Elf Eckbälle, kein Ertrag: Österreichs Team hat Luft nach oben
Wenn man als Journalist nach einem 6:0-Sieg nach Verbesserungsmöglichkeiten fragt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass man in große, überraschte, ja vielleicht sogar rollende Spieleraugen blickt.
In der Tat dominierte nach dem Kantersieg gegen biedere Letten am Freitagabend in Salzburg und der Niederlage der Polen parallel dazu rund um Österreichs Nationalteam vor allem ein Thema: der greifbar gewordene Platz eins in der EM-Qualifikationsgruppe G.
Wie schnell die Stimmung aber gerade in Österreich in Sachen Fußball kippen kann, ist hinlänglich bekannt. Stichwort Schwarz-Weiß-Denken. Wieso also nicht darüber sprechen, wo es Luft nach oben gibt im Spiel der Österreicher? Marko Arnautovic fiel auf besagte Frage nur eine Antwort ein: Die viel zu oft zitierte „Chancenauswertung“.
Fehlende Waffe
Dabei gebe es die Möglichkeit, noch mehr klare Chancen zu kreieren. Etwa aus Eckbällen. Elf an der Zahl hatte Österreichs Team gegen Lettland. Die leere Ausbeute lässt doch auf eine gewisse Schwäche, zumindest aber auf eine fehlende Waffe im Offensivspiel schließen.
Die ist einerseits an den vorhandenen, bzw. fehlenden Spielertypen aufzuhängen. Österreichs bester Offensiv-Kopfballspieler, Sebastian Prödl, steht nicht im Kader, weil er bei seinem Klub Watford nur auf der Tribüne sitzt. Marc Janko, mit 1,96 Metern noch zwei Zentimeter größer als Prödl, hat seine Schuhe an den Nagel gehängt und schreibt jetzt Kolumnen für den KURIER.
Gesetzt sind derzeit Aleksandar Dragovic und Martin Hinteregger, jeweils 1,86 Meter groß und im internationalen Vergleich eher kleinere Innenverteidiger. Beide sind durchaus gut bei Kopfbällen in der Defensive, nicht aber in der Offensive, wo es im Vergleich mehr Körperspannung und Entschlossenheit braucht, um wuchtig und platziert abzuschließen. Die nackten Zahlen belegen die fehlende Qualität: Hinteregger hat in 43 Länderspielen ein Tor per Kopf erzielt, Dragovic in 74 Partien gar keines.
Körpergröße
Generell zeichnet sich Österreichs Team im Moment nicht durch Körpergröße aus. Im Schnitt waren die Spieler in der Startelf der Österreicher am Freitag 1,81 Meter groß. Mit Marko Arnautovic (1,92) war nur ein Spieler jenseits der 1,90 Meter. Polens Elf, die am Freitag gegen Slowenien mit 0:2 verlor, war im Schnitt 1,84 Meter groß. Ob drei Zentimeter am Montagabend in Warschau den Unterschied machen werden?
Österreichs Team jedenfalls könnte für seine Eckbälle eine andere Strategie wählen, als zuletzt gegen Lettland. Die Versuche, etwa von Julian Baumgartlinger oder Konrad Laimer, die beide aus aussichtsreicher Position nach Eckbällen zum Kopfball kamen, waren harmlos. Gegen Polen wäre die eine oder andere flach gespielte Variante wünschenswert. Auch, weil die Schusstechnik von Österreichs Spielern weit besser ist, als ihr Kopfballspiel.
Welche Rolle Standardsituationen im Fußball, vor allem in engen Spielen, einnehmen, ist hinlänglich bekannt. Vielleicht ist der LASK ein Vorbild. Die Linzer haben acht ihrer 21 Saisontore (bewerbsübergreifend) aus Standards erzielt. Sechs davon nach Eckbällen.
Kommentare