Noch vor Weihnachten steht der Wiener Austria die Bescherung bevor. Mitte Dezember wird sich entscheiden, welche der zwei Parteien künftig das Sagen haben wird. Auf der einen Seite steht der Verein, der 50,1 Prozent hält, auf der anderen die Investorengruppe mit 49,9 Prozent. Auch diese Gruppe ist in zwei weitere gespalten mit der „WTF“ rund um Jürgen Werner und der „Viola Invest“ mit einigen Geldgebern, die auch eingefleischte Austria-Fans sind.
Gerangelt wird um die Mehrheit im Verein, der 14. Dezember wird in doppelter Hinsicht ein entscheidender Tag für Violett. Einerseits kann der Verein bis dahin die Anteile von Jürgen Werner und der WTF zurückkaufen, andererseits hat die WTF ab diesem Datum Zugriff auf die Anteile der „Viola Invest“, womit ihr dann die kompletten 49,9 Prozent gehören würde.
Im Hintergrund entwickelt sich auch ein Richtungsstreit. Die Vereinsseite setzt auf Tradition und Violettes und wehrt sich gegen einen drohenden Einfluss von außen. Manche Investoren wiederum hätten kein Problem mit internationalen Unternehmen als Geldgebern, die in Folge wiederum vermehrtes Mitspracherecht für sich reklamieren könnten. Es bleibt spannend in Favoriten. So kann es weitergehen...
Die Ausgangslage
Der Verein
Der Verein hält 50,1 Prozent der Wiener Austria AG. Diese stellt zwei Vorstände, einen für die wirtschaftlichen Belange, Harald Zagiczek, und einen für das Sportliche, Jürgen Werner. Ihn und Sportdirektor Manuel Ortlechner zählt man zur „anderen“ Seite. Von Vereinsseite wünscht man sich mehr Einfluss im Profibereich.
Die Investorengruppe
Jürgen Werner und seine Investorengruppe WTF stiegen bei der Austria ein, als diese knapp vor dem finanziellen Abgrund stand. Verhandelt hatte der Verein auch mit drei anderen Interessenten, darunter David Blitzer und die Bravo Group oder der deutsche Investor Utz Claassen.
Alles internationale Geschäftsmänner oder Unternehmen, die der Austria weit weniger gewährt hätten als es letztlich die WTF mit dem umstrittenen Syndikatsvertrag tat.
Der besagt, dass die WTF innerhalb der gesamten Investorengruppe, die 49,9 Prozent hält, das Durchgriffs- und ein Vetorecht hat. Und das, obwohl sie von den 49,9 Prozent nur 40 Prozent innehat, die anderen 60 Prozent bei der Viola Investment liegen.
Die Austria will „violett“ bleiben, so der Wunsch von einigen Funktionären, deren Herz seit jeher an den Veilchen hängt. Die größte Befürchtung beträgt exakt 0,2 Prozent.
Denn die Investorengruppe rund um Jürgen Werner hat sich vertraglich zusichern lassen, dass sie diesen kleinen Anteil per Vorkaufsrecht erwerben kann. Sollte die gültige 50+1-Regel irgendwann einmal doch fallen, hätten sie somit die Mehrheit am Verein und das Sagen.
Diese Regel besagt, dass die Mehrheit an einem Fußballklub beim Verein bleiben soll. Damit will man Übernahmen von außen tunlichst verhindern, nur Beteiligungen ermöglichen. Die Investoren halten derzeit 49,9 Prozent. Fällt die Regel in Deutschland, wird Österreich wohl mitziehen.
Die Investorengruppe
Es besteht die Möglichkeit, dass der Verein bis 14. Dezember die Anteile der WTF zurückkaufen kann. Diese „Befürchtung“ ist jedoch relativ, weil die WTF durch die Verzinsung von 20 Prozent pro Jahr auf alle Fälle ein Geschäft macht.
Im schlimmsten Fall steigt der Sportvorstand Werner als Investor mit einem deutlichen Gewinn aus. Nach über zwei Jahren beläuft sich die Verzinsung schon auf knapp 60 Prozent. Allerdings würde er auch seine Funktion als Sportvorstand zurücklegen und könnte das sportliche Projekt Austria Wien nicht weiter bzw. zu Ende führen.
Das Ziel
Der Verein
Bei der letzten Mitgliederversammlung Anfang September wurde klar geäußert, wie die violette Zukunft aussehen sollte. Die Austria soll Herr im eigenen Haus bleiben, auch im sportlichen Bereich mehr Mitsprache erlangen.
Vor allem aber möchte man verhindern, dass internationale Investoren irgendwann die Mehrheit an der Austria halten, weil man in Folge auch Einfluss aus dem Ausland befürchtet und nicht abwehren könnte. Dann sei man nur Passagier.
Konkret mutmaßt man, dass Jürgen Werner und seine Gruppe internationale Unternehmen wie die portugiesische Bravo-Group, die auch in Katar mit der Aspire Academy einen Sitz hat, an Land ziehen. Das Horror-Szenario: Es laufen nur noch ausländische Kicker über den Platz der Generali Arena, die Austria würde zu einem einzigen Business-Fall werden, so die Vorstellung.
Die Investorengruppe
Grundsätzlich möchte Jürgen Werner die Austria salonfähig machen. Immerhin bei der UEFA erhält er Anerkennung für die Entwicklung des Vereins. Werner spielt quasi mit sich einen Doppelpass:
Denn ist die Austria sportlich erfolgreich, steigt der Wert des Vereins, erhöhen sich seine eigenen Gewinne. Einige Personen der WTF sind reine Investoren, denen es nur ums Monetäre geht. Werner will den sportlichen Beweis antreten, ist aber als Geschäftsmann freilich nicht Feind seines eigenen Geldes.
Er verweist aber auch auf den modernen internationalen Fußball, wo Vereine von Konzernen oder Staaten geführt werden. Daher schreckt er auch nicht vor der Idee zurück, internationale Geldgeber für die Austria zu begeistern.
Bis 14. Dezember kann der Verein die Anteile der Investoren-Gruppe „We think forward“ (WTF) zurückkaufen. Aktuell müsste man dafür 7,2 Millionen aufbringen. Das gelingt vor allem nur dann, wenn bis dahin der Stadionverkauf über die Bühne geht. Diesbezüglich zeigt man sich guter Dinge, dass dies noch im Oktober, spätestens aber bis Ende November gelingen könnte.
Dabei geht es um 22,5 Millionen Eigenkapital, das man schon fast vollständig beisammenhat, und 22,5 Millionen an Fremdkapital, für das ein Bankenkonsortium sorgen soll. Verhandelt wird seit einiger Zeit mit vier Banken, die aber für den Erwerb des Stadions auf Sicherheiten pochen, sollte die Austria im schlimmsten Fall Insolvenz anmelden.
Die Investorengruppe
Der 14. Dezember ist auch für diese Seite eine Art „D-Day“. Bis dahin können ihr die Anteile der WTF „abhandenkommen“, im Gegenzug würde sie aber dafür Einnahmen von 7,2 Millionen lukrieren. Ab dem Tag kann die WTF wiederum die Anteile der Viola Invest aufkaufen, was aktuell neun bis zehn Millionen kosten würde.
All das regelt der Syndikatsvertrag. Auch, dass selbst jene Investoren mit violettem Herz, die ihre Anteile nicht veräußern möchten, sich dem Wunsch der WTF beugen müssten. Zusätzlich kann die WTF auf besagte 0,2 Prozent des Vereins zugreifen. Man kann davon ausgehen, dass die Investoren davon Gebrauch machen wollen.
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