Michel Platini tritt als UEFA-Präsident zurück

Michel Platini
Der Internationale Sportgerichtshof reduzierte Platinis Sperre lediglich um zwei Jahre. Für den Franzosen eine "gravierende Ungerechtigkeit".

32 Jahre nach dem EM-Titel als genialer Spielmacher ist Michel Platini am Tiefpunkt angekommen. Ausgerechnet bei der Europameisterschaft in seiner Heimat wird der Franzose bestenfalls als geduldeter Gast auftauchen. Vom Internationalen Sportgerichtshof CAS gesperrt, als UEFA-Präsident zurückgetreten und auch als möglicher FIFA-Chef verhindert.

Bei dem von ihm auf 24 Mannschaften aufgestockten Turnier wird der 60-Jährige nicht in den Ehrenlogen sitzen und nicht den Pokal überreichen dürfen. Eine bittere Rolle, denn die Mammut-EM ist auch Platinis Projekt. In seinen acht Jahren an der UEFA-Spitze hat er den europäischen Fußball zu ökonomischen Topwerten geführt. Eine EM mit 24 Teams oder ein Pan-Europa-Turnier 2020 in 13 Ländern setzte er ebenso durch wie die Nationenliga ab 2018.

"Gravierende Ungerechtigkeit"

Doch seit Montag ist Platinis Ende als Spitzenfunktionär besiegelt. Unmittelbar nachdem der Internationale Sportgerichtshof CAS die vom Weltverband ausgesprochene Sechs-Jahres-Sperre gegen den Franzosen um zwei Jahre reduziert, aber bestätigt hatte, erklärte Platini seinen Rücktritt an der UEFA-Spitze. "Ich nehme den Entscheid des CAS zur Kenntnis, halte ihn aber für eine gravierende Ungerechtigkeit", hieß es in einer Stellungnahme.

Platini war von der FIFA ebenso wie der ehemalige FIFA-Chef Joseph Blatter wegen einer dubiosen Zahlung von zwei Millionen Franken im Jahr 2011 vom Schweizer an den Franzosen gesperrt worden. Die in den FIFA-Büchern nicht verbuchte Summe sei verspäteter Lohn für Platinis Dienste gewesen, beteuerte das Duo - vergeblich. Blatters Fall wird vom CAS im Verlauf des Monats ebenfalls verhandelt.

Der CAS empfand die sechsjährige Sperre zwar als "zu hart", meinte aber auch: "Die Kammer ist nicht überzeugt von der Rechtmäßigkeit der Zahlung." Zudem soll Platini von der Verlängerung eines Altersvorsorge-Plans profitiert haben, "zu der er nicht berechtigt war". Der CAS halte eine lange Sperre "im Lichte der Spitzenfunktion von Herrn Platini, der Abwesenheit jeglicher Reue und des Einflusses dieser Sache auf den Ruf der FIFA" für gerechtfertigt. Der Entscheid der Richter sei einstimmig erfolgt.

Nachfolger?

Für Platini hätte sich nur bei einer Gesamtdauer der Sperre von maximal einem Jahr die theoretische Chance auf die Rückkehr in den Chefsessel der UEFA ergeben. Nun wird das Exekutivkomitee des europäischen Kontinentalverbands am 18. Mai in Basel in einer Sondersitzung über das Prozedere der nun anstehenden Präsidentenwahl beraten.

Da die Fristen vor dem EM-Start am 10. Juni sehr knapp sind, scheint die Wahl von Platinis Nachfolger im September wahrscheinlich. Einen Interimspräsidenten werde es vorerst nicht geben, stellte die UEFA am Montag klar. Als aussichtsreiche Kandidaten auf das Präsidentenamt gelten der Niederländer Michael van Praag und der Portugiese Fernando Gomes, die beide im Exekutivkomitee sitzen.

Platini teilte indes mit, er werde seinen juristischen Kampf vor Schweizer Zivilgerichten fortführen. Der 60-Jährige hatte vor einem knappen Jahr noch als aussichtsreichster Kandidat für die Nachfolge von Blatter als FIFA-Präsident gegolten. Der Vorstoß an die Spitze des Weltverbandes hätte der Höhepunkt seiner Karriere als Funktionär werden sollen.

Nach seiner Laufbahn als Spieler war Platini französischer Teamchef und Vizepräsident des Organisationskomitees der WM 1998 gewesen, ehe er als Berater von Blatter anheuerte. 2007 wurde er nach einer Kampfwahl gegen den Schweden Lennart Johansson UEFA-Präsident. Seine Rücktrittserklärung schloss er mit persönlichen Worten ab: "Das Leben hat für mich immer schöne Überraschungen bereit gehalten, nun kann ich diese erleben."

geboren: 21. Juni 1955 in Joeuf/Frankreich

Karriere als Spieler:
1973-1979 AS Nancy-Lorraine, 1979-1982 AS Saint Etienne, 1982-1987 Juventus Turin
72 Länderspiele/41 Tore

Größte Erfolge als Spieler:
* Europameister 1984
* WM-Dritter 1986
* Europas Fußballer des Jahres 1983, 1984, 1985
* Französischer Meister 1981
* Italienischer Meister 1984, 1986
* Europacupsieger der Landesmeister 1985
* Europacupsieger der Cupsieger 1984
* Weltpokal-Gewinner 1985

Weitere Karriere:
1988-1992 Teamchef der französischen Nationalmannschaft
1992-1998 Co-Präsident Organisationskomitee WM 1998 in Frankreich
ab 2002 Mitglied Exekutivkomitee der Europäischen Fußball-Union UEFA
ab 2007 UEFA-Präsident

Kommentare