Bundesliga-Chef erklärt, wie es mit dem VAR weitergehen könnte
Christian Ebenbauer ist Vorstandsvorsitzender der Bundesliga
Österreichs Klubs sind international abgestürzt, der fünfte Europacup-Startplatz ist verloren. Die Bundesliga muss massiv sparen, weil der neue TV-Vertrag ab 2026 nur noch etwas mehr als 30 Millionen Euro statt aktuell 42 einbringt. Liga-Chef Christian Ebenbauer über die prekäre Situation.
KURIER: Wie würden Sie das Jahr der Bundesliga zusammenfassen?
Christian Ebenbauer: Es war sehr herausfordernd, insbesondere beim Thema der größten Einnahmen, nämlich der Verwertung der Medienrechte. Aber auch aufgrund der andauernden Rezession und den Auswirkungen auf den Fußball.
War es ein erfolgreiches Jahr?
Aus sportlicher Sicht ein sehr erfolgreiches. Wir hatten im Mai eine Meisterschaftssentscheidung, wie man sie sich nur wünschen kann. Wenn drei Klubs bis zur letzten Minute um den Titel kämpfen und drei Teams bis zum Schluss um den Klassenerhalt – das ist das, was wir mit der Änderung des Ligaformats vor acht Jahren erreichen wollten. Die Zuschauerzahlen sind nach oben geschossen, wir kratzen am 9.000er-Schnitt. Mit Blick auf die UEFA-Wertung muss man sagen, dass wir nach den sehr erfolgreichen letzten Jahren, wo unsere Klubs überperformt haben, jetzt leider einen Einbruch erleben.
Christian Ebenbauer wurde am 9. Oktober 1975 in Wien geboren, er kickte er im Nachwuchs von Rapid. Der Jurist kam 2006 in die Geschäftsstelle der Bundesliga, 2008 stieg er mit der Verantwortung für Recht und Spielbetrieb in einen Dreiervorstand auf unter Georg Pangl. Seit 2018 ist er Vorstandsvorsitzender.
Wie begründen Sie diesen Einbruch?
Ein wesentlicher Punkt war die Einführung der Conference League während unseres Höhenfluges. In der Conference League hatten wir zwar mit dem LASK und Rapid Klubs, die je einmal durchmarschiert sind, sonst haben unsere Klubs aber gegen stärkere Gegner Europa League und Champions League gespielt – und die Punkte waren dort gleich viel wert.
Es gibt aber Zusatzpunkte für die Champions League.
Wenn man weiterkommt.
Nein, schon wenn man sich für die Gruppen-, bzw. Ligaphase qualifiziert.
Genau, aber die Hauptpunkte machst du über die Spiele und es ist ein Unterschied, ob du gegen Topklubs in der Champions League spielst oder Conference League.
Gibt es noch Gründe für den Absturz?
Es reicht nicht, wenn man fünf Startplätze hat, dann aber nicht genug Klubs in der Ligaphase. Da sind Länder wie Tschechien, die vier Klubs in der Ligaphase haben, nach oben geschossen. Ich glaube, dass es immer einen wellenförmigen Verlauf gibt. Einmal spielt man über seinen Verhältnissen, jetzt sind wir darunter. Dass unsere Klubs jetzt schlechter ausbilden, glaube ich nicht. Es wurde mehr in Ausbildung oder Infrastruktur investiert.
Warum ist es beim neuen TV-Vertrag nicht zum angestrebten Ergebnis gekommen?
Angebot und Nachfrage. Wir waren auf jeden Fall optimistischer aufgrund der Faktenlage, dass es mit Sky, Canal+ und DAZN so viele Pay-TV-Anbieter wie nie zuvor in Österreich gibt. Und auch am Free-TV-Markt mit dem ORF, ServusTV und Puls4 drei Sender, die in den letzten Jahren in Sportrechte investiert haben. Insofern war dann die Angebotslage sehr enttäuschend, vor allem, wenn man über zwölf Monate versucht, bestehende und potenzielle Partner abzuholen, um ein interessantes Produkt verkaufen zu können.
Warum glauben Sie, war die Angebotslage enttäuschend?
Der Medienmarkt ist in einem massiven Wandel. Der größte Punkt ist, dass bei den Medienunternehmen immer mehr der Finanzexperte hinter dem Businessplan das Heft in der Hand hat und es vorrangig nicht mehr darum geht, zunächst einmal das Produkt und die Marke durch Content groß zu machen.
Die Bundesliga und Sky sind langjährige Partner. Wussten Sie im Vorfeld der Verhandlungen darüber Bescheid, dass Sky Österreich in den letzten Jahren stets ein operatives Minus von jeweils mehr als 20 Millionen Euro geschrieben hat?
Wir haben die Info bekommen, wenn Abschlüsse eingereicht wurden, so auch im konkreten Fall, als wir vor der Veröffentlichung im KURIER erfahren haben, dass die Zahlen online gegangen sind.
Und trotzdem war die niedrige Angebotslage überraschend für Sie?
Nach unseren Informationen sind vor allem seit Corona die Abozahlen stetig gestiegen. Dass es so ein starkes Minus gibt, haben wir nicht gewusst. Ein wesentlicher Parameter ist aber auch, dass man bedenkt, wo wir waren, bevor wir 2017 den letzten Vertrag mit Sky abgeschlossen haben. Dass wir in den letzten acht Jahren eine Steigerung von 60 Prozent gehabt haben gegenüber dem vorletzten Vertrag mit Sky. Das war in den Verhandlungen auch oft von Sky zu hören und dass das aus ihrer Sicht sehr viel Geld ist.
Würden Sie rein strategisch im Nachhinein irgendetwas anders machen bei der Verwertung der Medienrechte?
Der wichtigste Punkt, den ich verbessern würde, ist in der Bewusstseinsbildung in das eigene Produkt. Den Glauben stärken, dass eine eigene Bundesligaverwertung funktionieren kann. Intern ebenso wie extern.
Sie haben erst im Juli, nachdem klar war, dass die Angebote von Sky und Canal+ sehr niedrig sind, erstmals einen Mitarbeiter für das Projekt der Eigenvermarktung angestellt. Hätte es den nicht schon früher gebraucht – auch als Signal?
Wir hatten eine Agentur mit Experten an unserer Seite. Nur weil die nicht bei uns angestellt waren, heißt das nicht, dass es da keine Leute gab, die das gemacht haben.
Wie ernst ist die Situation der Liga nun? Es ist zu hören, dass in der Geschäftsstelle vielleicht sogar Mitarbeiter eingespart werden müssen.
Fakt ist, dass wir im großen Teilbereich Mediale Rechte eine knapp 20-prozentige Verminderung der Erlöse haben. Wenn man die Berechnung in allen Bereichen ansieht, wo es Vorabzüge gibt, egal ob bei der TV-Produktion, bei der Unterstützung der 2. Liga, beim VAR oder der Geschäftsstelle: Über allem steht jetzt ein Minus und wir müssen beschließen, was das für den jeweiligen Teilbereich bedeutet. Die 2. Liga erhält künftig 3,15 statt 3,8 Millionen Euro. Bei der Geschäftsstelle machen die TV-Erlöse einen wesentlichen Teil des Budgets aus. Daher sind auch hier Sparmaßnahmen notwendig – welche das konkret sind, prüfen wir gerade.
Sie selbst haben gesagt, dass die Zukunft des VAR nicht mehr gesichert ist.
Die Schiedsrichter und der VAR-Betrieb werden die Bundesligaklubs, inklusive der zweiten Liga, künftig vier Millionen Euro kosten. Es ist legitim, dass man jeden Stein umdreht. Ich war immer ein Verfechter des VAR, bin aber auch begeistert vom Challenge-Modell, das wir bei der U-17-WM gesehen haben. Was das an Kosten sparen würde, ist ein Wahnsinn. Wir haben bereits nachgefragt und warten jetzt auf die Info, wann es die Möglichkeit geben wird, das in den Ligen umzusetzen.
Was wird die Liga tun, damit sich bei der nächsten Ausschreibung von Medienrechten in drei Jahren wieder ein Plus erreichen lässt?
Die Attraktivität der Bundesliga steht außer Zweifel. Das Format passt mit der Teilung und der Spannung bis zum Schluss. Rundherum müssen wir alles unternehmen, um es noch attraktiver zu gestalten. Da reden wir etwa vom Social-Media-Bereich oder von der Infrastruktur, um den Stadionbesuch noch attraktiver zu machen.
Sind Sie zufrieden mit der Bekanntheit des Produkts unter jungen Menschen? Kennen genug junge Leute Spieler der Bundesliga?
Deshalb habe ich Social Media erwähnt. Wir sind seit Jahren dahinter, dass hier viel mehr passieren müsste, um die Jungen zu erreichen. Wir arbeiten mit Sky daran, dass die Klubs die Möglichkeit erhalten, mit In-play-Clips auf Social Media zu arbeiten, also dass während des Spiels Clips vom Spiel ausgespielt werden.
Apropos junge Menschen. Ist die österreichische Liga eigentlich eine Ausbildungsliga? Wie will man sich positionieren?
Unsere Liga hat aufgrund ihrer wirtschaftlichen Voraussetzungen gar keine andere Möglichkeit, als eine Ausbildungsliga zu sein. Wichtig ist, dass bei den Gegebenheiten, die wir haben, wirtschaftlich bestmöglich agiert wird. Wir sind wirtschaftlich in Europa auf Rang 14, 15. Dort sollten wir auch sportlich liegen. Die Ausbildung ist in den vergangenen zehn Jahren zu einem wesentlichen Budgetposten geworden. 15 bis 25 Prozent der Einnahmen der Klubs sind Transfererlöse. Vor 15 Jahren hätte man diese Säule nicht einmal erwähnt. Heute ist sie ein wesentlicher Faktor.
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