EM-Auftakt gegen die Türkei: Roberto Mancini lässt Italien träumen

Mancini hat Italien zu einem Geheimfavoriten gemacht
2018 hat der Trainer die Squadra Azzurra übernommen und zu einem eingeschworenen Team gemacht, das seit 27 Spielen ungeschlagen ist.

Wer zuletzt in Florenz unterwegs war, hat nicht unbedingt gedacht, dass Italien im EM-Fieber ist. In der toskanischen Hauptstadt hingen diese Woche nur wenige Nationalflaggen auf den Balkonen, auf den schmalen Straßen der Altstadt war kaum ein blaues Nationalmannschaftstrikot zu sehen. Und dabei war sie doch seit Tagen in Florenz, die Nationalmannschaft.

Am Donnerstag brach das Team der Azzurri voller Optimismus in Richtung Rom auf, um dann am Freitag das erste Turnierspiel seit fünf Jahren auf heimischem Boden zu bestreiten. Im nationalen Fußballzentrum Coverciano, in einem kleinen östlichen Vorort hinter dem Stadion von AC Fiorentina, hat die Mannschaft von Roberto Mancini ihre letzten Vorbereitungen auf die Europameisterschaft abgeschlossen. Am Freitagabend bestreitet sie im Stadio Olimpico von Rom das erste Spiel gegen die Türkei (21 Uhr, Live-Spielstand auf kurier.at) und eröffnet damit ein Turnier, das sich zumindest ein bisschen wie eine Heim-EM anfühlt.

Neustart

Es ist ein Turnier, das die Hoffnung auf einen Neustart in sich birgt. Ein Turnier, das man vielleicht auch gewinnen möchte. „Lasst uns träumen, Italien!“, hieß es in der Gazzetta dello Sport, die am Mittwoch ihren Lesern eine kleine Nationalflagge schenkte. Denn die EM 2021 soll vor allem die Albträume der letzten Jahre vergessen machen.

Bei der WM 2014 kam Italien nicht über die Gruppenphase hinaus, vier Jahre später haben sich die Azzurri nicht einmal qualifiziert. Bei ihrem letzten Auftritt sind sie bei der EM in Frankreich im Viertelfinale ausgeschieden.

International Friendly - Italy v Czech Republic

Stürmer Ciro Immobile

Jene Niederlage im Elfmeterschießen gegen Deutschland hat die italienische Presse in dieser Woche zu einer Art Stunde Null erklärt. „Angefangen hat alles mit den Tränen von Bordeaux“, schrieb der Rundfunksender Rai auf seiner Webseite. Doch seit 2018 hat der neue Trainer Roberto Mancini von Florenz aus eine Renaissance in Gang gesetzt, der Italien nun wieder träumen lässt. Die Nationalmannschaft ist seit 27 Spielen und fast drei Jahren ungeschlagen, und von dem neuen Teamgeist und der Geschlossenheit unter Mancini schwärmen fast alle. Man sei nun sogar „Außenseiter für den ultimativen Sieg“, wie die Rai am Mittwoch schrieb.

Leisen Optimismus gab es zuletzt auch von den Spielern selbst. „Frankreich ist natürlich Favorit ... aber wir sind auch da“, sagte Alessandro Florenzi von Paris Saint-Germain.

Sein erfahrener Kollege Leonardo Bonucci betonte, dass er „positive Luft geatmet“ habe, als er durch die Tore von Coverciano in Florenz lief.

Partystimmung

Die Spieler waren also gut gelaunt, als sie um 11 Uhr am Donnerstag in den blauen Sonderzug nach Rom einstiegen. In der Hauptstadt herrscht auch schon etwas mehr Partystimmung als in der Toskana. In Rom freut man sich auf eine Eröffnungsfeier, bei der Andrea Bocelli singen wird und die Kunstflugstaffel Frecce Tricolori den Himmel mit den Nationalfarben schmücken soll.

Zur Einstimmung eröffnete die Bürgermeisterin von Rom schon am Donnerstag die neue „Casa Azzurri“, ein Turnier-Fanhaus mit Bars, Public Viewings und anderen Veranstaltungen.

EM-Auftakt gegen die Türkei: Roberto Mancini lässt Italien träumen

Die EM-Zone in Rom

Dort erlaubten sich auch die Politiker und Funktionäre einen eifrig optimistischen Blick auf den Sommer. In einem Moment, als Italien seine Corona-Einschränkungen wieder lockert, könne die Nationalmannschaft dem Land „das Zeichen eines Neustarts geben“, sagte Giancarlo Giorgetti, der Minister für Wirtschaftsentwicklung. „Wir hoffen auch, dass es einen wirtschaftlichen Schub geben kann“, sagte der Politiker der rechtspopulistischen Lega und wies darauf hin, dass der WM-Sieg 1982 positiven Einfluss auf das Bruttoinlandsprodukt hatte.

Das mag sich am Ende lediglich als politische Schönrederei enttarnen. Aber zumindest auf dem Platz hoffen nicht nur die Populisten auf etwas Großes. Italien ist wieder bei einem Turnier dabei, und nicht nur in der Renaissance-Stadt Florenz glaubt man an eine Wiedergeburt.

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