Ex-Teamspieler Paul Scharner: "Wir können keine Talente verbrennen"
Paul Scharner kann schon einiges erzählen über den Cup, mit dem Freitag das rot-weiß-rote Fußballjahr 2024 eingeleitet wurde. Nicht viele österreichische Kicker können von sich behaupten, in drei verschiedenen Ländern den Pokal geholt zu haben.
2003 siegte er mit seinem ersten Profi-Klub Wiener Austria, ein Jahr später genoss er mit Brann Bergen das Gefühl, norwegischer Cupsieger zu sein. Und 2013, schon gegen Ende seiner Karriere, holte er mit Wigan den FA-Cup in England. „Es ist eine Plattform für kleinere Vereine, um in die Nähe zu kommen, einen Pokal zu gewinnen. Wenn sonst dominante Meister wie Salzburg, Trondheim in Norwegen oder in England die Top 6 die Meisterschaft beherrschen“, erzählt der 43-Jährige im Sport Talk auf KURIERTV. „Es ist der einfachste Weg ins internationale Geschäft zu kommen.“
Sport Talk mit Paul Scharner
Underdog
Für den Zweitligisten SKN St. Pölten, wo der 40-fache Teamspieler bis November als Jugendleiter gearbeitet hatte, wäre dies eine große Chance, die Niederösterreicher gastieren am Sonntag bei Rapid. „Als Underdog kann man nur überraschen, es ist eine große Chance, weil man um den Aufstieg nicht mehr mitspielen kann. Schade ist, dass Rapid Heimrecht hat. Dann hätte man auch die NV-Arena einmal voll.“
Der Niederösterreicher ist zwar derzeit ohne Trainer-Job, aber ständig auf Achse. Seine Firma, die sich mit individueller Karriere-Betreuung für Jung-Sportler befasst, nimmt viel Zeit in Anspruch. „Der Trainer ist kein Psychologe. Er hat verschiedene Interessen zu vertreten und da steht der Spieler nicht vorne“, sagt Scharner. „Zum anderen bleibst du als Profi ja meistens nicht bei einem Verein. Wichtig ist, dass man Vertrauenspersonen um sich hat. Ich verstehe nicht, dass die Vereine in diesem Bereich nichts investieren.“
Keine Häuptlinge
Der Nachwuchs ist es eben, der Scharner, der bereits 2015 unter dem Titel „Position Querdenker“ zu diesem Thema ein Buch veröffentlichte, große Sorgen bereitet. Seit damals sei die Situation nicht rosiger geworden. Im Gegenteil. „Es wird grundsätzlich vermittelt ‚Sei still, tu’ was dir angeschafft wird‘. Es gibt immer mehr Mitläufer, immer mehr Indianer und so gut wie keine Häuptlinge mehr.“ So einer, wie er einst war. Einer, der immer seine Meinung sagte, „sonst hätte ich mehr als 40 Länderspiele.“
Wie es besser laufen kann? „Trainer, Mannschaft und Staff sollten sich zusammensetzen und analysieren, wie man erfolgreich wird. Stattdessen steht ein Trainer vorne und sagt allen, wie es geht.“ Ein nicht zwingend reines Problem in Österreich. Das hat ihm ein ehemaliger Weltklassespieler verraten. „Marco van Basten hat mir bestätigt, dass dies mittlerweile auch in den Niederlande nicht anders ist. In einem Land, das einst Topspieler auf dem Fließband produzierte.“
Der „Papa“
Als Trainer würde er arbeiten wie Carlo Ancelotti. Oder wie Jupp Heynckes. „Die Bayern sind nicht schlechter als vor Jahren. Nur Heynckes war eine Art ‚Papa‘ für die Spieler, war für alle da.“
Qualifizierte Trainer bräuchte es auch in Österreichs Akademien. „Infrastruktur ist das eine Thema, aber was passiert innerhalb? Ein kleines Land wie Österreich muss anders arbeiten. Wir können uns nicht leisten, Talente zu verbrennen“, sagt er. „Wir müssen qualifiziertere Trainer in diesen Bereich bringen, nicht alles in die Kampfmannschaften investieren.“
Deshalb ist auch seine Zeit in St. Pölten vorbei: „Dort steht der Aufstieg in die Bundesliga im Mittelpunkt.“
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