Der Start mit Teamchef Rangnick: "Des is ja eh nur a Schaulaufen"
Vor 300 Kiebitzen absolvierte das ÖFB-Team in Bad Tatzmannsdorf das erste Training unter Ralf Rangnick. Die Jüngeren waren begeistert. Ältere Semester matschkerten.
Zwei Runden sind in der 1. Klasse Süd im Burgenland noch zu spielen. Für den SC Bad Tatzmannsdorf gilt es dringend zu punkten, will man den Gang in die Schutzgruppe vermeiden. Der Klub aus dem Kurort ist Tabellenletzter.
Trotzdem sind auf dem schmucken Sportplatz des Dorfklubs immer wieder begnadete Kickerbeine zu bewundern, wenn große Klubs oder Nationalteams in der Thermenregion ihre Zelte aufschlagen, um in Ruhe zu trainieren.
Ein "Schaulaufen"?
Von Ruhe ist am Montagvormittag wenig zu spüren. Ralf Rangnick bittet seine auserwählten ÖFB-Kicker zur Arbeit.
Die erste Trainingseinheit unter dem neuen Teamchef ist öffentlich und lockt rund 300 Kiebitze an. Kinder drängen und reißen sich um die Nähe zu ihren Idolen, um Selfies und Autogramme zu ergattern, während die älteren Semester das Treiben distanziert beobachten. „Des is ja eh nur a Schaulaufen“, murrt einer.
Nicht wirklich.
Nach dem Aufwärmen unter der Leitung von Athletiktrainer Gerhard Zallinger gibt es zunächst durchaus komplexere Passübungen, ehe in zwei verschiedenen Spielformen auf engem Raum die Rangnicksche Paradedisziplin exerziert wird. Vorwärts verteidigen, sprich, die Gegner anpressen, den Ball erobern mit diesem dann Überzahlsituationen schaffen und gegnerische Linien überspielen. Das alles in höchstem Tempo und in mehreren kurzen und intensiven Intervallen.
Der intensive Stil des neuen Teamchefs, sowohl mit als auch gegen den Ball, soll in Fleisch und Blut übergehen, sofern das noch nicht längst geschehen ist beim einen oder anderen Teamspieler, der durch die Red-Bull-Schule gegangen ist.
Assistenten am Zug
Geleitet und kommentiert werden die Übungen von den ebenso neuen Assistenten des Teamchefs. Peter Perchtold, bis zuletzt Co-Trainer des VfB Stuttgart, ist ebenso mittendrin wie Onur Cinel, der vorige Woche als (vorerst!) letzte Ergänzung des Trainerteams zum ÖFB gestoßen ist.
Rangnick und sein erster Assistent und langjähriger Weggefährte Lars Kornetka beobachten von außen. Immer wieder sucht der Teamchef das Einzelgespräch. Andreas Weimann ist zwischendurch aufmerksamer Zuhörer.
Mit Dreierkette
Es folgt ein ebenso intensives Spiel elf gegen elf auf verkleinertem Feld und wieder wird klar, wie das ÖFB-Team künftig auftreten soll. Auf beiden Seiten wird hoch attackiert und mutig nach vorne gerückt. Es entstehen große Räume zwischen den Tormännern und den aufrückenden Abwehrketten, die Rangnick jeweils zu dritt formiert.
In einer gefühlten Einser-Garnitur verteidigen Kevin Danso, Gernot Trauner und Maximilian Wöber hinter einem Fünfer-Mittelfeld mit (von rechts) Ljubicic, Laimer, Xaver Schlager, Sabitzer und Wolf. Den Sturmpartner von Marko Arnautovic gibt Karim Onisiwo, dessen Fähigkeiten im Pressing beim neuen Trainerteam gefragt sein sollen.
Zweifler am Wort
Tore fallen vorerst kaum. Eine Aktion der zweiten Elf findet Sturmtank Sasa Kalajdzic, der den Ball gekonnt mit der Brust annimmt und prallen lässt. Und dennoch gibt’s was zu matschgern. „Ich tät’ ihm’s ja vergönnen, aber ich weiß ned, was der bei den Bayern soll“, zweifelt ein Herr ob der aktuellen Transfergerüchte um den Stuttgart-Stürmer im gepflegten südburgenländischen Dialekt.
Noch deutlicher wird sein Gesprächspartner, als Stefan Lainer wenig später einen Ball deutlich übers Tor schießt. „Wenn des einer in der 1. Klass’ macht, schimpfen’s eam.“
Die 1. Klasse gibt es schon am Samstag wieder zu sehen, wenn der SC Bad Tatzmannsdorf auf den ASK Goberling trifft. Und wie immer gilt im Amateurfußball: Wer Eintritt zahlt, darf auch schimpfen.
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