Deutschland fehlt das Sieger-Gen

Deutschland fehlt das Sieger-Gen
Die Ja-aber-Nationalmannschaft: Das Semifinal-Aus gegen Italien macht die Defizite deutlich.

Ja, aber. Reflexartig kommt der Einspruch, so schnell und hart, wie Mario Balotellis Fernschuss zum 2:0 im Semifinale. Wer auch immer zu dieser deutschen Nationalmann JA sagt, der sagt im selben Atemzug auch ABER. Der Makel ist zum treuen Begleiter geworden, das Aus im Halbfinale gegen Italien (1:2) machte nun deutlich: Deutschland ist eine klassische Ja-aber-Mannschaft.

Ja, die Deutschen spielen inzwischen weit attraktiver und offensiver, als die Teams in der Vergangenheit ...,
aber die Vorgänger-Generationen heimsten mit ihrem defensiven und oft auch destruktiven Stil die Erfolge und Lorbeeren ein.

Ja, Deutschland wird heute von allen Gegnern für seine Spielkultur gelobt und respektiert ...,
aber Ehrfurcht und Angst waren bei den Gegnern weit größer, als deutsche Teamspieler noch in erster Linie für die typisch deutschen Tugenden standen.

Ja, Deutschland stand seit 2006 bei jedem großen Turnier im Semifinale ...,
aber zum großen Triumph fehlten dann in Wahrheit doch meist Welten.

Ja, den Lahms, Podolskis Schweinsteigers und Özils gehört immer noch die Zukunft ...,
aber langsam dürfen Zweifel angebracht werden, ob diese Generation tatsächlich das Siegergen besitzt.

Ja, Joachim Löw hat die beste Punkte-Bilanz aller deutschen Bundestrainer ...,
aber auf den Titel, den er benötigt, um als Erfolgstrainer in die erfolgreiche DFB-Geschichte einzugehen, wartet er noch vergeblich.

Ernüchterung

"Man darf jetzt nicht alles infrage stellen", bat Joachim Löw, sichtlich gezeichnet und irritiert, nach dem 1:2 gegen Italien. Der Mann, der mit seiner ungewöhnlichen Personal-Rochade im Viertelfinale die Nation in Verzückung versetzt hatte, griff mit seinem magischen Händchen im Semifinale daneben: Die neuerliche Rotationstaktik hatte nicht beim Gegner für Verwirrung gesorgt, sie brachte vielmehr die Deutschen durcheinander. "Im Nachhinein hätten wir dieses oder jenes anders machen können", sagte Löw.

Was bleibt sind Ernüchterung und Enttäuschung. "Wenn man den Titel nicht holt, wird gefragt, wofür war’s?", bemerkte der deutsche Teammanager Oliver Bierhoff geschockt.

Für manche der Protagonisten der Gegenwart werden die Tiefschläge langsam bereits zur Routine. Bastian Schweinsteiger oder Philipp Lahm etwa laufen dem großen Titel immer noch hinterher, das Semifinal-Aus war die zweite Schmach binnen weniger Wochen nach der verlorenen Champions League mit dem FC Bayern.

Für sie wie für Löw gilt: Erst, wenn sie den lang ersehnten Titel holen, wird das Ja, aber verschwinden. Dann heißt es: Deutschland Welt- oder Europameister? Aber ja.

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