Europa League: Salzburg zu Gast in der himmelblauen Hölle

Fast 70.000 Fans fasst das Stade Vélodrome. Gegen Salzburg wird es wohl voll sein.
Auf das Sensationsteam wartet im Semifinal-Hinspiel gegen Marseille im Stade Vélodrome ein Spektakel.

„Wir wissen, was auf uns zukommt. Mehr als 60.000 in dem Stadion, das wird sicher außergewöhnlich.“ Salzburg-Trainer Marco Rose weiß, was seine Mannschaft am Donnerstag (21.05 Uhr, live Puls4, Sky Sport Austria) im Hinspiel des Semifinales der Europa League bei Olympique Marseille erwartet.

Die Stimmung im Stade Vélodrome ist ohrenbetäubend – besonders dann, wenn das Stadion voll ist. Am Sonntagabend gaben die Franzosen bekannt, dass alle Eintrittskarten vergriffen sind. Die Arena fasst 67.394 Besucher. Wie viele genau im Stadion sein werden, ist von den Sicherheitszonen und vom Fan-Aufgebot der Salzburger abhängig.

Rekordmarke

Ein neuer Besucherrekord für Europacup-Spiele wird erwartet. Die Bestmarke steht momentan bei 61.882 Zuschauern im Viertelfinal-Rückspiel gegen RB Leipzig. Die Spieler des deutschen Red-Bull-Klubs sind auch vor der Atmosphäre eingeknickt und gingen mit 2:5 unter. Die Salzburger wollen das natürlich besser machen: „Wir müssen bereit sein, müssen es annehmen – und unser Ding durchziehen“, meint Rose.

Das Stade Vélodrome ist in jeder Hinsicht ein außergewöhnliches Stadion – und das nicht erst seit dem Umbau für die EM 2016, der mehr als gelungen ist. Errichtet wurde die Heimat von OM, so wird der beliebteste Verein Frankreichs nicht nur in Marseille genannt, für die WM 1938. Das Fassungsvermögen betrug nur 30.000.

Denn damals war das Spielfeld von einer Radrennbahn umgeben, die dem Stadion auch den Namen gab. Für die WM 1998 wurde es zum ersten Mal renoviert. Der mit diesem Umbau verbundenen Erweiterung der Zuschauerränge fiel die Radrennbahn zum Opfer, das Stadion behielt aber trotzdem seinen alten Namen.

Aber nicht nur Fußball-WM- (1938, 1998) und -EM-Spiele (1960, 1984, 2016) fanden im Stade Vélodrome statt, sondern auch Partien von vier Rugby-WM-Turnieren und die Bahnrad-WM 1972. 2017 startete und endete eine Etappe der Tour de France, ein Einzelzeitfahren, in der schon neuen Arena.

Die Umbauarbeiten gestalteten sich als äußerst kompliziert und waren kostenintensiv. 2009 war die Totalrenovierung beschlossen worden. Die hoch verschuldete Stadt Marseille konnte sich die geplanten Kosten von 120 bis 160 Millionen Euro schlicht nicht leisten. Deshalb wurde das Projekt gemeinsam mit einem Konsortium, bestehend aus mehreren Baufirmen, in Angriff genommen. Bald war aber klar, dass rund 100 Millionen Euro mehr für die Arbeiten benötigt werden.

Das Stade Vélodrome, das nach der EM 2016 und dem Verkauf der Namensrechte an ein Telekommunikationsunternehmen offiziell Orange Vélodrome heißt, bekam eine spektakuläre Dachkonstruktion aufgesetzt. Das Fassungsvermögen wurde auf mehr als 67.000 Zuschauer erweitert. Das Stadion hat insgesamt 7000 VIP-Plätze und 90 Logen.

Eine Arena alleine erzeugt aber noch keine Stimmung. Dass diese elektrisierend ist, dafür sorgen die heißblütigen OM-Fans. In Marseille entstand Mitte der 80er-Jahre die erste Ultrabewegung Frankreichs. Die zählt heute laut Insidern rund 25.000 aktive Fans. Diese gelten als politisch links.

Große Ultra-Gruppierungen gibt es in vielen Stadien Europas. Das Stade Vélodrome macht aber etwas anderes so außergewöhnlich. Die Wechselgesänge zwischen der Nord- und Südtribüne des Stadions, die beide je 13.000 Fans Platz bieten, garantieren eine tolle Stimmung.

Schmelztiegel

Besonders ist auch, dass das Stadion laut dem Soziologen Christian Bromberger als eine „lebendige Karte für die Geografie der Stadt“ angesehen werden kann. Unterschiedlichste soziale Gruppen haben ihre angestammten Tribünenplätze, auf denen sie sich bei den Heimspielen von Olympique Marseille treffen.

Eine Lieblingsbeschäftigung der OM-Ultras kommt zumindest bei den Fußball-Oberen nicht gut an: der massive Einsatz von Pyrotechnik. Allein in dieser Saison musste Olympique mehr als 350.000 Euro Strafe an die französische Liga zahlen. Und auch die UEFA hat damit Probleme. Deshalb durfte der Klub zum Viertelfinal-Hinspiel in Leipzig auch keine Fans mitbringen.

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