Ex-UEFA-Boss Platini wegen WM-Vergabe an Katar festgenommen

Anfang Juni ätzte der Franzose noch gegen FIFA-Präsident Infantino und brachte sich wieder ins Gespräch, nun steht er ungewollt im Mittelpunkt.

Der frühere UEFA-Präsident Michel Platini ist laut einem Agenturbericht von der französischen Polizei in Gewahrsam genommen worden. Hintergrund sei eine Ermittlung zu der umstrittenen WM-Vergabe nach Katar, berichtete die französische Nachrichtenagentur AFP am Dienstag unter Berufung auf namentlich nicht genannte Justiz-Quellen. Die zuständige Staatsanwaltschaft war drei Tage vor Platinis 64. Geburtstag zunächst nicht für eine Bestätigung zu erreichen.

Eine ehemalige (Sport-)Beraterin des früheren französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, Sophie Dion, sowie der frühere Generalsekretär im Elysée-Palast, Claude Guéant, seien im Rahmen dieser Ermittlungen,  ebenfalls in Gewahrsam genommen, und zwar "wegen mutmaßlicher Korruptionshandlungen aktiver und passiver nicht praktizierender Personen des öffentlichen Dienstes". Dies berichtet die Tageszeitung Le Monde

Im Zentrum der Ermittlungen steht ein Mittagessen, das am 23. November 2010 im Elysée-Palast stattfand. Anwesend sollen bei diesem neben Sarkozy, Platini, DionGuéant, Katars Emir (Staatsoberhaupt) Tamim bin Hamad Al Thani sowie Scheich Hamad bin Jassem, der damalige Premier- und Außenminister des Emirats, gewesen sein. Ein Protokoll dieses Treffens soll Le Monde vorliegen.

Zuerst gesperrt, dann zurückgetreten

Der frühere Weltklasse-Fußballer Platini war von 2007 bis 2015 Präsident des europäischen Fußball-Kontinentalverbandes. Ende 2015 wurden Platini und FIFA-Präsident Joseph Blatter von der Ethikkommission des Fußball-Weltverbandes für acht Jahre gesperrt. Damit ahndete das Gremium die Zahlung von zwei Millionen Schweizer Franken von Blatter an Platini aus dem Jahr 2011. 

Unmittelbar nachdem der Internationale Sportgerichtshof CAS die Sperre um zwei Jahre reduziert, aber bestätigt hatte, erklärte Platini seinen Rücktritt von der UEFA-Spitze. "Ich nehme die Entscheidung des CAS zur Kenntnis, halte ihn aber für eine gravierende Ungerechtigkeit", hieß es in einer Stellungnahme. 

Auch diesmal sieht sich der ehemalige Mittelfeldregisseur in der Opferrolle und wies die Vorwürfe zurück. Er habe sich "nichts vorzuwerfen", ließ der bald 64-Jährige über seinen Berater mitteilen und betonte, dass es sich nicht um eine Verhaftung gehandelt habe. Platini habe alle Fragen beantwortet. "Er ist absolut zuversichtlich, was den Rest betrifft", heißt es weiter.

Kontrovers

Anfang Dezember 2010 war Katar als Austragungsort für die WM 2022 festgelegt worden. Diese Wahl galt bereits damals als sehr kontrovers. Seitdem hielten sich massive Anschuldigungen von unlauteren Machenschaften bis hin zu Korruptionsvorwürfen gegen die Gastgeberländer und mehrere frühere FIFA-Funktionäre. Platini hatte damals öffentlich Katar unterstützt.

Schon 2015 hatte Blatter von einer Absprache über die Stimmenvergabe gesprochen und das Treffen im Élyséepalast erwähnt. Danach habe sich das Stimmenverhältnis zugunsten von Katar gegenüber den USA geändert. Platini, der zugab, in der Abstimmung für Katar gestimmt zu haben, war bereits im Dezember 2017 als Zeuge angehört worden.

Erstmals in der Geschichte wird eine Fußball-Weltmeisterschaft im Winter ausgespielt, was viele Fragen nach sich zieht. 

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