ÖFB-Präsident Mitterdorfer: "Da kann Rangnick auch lästig sein"

Klaus Mitterdorfer
Vor dem Spiel um 18 Uhr gegen Polen sprach Klaus Mitterdorfer über die Arbeit des Teamchefs im Verband, die Ziele nach der EM und die Bedeutung der Fans.

Er muss nicht im Mittelpunkt stehen, hält sich gerne im Hintergrund auf. Er ist höflich, zuvorkommend und freundlich. Er freut sich, wenn ihn österreichische Anhänger in Düsseldorf beim Fan-Marsch um Selfies bitten, weil sie ihn erkennen. Er ist ÖFB-Präsident Klaus Mitterdorfer, 58 Jahre alt, Jurist, stolzer Kärntner und Inhaber der UEFA-A-Lizenz, somit ausgebildeter Trainer und im Fach kundig.

Bei der EURO sprach er in Düsseldorf einmal zur Mannschaft, in Berlin setzte er sich mit den österreichischen

Medien zusammen und sprach über ...

... die Stimmung beim Team „Auch nach der Niederlage gegen Frankreich habe ich bei der Mannschaft eine positive Dynamik und einen guten Fokus erkannt. Vielleicht hat ein Mosaik-Stein gefehlt zur Sensation, aber vom Herz her hat das ja gepasst.“

Der Kärntner (57) stammt aus Friesach. Der Jurist arbeitet als stellvertretender Direktor bei der Kärntner Ärztekammer, er ist verheiratet und hat zwei Kinder  

Fan und Fachmann: Mitterdorfer ist ausgebildeter Trainer (UEFA-A-Lizenz). 2016 wurde er zum Präsidenten des Kärntner Fußballverbandes gewählt, im April 2023 trat er die Nachfolge des zurückgetretenen Gerhard Milletich an der Spitze des österreichischen Fußball-Bundes an

2025:  Bis zu diesem Jahr läuft die Funktionsperiode von Mitterdorfer als ÖFB-Präsident 

... über den Druck „Sie sind Profis und halten das sicherlich aus. Sie sind sich dessen bewusst, was es nun braucht.“

... über die Erwartungshaltung „Wenn ich 20 Jahre zurückblicke, dann war es doch immer so, dass vor einer Endrunde eine Euphorie entsteht, wenn die Ergebnisse davor gut waren. Und klappt es dann nicht, sind alle maßlos enttäuscht, das ist immer so ein Wechselspiel. Ich habe da einen relativeren Zugang, man muss schauen, dass man das alles geerdet betrachtet. Man muss sich ja nicht schlechtreden, sondern an seine Stärken glauben. Wenn die Leistung passt, dann kann es gut gehen oder auch nicht. So ist das bei einer Endrunde. Gewinnst du gegen Polen, dann passt es. Gewinnst du nicht, dann passt es eben nicht. Man hat ja vorher gewusst: Wenn wir bei der EM weiterkommen wollen, dann muss man liefern. Ob das im ersten Spiel gleich klappt, oder erst im zweiten, ist etwas anderes. Aber es ist logisch, dass Druck vorherrscht. Man muss alles, was man hat, auf den Platz bringen.“

... über die Fans „Sie sind super. In Düsseldorf habe ich mir ein Teamtrikot angezogen und bin zum Fantreffpunkt gegangen, gegen die Fahrtrichtung eigentlich. Sie sind zum Stadion gegangen, ich noch zurück ins Hotel. Es war großartig, wir haben viele Fotos gemacht, die Stimmung war ein Traum. Das ist wunderschön. Das erwarte ich mir auch jetzt in Berlin. Ich möchte ja Teil der Fan-Familie sein und ihnen ein wenig zurückgeben, was mir möglich ist. Ohne die Unterstützung der Fans ist alles ein wenig schwieriger. Man braucht ihre Begeisterung, vor allem in einer Phase, wo man nicht so erfolgreich ist. Daher ist mir der Austausch mit den Fans so wichtig.“

... über den Kontakt zur Mannschaft „Ich dränge mich nicht auf. Ich will für sie da sein, wenn man mich braucht. Ich habe vor dem ersten Spiel zu ihnen gesprochen, nur kurz. In Wahrheit ist in dem Moment keiner darauf neugierig, was ich sage. Ich will ihnen nur das Gefühl geben, dass man für sie da ist. Vor dem Polen-Spiel gibt es keine Ansprache von mir. Wir haben dafür ja Teamchef Ralf Rangnick.“

... über so manche Hysterie vor wichtigen Spielen „Ich werde nie sagen, die Situation ist so dramatisch, dass wir unbedingt ein Spiel gewinnen müssen. Ich sehe in meinem Leben nie etwas aus diesem Blickwinkel.“

... über Ralf Rangnick und dessen Bayern-Absage „Das war für die Mannschaft ein wichtiges Signal, dass er sich auch für den österreichischen Fußball entschieden hat. Wir sind mit ihm auf einem guten Weg auf verschiedenen Ebenen des Fußballs, wo er sich mit seiner Qualität und seinen Forderungen einbringt. Das ist herausfordernd, aber im Profi-Fußball muss man den Weg gehen. Es gefällt nicht jedem, weil es unangenehm ist, aber es holt einen aus dem Wohlfühl-Bereich heraus. Man muss sich immer selbst hinterfragen, um sich entwickeln zu können. Er versucht sich bei vielen Themen einzubringen mit seiner Erfahrung. Da kann er auch lästig sein, aber das Lästige ist ja auch positiv. Lästig ist nicht immer negativ behaftet.“

... über die Zeit nach der EM „Wir haben eine Reihe von Zielen, die Quali für die WM zum Beispiel. Oder ein Stadion für den Sport, das allen Sportarten dient. Da bringt sich Rangnick auch ein, was nicht selbstverständlich ist. Wir sind froh darüber.“

... über die künftigen Kompetenzen von Rangnick „Wir warten einmal die EM ab. Er weiß, dass er sich überall einbringen kann. Bei uns haben dann immer Leute Angst, dass ihnen Kompetenzen weggenommen werden. Aber wir haben genug Top-Leute im ÖFB.“

Kommentare