Gyuri Garics kann nicht nur ein Lied, sondern eine ganze Arie von der Corona-Krise singen, wohnt der Ex-Rapidler doch mitten im Epizentrum in Norditalien. "In unserer Familie sind alle gesund", eröffnet der frühere Nationalteamspieler und Italien-Legionär die Konversation. Garics sitzt in Bologna fest, er versorgt seine Schwiegereltern täglich mit Einkäufen.
Dabei hätte er in Neapel einiges zu tun – bei seinem Hotel an der Amalfi-Küste oder seinem Sport- und Freizeitzentrum in Neapel. "Als Besitzer dürfte ich sogar dorthin reisen – rein theoretisch. Aber ich bräuchte eine Bestätigung, dass unaufschiebbare Arbeiten anstehen. Ich möchte keine unnötige Anzeige riskieren. Zumal beide Sektoren, der Tourismus und der Freizeitsport, wohl als letzte aus der Krise kommen werden." Die Eröffnung hat er schon auf den Sommer 2021 verschoben.
Die heikle Corona-Lage im Norden Italiens entspannt sich nur ganz langsam, wie der 36-Jährige zu berichten weiß.
"Die Zahl der täglichen Toten ist zwar immer noch hoch, es steigt aber stetig die Zahl der Genesenen. Sie ist höher als die der Neuinfizierten. Daher sieht es in den Krankenhäusern etwas besser aus als noch vor Wochen." Es besteht also Hoffnung auf Besserung.
Neue Normalität
Der Beginn der Normalität ist mit dem 4. Mai terminisiert. "Wobei das Wort Normalität ohnehin neu definiert wird. Sie wird erst mit dem Impfstoff wieder eintreten." Immerhin wird man sich innerhalb der Provinzen wieder frei bewegen dürfen. "Jetzt kommt die schwierigste Phase. Bisher hatten die Leute wirklich Angst und waren dadurch diszipliniert."
Die Schulen bleiben jedoch noch bis September geschlossen, gelernt wird bis dahin daheim. Grundsätzlich soll jeder Schüler die Klasse abschließen können. Für Grenzfälle gibt es Prüfungen im September.
Garics glaubt daran, dass das Virus vielen Menschen die Augen geöffnet hat. "In den letzten Jahren und Jahrzehnten ist es auf der Welt immer nur ums Finanzielle gegangen." Vor allem im Weltfußball. "Ich verdanke dem Fußball sehr vieles. Ich habe mir immer alles erarbeitet, aus eigener Kraft." Als er von Rapid zu Napoli in die Serie B wechselte, verdiente er in Süditalien anfangs sogar weniger als in Wien. "Ich habe praktisch eine Wette auf mich selbst abgeschlossen." Sie ist aufgegangen. Müßig, darüber nachzudenken, dass er heute das x-Fache verdienen würde.
Italien ohne Calcio? Unvorstellbar. Auch für Garics: "Jetzt gilt es, zu retten, was zu retten ist. In erster Linie reden wir wieder nicht über den Sport, sondern über das Geld." Vor allem über die Millionen-Beträge, die von den TV-Sendern für die Übertragungsrechte in die Klubkassen fließen. "In den vergangenen Jahren hast du jeden Tag der Woche Fußball ansehen können. Sollten dann auch noch Wettbüros wegbrechen, dann wird es noch mehr rascheln."
Noch weiß man nicht, wann genau die Serie A wieder angepfiffen wird. Die geplanten Geisterspiele hält Garics für ein notwendiges Übel. "Das hat mit Fußball, so wie wir ihn kennen, nur wenig zu tun. Das erinnert mich eher an ein Testspiel mit Rapid im Trainingslager in Belek."
Kommentare