constantini auf ihn, obwohl Stammspieler in Mainz, verzichtete.
Andererseits ließ Constantini einen jungen Burschen im Nationalteam debütieren, den zumindest zu diesem Zeitpunkt niemand auf der Rechnung hatte. Aus dem aber der erfolgreichste österreichische Pokalsammler aller Fußballzeiten werden sollte.
Constantini fuhr nicht nur zu dem 17-Jährigen nach München. Er suchte auch zu dessen Eltern in Wien-Aspern Kontakt. Denn das Ausnahmetalent hätte sich genauso für die Nationalmannschaft vom Land seines nigerianisches Vater oder für Philippinen, woher die Mama stammt, entscheiden können.
Real-Star Alaba trauert um seinen Förderer
Papa, Mama, Sohn fühlten sich geehrt, dass der Teamchef höchstpersönlich mit ihnen sprach. Die Familie A sagte Ja zu A. Worauf das Balltalent, das bislang nur deutsche Regionalliga-Erfahrung besessen hatte, am 14. Oktober 2009 gegen Frankreich von Constantini in der 80. Minute eingewechselt wurde und so das erste von mittlerweile 105 Länderspielen für Österreich bestritt. Seine Name? David Alaba.
Der Real-Madrid-Star, der sich derzeit auf dem Weg zurück in die Liga befindet, postete auf Instagram ein Bild von Constantini und einen emotionalen Text. "Du hast mir zu meinem Debüt für unser Land verholfen und warst immer für mich da. Ohne dich wäre ich heute nicht da, wo ich bin. Danke für Alles und Ruhe in Frieden, Trainer", schrieb Alaba in einer Story.
Alabas letzte Champions-League-Pokalsiege mit Bayern und Real bekam Constantini im Stubaitaler Pflegeheim vermutlich nicht mehr mit.
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