Ein Spiel nach Peps Geschmack

In der Unruhe liegt die Kraft: Bayern-Trainer Josep Guardiola liebt solche Drucksituationen wie vor dem Match gegen den FC Porto.
1:3-Rückstand und Unruhe rund um den Verein - trotzdem brennen die Bayern auf Porto.

Für einen Fußball-Verein, der unmittelbar vor dem 25. Meistertitel der Klubhistorie steht; den außerdem auch nur noch ein Sieg vom Cup-Finale trennt; der obendrein mit einem schnöden 2:0 ins Semifinale der Champions League einziehen kann – für einen Fußball-Verein also, für den diese Saison im Grunde nicht viel besser laufen könnte, geht es rund um den FC Bayern erstaunlich unruhig und turbulent zu.

Wer in den letzten Tagen die Hysterie um den Rücktritt von Klubarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt erlebt hat, der hätte fast meinen können, Gott höchstpersönlich habe seinen Dienst quittiert. Der Zinnober, der seit der 1:3-Hinspielniederlage im Champions-League-Viertelfinale gegen den FC Porto und dem anschließenden Rückzug von Müller-Wohlfahrt veranstaltet wurde, hatte fast schon wieder etwas vom berühmten FC Hollywood früherer Jahre.

Die vergangenen Tage und Ereignisse haben jedenfalls schon gereicht, um das Rückspiel gegen Porto (20.45 Uhr, live in Sky, ZDF) in den Rang einer Schicksalspartie erheben zu lassen. Für die Bild ist dieses Viertelfinale gar "Peps wichtigstes Spiel als Bayern-Trainer".

Bewährungsprobe

Josep Guardiola selbst sieht die Angelegenheit weit weniger brisant. Zwar spricht der Katalane von der schwierigsten Zeit, die er als Coach gerade durchmache, aber damit meint er nicht den Druck von außen, sondern vielmehr die aktuelle Personalsituation. Seine Bayern kommen seit Wochen auf dem Zahnfleisch daher, weil etliche Leistungsträger (Ribéry, Robben, Alaba, Martinez, Schweinsteiger, Benatia) verletzt sind. Trotzdem sagt Guardiola vor dem Rückspiel gegen den FC Porto, in dem der deutsche Rekordmeister ein 1:3 wettmachen muss: "Genau für solche Spiele lebe ich als Trainer."

Getreu dem Motto: Große Trainer zeigen sich in großen Partien. "Vor dem Spiel in Hoffenheim war ich besorgter als jetzt vor Porto", gesteht jedenfalls Guardiola.

Doch auch diese Bewährungsprobe haben die ersatzgeschwächten Bayern mit Bravour bestanden. Genau mit jenem Ergebnis sogar, das am Dienstag zum Aufstieg ins Semifinale reichen würde. Ungeachtet der Unruhe und der Personalsorgen versichert Philipp Lahm: "Ich mach’ mir gar keine Sorgen." Der Kapitän hat sich rechtzeitig für das Porto-Match aus dem Krankenstand (Magen-Darm) zurückgemeldet und ist vom Weiterkommen überzeugt. "Wir können sehr bestimmend Fußball spielen und dem Gegner wenige Möglichkeiten bieten."

Fragezeichen

Doch einige Fragezeichen und Unsicherheitsfaktoren freilich bleiben: Wie werden die Bayern-Spieler mit der Dauerbelastung fertig? Während Porto am Wochenende in der Meisterschaft gleich neun Spieler schonte, konnte der Deutsche Meister in Hoffenheim mit Boateng, Thiago und Xabi Alonso nur drei Leistungsträger auf der Bank lassen.

Und es stellt sich außerdem die Frage, ob die Bayern ihren Fehlerteufel ausgetrieben haben. In Porto hatten drei katastrophale individuelle Patzer die Niederlage eingeleitet. "Ich muss die Fehler akzeptieren", sagt Guardiola, "und ich muss es auch akzeptieren, wenn wir das Champions-League-Semifinale nicht erreichen sollten."

Immerhin haben die Bayern in ihrer langen Erfolgsgeschichte daheim noch nie einen Zwei-Tore-Rückstand aus dem Hinspiel aufgeholt.

Die Gefahr, dass Josep Guardiola bei einem Ausscheiden die Lust am FC Bayern verlieren könnte – wie einige Medien bereits befürchten – besteht nicht. "Ich bin sehr, sehr glücklich, hier zu sein", versicherte er.

Was soll da noch passieren? Barcelona hat das erste Viertelfinal-Duell gegen Paris St-Germain in der Fremde 3:1 gewonnen und soll heute daheim die Sache der Form halber erledigen. Zum Glück für Paris gibt es im Fußball einen Stehsatz, der nicht nur fürs Lotto gilt: Alles ist möglich. Vor allem, wenn Zlatan Ibrahimović wieder mit von der Partie ist und top motiviert an seine alte Wirkungsstätte Camp Nou zurückkehrt. Paris muss jedoch ohne Abwehrchef Thiago Silva und Thiago Motta antreten, beide sind verletzt.

Barcelona-Trainer Luis Enrique kann heute in seinem 50. Spiel als Chef in der Coaching-Zone einen klubinternen Rekord aufstellen: Bis dato hält er bei 41 Siegen, drei Remis und fünf Niederlagen und erzielt damit eine bessere Quote als die legendären Barça-Trainer Helenio Herrera, Josep Guardiola oder Johan Cruyff.

"Natürlich haben wir ein gutes Ergebnis erzielt im ersten Spiel. Aber noch ist nichts erledigt, schon gar nicht gegen so ein starkes Team wie PSG", warnt Stürmer Luis Suárez, der in Paris gleich doppelt getroffen hat. "Mir ist nicht wichtig, wer die Tore schießt, Hauptsache wir kommen eine Runde weiter. Und im Viertelfinale sind wir jedenfalls auf einem sehr guten Weg." Mittelfeld-Motor Andrés Iniesta, der sich in Paris verletzt hatte, wurde rechtzeitig fit für die Partie.

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