Thorsten Fink, einst Austria- Trainer, hat sein Gastspiel in Japan bei Vissel Kobe aus privaten Gründen beendet und kehrte heim nach München. Dort plauderte er über Asien: eine andere Kultur, die ihm ebenso Spaß gemacht hat wie die Arbeit mit Weltstar Andrés Iniesta.
KURIER: Herr Fink, Willkommen zurück in Europa. Welche waren die Gründe für Ihren Abschied aus Japan? Thorsten Fink: Nun, ich habe meine Familie schon lange nicht gesehen und freue mich, wieder zurück zu sein in München. Durch Corona standen die Aussichten schlecht, dass meine Familie nach Japan kommen kann, ich konnte auch nicht nach Hause. Daher war das Familiäre schon ein wichtiger Grund. Diese Ungewissheit hat schon Energie gekostet.
Bleiben Sie vorerst daheim in München?
Ja, meine Jungs sind jetzt 14 und 15 Jahre alt, da möchte ich für sie da sein. Sie sind in einem Alter, mitten in der Pubertät, da brauchen sie vielleicht ihren Vater ab und zu. Daher möchte ich für sie Zeit haben. Bei meiner nächsten Trainerstation wird meine Familie ziemlich sicher mit mir mitgehen.
Wann das sein wird, steht aber in den Sternen, oder?
Ja, durch Corona hat sich alles geändert, nichts ist wirklich absehbar. Angebote aus Asien habe ich einige, da habe ich mir einen Namen gemacht. Aber ich warte jetzt ab und bleibe in München.
Reden wir über Ihre Zeit in Japan. Was war für Sie schwierig, was faszinierend?
Es war generell eine tolle Zeit, der Klub ist in dieser Zeit erstmals Cup- und Supercup-Sieger geworden, was bedeutet, dass mein Name mit Vissel Kobe verbunden bleiben wird. Ich habe mich in Kobe auch nicht eingeschlossen, bin rausgegangen, habe Bräuche und Kultur gelebt. Das hat schon Spaß gemacht.
Und welche war die große Herausforderung für Sie?
Die vielen Sprachen beim Klub, in der Mannschaft. Da kaum wer gutes Englisch sprach, sind bis zu fünf Dolmetscher in der Kabine oder auf dem Platz gewesen. Besprechungen wurden auf diese Art sehr erschwert, irgendwann nervt das auch. Diese Situation war sehr speziell.
Wie lebt es sich als Europäer in Japan?
Ich habe es genossen. Der Klub ist gut geführt, das war wichtig für meine Arbeit. Kulinarisch hat das Land viel zu bieten, Kobe ist eine schöne und große Stadt, aber dennoch ruhig und nicht so hektisch wie andere Metropolen. Zum Leben ist das für einen Fußballer oder Trainer toll.
Wie empfanden Sie die asiatische Mentalität?
Positiv, vor allem der überall vorhandene Respekt den anderen gegenüber, das war schon beeindruckend. Da sind Asiaten definitiv anders als viele Europäer. Auch beim Sport erfuhren wir diesen Respekt, selbst wenn du verlierst, erhältst du Applaus und wirst nicht beschimpft. Nach jedem Spiel habe ich mich immer noch einmal zum Stadion gedreht und zu jeder Kurve verbeugt. Als würdest du dich für ein gutes Essen bedanken.
In Kobe haben Sie mit Ihrem Landsmann Lukas Podolski, vor allem aber mit Spaniens Superstar Andrés Iniesta zusammengearbeitet. Gewähren Sie uns Einblicke. Wie tickt der Ex-Barcelona-Star?
Es war für mich eine Herausforderung und Ehre, mit solch einem Spieler zu arbeiten. Einem, der alles kann und alles erreicht hat. Am Ende hat er sich mit einer Whatsapp-Nachricht bei mir für die Arbeit bedankt. Er konnte Dinge, die andere nicht können. Andrés Iniesta ist kein Fußballer, er ist ein Artist. Mit Bewegungen, mit denen er andere ins Leere laufen lässt. Er geht an Gegnern vorbei, ohne dabei schnell sein zu müssen. Wenn du mit so einem Spieler zurechtkommst, weißt du, dass du überall Trainer sein kannst.
War er gar nicht eine Diva?
Diva würde ich nicht sagen. Aber er braucht seinen Rhythmus, denn er weiß, wie sein Körper tickt. Er arbeitete mit seinem eigenen Physio nebenbei. Und wenn er meinte, dass er zwei Tage frei brauche, um individuell zu arbeiten, dann hat er freibekommen. Er nimmt sich raus, was ihm zusteht. Er weiß ganz genau, wie er bis zu einem Spiel fit wird.
Ein anderer Spieler, den Sie sehr schätzen, feiert in Klagenfurt sein Teamdebüt: Raphael Holzhauser.
Ich stand immer mit ihm in Kontakt und freue mich für ihn. Jetzt hat es doch noch geklappt, er war ja schon als Austria-Spieler mal knapp dran. Für mich war er immer ein genialer Fußballer, der den Spielmacher auf jeder Position machen kann. Er spielt entscheidende Pässe, besitzt vielleicht nicht die absolute Schnelligkeit, läuft sich dafür aber geschickt frei. Bei der Austria hat er in der Europa League sensationelle Auftritte gehabt. Jetzt ist seine Zeit im Team gekommen.
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