Warum ÖFB-Torschütze Romano Schmid nach dem EM-Spektakel traurig war

Fußball-Österreich ist aus dem Häuschen. Die Bilder von den Toren des ÖFB-Teams bei dieser Europameisterschaft gehen um die Welt und elektrisieren.
Doch es sind die Geschichten, die man rundherum hört, die den Menschen umso mehr unter die Haut gehen. Etwa jene von Romano Schmid am Dienstag nach dem 3:2-Sieg gegen die Niederlande. „Ich vermisse meine Familie extrem“, sagte der 24-Jährige.
Kurz vor der EM war der Steirer vom Trainingslager in Windischgarsten abgereist, weil seine Frau in Graz die Geburt des zweiten gemeinsamen Kindes erwartete. Und jetzt, wo er in Berlin ist und die Fußballfans des Landes glücklich macht, kann er nicht bei seinen Liebsten sein.
„Meine Frau wird ein bisserl Unterstützung brauchen von mir, deshalb ist man als Papa auch traurig, wenn man seinen Sohn nicht kennenlernen kann in der Anfangsphase. Aber das werde ich nachholen. Sie geben mir auch die nötige Kraft, abzuliefern“, schüttete der junge Mann sein Herz aus.

Klare Antworten
Jenes Herz, das er zuvor auf dem Platz gelassen hatte und das er auch regelmäßig auf den Tisch legt, wenn man sich mit ihm unterhält. Wer mit ihm spricht, erhält klare Antworten. Wie etwa in den Katakomben des Olympiastadions, nachdem der Torschütze zur 2:1-Führung nach der Selbsteinschätzung seiner Leistung gefragt wurde. „Außergewöhnlich“, sagte der Steirer, der durchaus überraschend in die Startformation gerutscht war. „Ich bin dankbar, so eine Chance zu bekommen. Ich glaube, ich hab sie genützt. Ich hab gezeigt, dass man mit mir rechnen kann. Wenn man mich braucht, bin ich da.“
Das soll dem Vernehmen nach schon immer so gewesen sein. „Je größer das Spiel, je prominenter der Gegner, umso stärker war auch Romano schon immer“, erinnert sich Hermann Stadler. Der Nachwuchs-Teamchef kennt Schmid schon seit dessen Zeit im U-15-Nationalteam. Umso weniger überrascht ist er, dass sein ehemaliger Schützling ausgerechnet bei der Europameisterschaft sein erstes Länderspieltor erzielt hat.
Romano Schmid sieht sich für große Spiele berufen. Doch wer glaubt, er würde sich nur in diesen ins Zeug legen, der irrt. „Er wollte in jedem Training und in jedem Spiel der Beste sein und immer nur auf der Zehnerposition spielen“, so Stadler. Und wenn er einmal nicht der Beste war? „Dann hat er schon auch motzen können.“
Romano Schmid steht für sich ein, wenn er sich nicht wertgeschätzt fühlt. Das hört man da wie dort von Wegbegleitern und es wurde auch kurz vor der EM augenscheinlich. Zwar mit einem Schmunzeln, aber doch ernst gemeint, erinnerte er in einer Journalistenrunde an – aus seiner Sicht – zu kritische Berichterstattung in der Vergangenheit. „Du bist 16, 17 Jahre und wirst nur kritisiert von einem Format. Wenn es dann nicht so läuft, natürlich fällt man dann einmal ab. Ich hab’ mich aber rausgekämpft, das sieht man“, sagte der offensive Mittelfeldspieler, der nicht als Vorzeigeprofi gilt, weil er keinen Tropfen Alkohol trinkt. Seit 2020 spielt er bei Werder Bremen, vergangene Saison ist er zum Leistungsträger geworden.
Das ist auch Ralf Rangnick aufgefallen. „Was er für eine Entwicklung gemacht hat letztes Jahr, ist unfassbar“, staunt der Teamchef nicht nur über das Kopftor des 1,68 Meter kleinen Spielers. Wenn Rangnick von Entwicklung spricht, dann meint er vor allem das Spiel gegen den Ball, also das Defensivverhalten. So hat er auch den Holländern den Nerv gezogen. Zehn Balleroberungen hatte Schmid zu verzeichnen. Das ist bisher nur fünf Spielern bei dieser EM gelungen in einer Partie.

Stark am Ball
In der zweiten Hälfte glänzte er auch mit Ball, den er oft behaupten konnte, das Tempo herausnahm und seinen Mitspielern Zeit zum Verschnaufen gab. Und schließlich als Vollstrecker – und das tut bestimmt besonders gut. Denn nicht selten bekommt Romano Schmid zu hören, dass er vor dem Tor nicht kalt genug sei. Auch in Bremen wurde das immer wieder zum Thema gemacht. „Das nervt ihn total und er kämpft gegen diesen Ruf an“, sagt Bild-Journalist Markus Balczuweit, der jedes Spiel von Werder Bremen sieht.
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Einen anderen Ruf wird Romano Schmid nun nicht mehr so schnell los. Jenen des umsorgten Familienvaters, der kurz nach seinem ersten EM-Tor traurig ist, weil er den drei Wochen alten Emilio nicht sieht, wohl auch nicht am freien Donnerstag. Mit seiner Frau Celine ist Schmid übrigens zusammen, seit er 14 war. So viel Konstanz gibt’s bestimmt auch bald auf dem Rasen. Bis zum nächsten großen Spiel dauert es nicht mehr lange.
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