Skepsis in Rotterdam
Seit einem Jahr ist Gernot Trauner Kapitän des Topklubs. Eine Entwicklung, die ihm zu Beginn in den Niederlanden nicht unbedingt zugetraut wurde. „Es waren eigentlich viele skeptisch“, erinnert sich Nicky van der Gijp, Feyenoord-Fan und Fußball-Podcaster in Rotterdam. „Er kam vom LASK, das ist jetzt kein großer Klub und er war schon 29 und er sieht eigentlich nicht aus wie ein Fußballer, sondern eher wie ein IT-Techniker, der vorbeikommt, um deinen Laptop zu reparieren“, erinnert sich der Mann, der kein Spiel seines Klubs verpasst.
Und das sei keinesfalls despektierlich gemeint. In der Tat unterscheidet sich Gernot Trauner in seinem Auftreten durchaus von einigen seiner Berufskollegen. Er kleidet sich unauffällig, ist nicht tätowiert und trägt eine Brille. Das allein macht den HAK-Maturanten nicht zu einem IT-Techniker, doch Gernot Trauner wirkt durchaus wie einer, der nachdenkt. Das tut er dem Vernehmen auch, bevor er den Mund aufmacht.
Kein großen Töne
Egal wo man hinhört, Gernot Trauner wird als ruhiger Typ beschrieben und als einer, der die Königsdisziplin des Leaderships beherrscht. Was dies bedeutet? Nicht viel reden, aber wenn, dann auf den Punkt. So sei er jedenfalls immer schon gewesen, sagt sein um zwei Jahre älterer Bruder Peter Trauner: „Er spuckt keine großen Töne, was er sagt, ist immer sehr überlegt.“
All diese Eigenschaften schätzt man offenbar auch bei Feyenoord, sagt Nicky van der Gijp: „Seine Mitspieler nennen ihn den ‚General‘, er war ein Leader seit dem ersten Tag.“ Noch mehr ist der Holländer aber von den fußballerischen Qualitäten des Feyenoord-Kapitäns angetan. „Ich habe selten einen Spieler gesehen, der so eine Ruhe am Ball hat.“
Auch dieses Attribut könnte dafür sprechen, dass Trauner gegen Polen beginnt. Dass dies im Nationalteam trotz der 32 Jahre mit erst zwölf Länderspielen noch nicht so oft der Fall war, hat durchaus Gründe. Jahrelang galt das Duo Dragovic/Hinteregger als gesetzt. Dazu wurde Trauner erst spät zum Innenverteidiger. „Er hat in der Jugend immer im offensiven Mittelfeld gespielt“, erinnert sich Bruder Peter. Mit der Zeit sei er weiter nach hinten gewandert, zunächst als Sechser vor die Abwehr und unter Trainer Oliver Glasner in Ried in die Innenverteidigung.
Familienvater
Im Abwehrzentrum ist Gernot Trauner sesshaft geworden, im sportlichen Sinne. Im privaten ist er das schon lange als Ehemann und Vater dreier Kinder. In der Familie wünscht man ihm natürlich einen längeren Einsatz. „Und dass er gesund bleibt“, sagt Bruder Peter. Verletzungen haben Trauner ohnehin oft genug zurückgeworfen in seiner Karriere. Als 19-Jähriger musste er aufgrund einer langwierigen Hüftverletzung eineinhalb Jahre pausieren. Zusatzübungen und Sondertraining gehören längst zum Alltag, auch beim ÖFB-Team wo er zuletzt in Berlin nicht jede Trainingseinheit mitmachen konnte.
Für die Partie gegen Polen ist Trauner aber fit. Zeit für die Stunde des ‚Generals‘. Es können aber auch ruhig 90 Minuten werden.
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