In einem Schriftstück über 35 Seiten wird festgehalten, wie der israelische Fußball sportlich vorankommen soll. Nach einer „ernsthaften und nachdenklichen Studie“ habe man „The Israeli Way“ entworfen, leitet dabei Ruttensteiner in seinem Vorwort ein.
Und der Geschäftsführer des Verbandes versichert: Man sei bei der Bestandsaufnahme „in die Tiefe“ gegangen. Ob er weiß, dass „The Israeli Way“ eine Kopie ist? Eine plumpe Übersetzung des noch umfangreicheren Ausbildungskonzeptes des ÖFB?
Der Vergleich lässt keine Zweifel übrig: Etliche Punkte und Passagen der israelischen Fassung sind aus dem Deutschen ins Englische übersetzt. Nicht selten wortwörtlich, was an manchen Stellen dreist wirkt, wie schon der Titel vermuten lässt. „Der Österreichische Weg“ nennt sich die Fassung des ÖFB, die Mitte der 2000er-Jahre erstmals präsentiert wurde.
„Grundsätzlich basiert der österreichische Weg auf sechs Säulen“, heißt es etwa im Dokument des ÖFB. „Basically the israeli way consists of six pillars“ ist nur ein Beispiel an Passagen, die in englischer Sprache transferiert wurden. Die genannten Säulen sind es inhaltlich ebenso wie die Punkte der „Grundsatzpräambel des österreichischen Fußballs“, bzw. der „Preamble to Israeli Football“. „Ohne Breite keine Spitze“ heißt es hier. „No Roots, no Shoots“ ist die an dieser Stelle ausnahmsweise kreative Übersetzung.
Dieselben Inhalte sind auch in den Punkten Trainerausbildung, Kinder- und Jugendfußball oder etwa dem Individualisierungsprojekt zu finden. Der ÖFB betreibt seit 15 Jahren ein Programm unter dem Titel „Projekt 12“, vormals „Challenge 08“. In Israel läuft es unter dem Titel „Projekt 22“. Da wie dort sollen die größten Talente des Landes speziell betreut werden, um den Sprung zum Nationalspieler zu bewältigen.
„Was in Israel gefehlt hat, war ein Konzept, eine Vision und eine Strategie“, sagt Ruttensteiner zum KURIER. Da war es offenbar naheliegend für den Oberösterreicher, zu kopieren. „Nein“, sagt Ruttensteiner. Von einer Kopie könne man nicht sprechen. „Ich kann mich ja nicht selbst kopieren.“
Ob er bei seinem einstigen Arbeitgeber nachgefragt habe, ob er die Inhalte auch in Israel so verwenden könne? „Wieso soll ich mit dem ÖFB reden? Wenn ich meine eigenen Sätze noch einmal niederschreibe, muss ich mit dem ÖFB reden?“ Vermutlich, angesichts dessen, dass er beim Fußball-Bund kein freischaffender Künstler, sondern Angestellter war. Ob die Juristen im Hause ÖFB die gleiche Interpretation von geistigem Eigentum haben?
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