Historischer Aufstieg: Was Blau-Weiß Linz mit Rapid gemeinsam hat
Die Linzer spielen erstmals in ihrer Vereinsgeschichte in der Bundesliga. Über Gemeinsamkeiten mit Rapid, die Rivalität zum LASK und Abneigung gegen "Jammerer."
"Der Österreicher jammert immer. Und ich will keine Jammerer", macht Blau-Weiß-Linz-Trainer Gerald Scheiblehner recht schnell klar, was ihm wichtig ist. Trotz Temperaturen bis zu 36 Grad versucht er seine Mannschaft im Linzer Lissfeld auf die kommende Trainingseinheit einzustimmen: "Tun wir uns bitte nicht selbst leid, das will ich nicht. Schauen wir, dass wir eine gute Einheit haben."
Gemeinsam mit dem neuen Sportdirektor Christoph Schösswendter führt Scheiblehner in den folgenden eineinhalb Stunden durch das Training. Die Vorbereitung auf die erste Bundesliga-Saison der Vereinsgeschichte läuft auf Hochtouren.
Die Euphorie nach dem Aufstieg und der Eröffnung des neuen Stadions ist groß. Es ist viel zu tun, zum Jammern bleibt da ohnehin wenig Zeit. Am Samstag (17 Uhr) geht es beim WAC los, die erste Aufgabe im Cup hat man mit einem 5:1-Erfolg bereits gemeistert.
Was aber macht den Blau-Weiß Linz so besonders? Wie will sich der Verein in der Bundesliga etablieren? Wie groß ist die Rivalität zum Stadtrivalen, dem LASK? Und welche Rolle spielt Ex-Rapid-Geschäftsführer Christoph Peschek?
Der KURIER begab sich in Linz auf die Suche nach Antworten.
Linzer "Notgeburt"
Der FC Blau-Weiß Linz wurde im Juli 1997 offiziell gegründet. Als "Notgeburt", wie es der Verein auf der eigenen Homepage selbst beschreibt. Man trat damals die Nachfolge gleich zweier Klubs an: Dem SV Austria Tabak Linz, dem das Aus drohte, sowie dem FC Linz (ehemals Vöest Linz), der mit dem LASK fusionierte. 26 Jahre später ist der Verein nun am vorläufigen Zenit angekommen.
Zwar jubelte Blau-Weiß bereits vor zwei Jahren über den Meistertitel in der 2. Liga, man sah sich allerdings noch nicht gerüstet und verzichtete auf den Aufstieg. Nun wurden mit dem neuen Hofmann-Personal-Stadion und nach 20 Monaten Bauzeit auch die infrastrukturellen Voraussetzungen geschaffen.
Mehr als 40 Millionen Euro hat die neue Spielstätte gekostet, Platz ist für knapp 5.600 Zuschauer. "Eine gute Infrastruktur ist einfach die Basis für einen Verein, der wachsen will. Ohne kannst du mittelfristig nicht überleben", weiß Scheiblehner.
Bodenständig und demütig
Schösswendter betont zudem, dass der Verein nun "nachwachsen" müsse: "Die Profi-Abteilung ist in den letzten Jahren - vor allem sportlich - nach oben gegangen, ist jetzt einmal am Zenit. Und jetzt gilt es für den restlichen Verein, das Fundament zu verbessern." Um sich dann schlussendlich als "gut aufgesteller Bundesliga-Verein" zu etablieren.
Und Geschäftsführer Christoph Peschek macht klar: "Ich bin davon überzeugt, dass wir wirtschaftlich wie auch sportlich gerüstet sind. Dennoch wollen wir immer bodenständig und demütig bleiben - das erklärte Ziel ist der Nicht-Abstieg."
Da ist sich das Trio Peschek, Schösswendter und Scheiblehner einig. Die Aufgabenbereiche zwischen den Dreien sind klar getrennt, heißt es. Scheiblehner und Schösswendter sind für das Sportliche zuständig, Peschek für den wirtschaftlichen Bereich. Der Ex-Rapid-Geschäftsführer, der seit Anfang des Jahres in Linz in der Verantwortung ist, sieht sich "als Ermöglicher, der versucht, gewisse Rahmenbedingungen zu organisieren und aufzustellen." Ein "Ober-Sportdirektor" sei er jedenfalls keiner.
Rapid und Admira
Peschek zieht dabei durchaus Parallelen zu seinen Anfängen in Wien: "Es geht um ein Weiterentwickeln und Professionalisieren, so wie es damals bei Rapid der Fall war." Das erste Aufeinandertreffen mit seinem Ex-Klub gibt es übrigens am 20. August in Linz. Aber: "Es geht darum, Blau Weiß Linz spielt gegen den SK Rapid. Und da ist der Peschek nicht einmal zweitrangig."
Schösswendter vergleicht den Klub indes mit seiner Admira-Zeit: "Es ist einfach ein kleiner, familiärer Verein, wo rundherum viele Helfer sind, die vor allem im Nachwuchs- und Amateurbereich das Werk am Laufen halten. Da sind Leute, im Trainerteam oder auch ich selbst, die wirklich bereit sind, zu arbeiten, anzupacken und immer versuchen, das ganze Umfeld ein Stück weit besser zu machen." Blau-Weiß Linz müsse demnach professioneller werden. "Aber nicht unnahbar. Man darf sich nicht von den Fans und Anhängern in Linz entfernen, sondern muss sympathisch bleiben."
Was für den Arbeiterverein Blau Weiß Linz durchaus eine Herausforderung sein kann. "Der Klub ist ja eigentlich ein Amateurverein, wo lange ums Überleben gekämpft wurde", erzählt Scheiblehner, "Viele vom damaligen SK Vöest sind dem Verein gefolgt, als 1997 mit Blau-Weiß etwas Neues entstanden ist. Da steckt sehr viel Herzblut drin, im Verein, im innersten Kern." Jetzt mit dem Aufstieg und dem neuen Stadion sei der Klub "einfach dazu gezwungen", sich besser aufzustellen.
Linzer Derby
Um sich dann, wie alle Drei betonen, in der Bundesliga zu etablieren. Und das mit einer gewissen Klarheit im Spiel, wie Scheiblehner sagt: "Mir ist wichtig, dass die Mannschaft sowohl im Ballbesitz, als auch, wenn wir den Ball jagen, klare Aufgaben hat. Dass wir als Team auftreten, auch, wenn es mal nicht so gut funktioniert. Und dass die Zuschauer nicht den Eindruck haben, dass es einzelne Stars in der Mannschaft gibt, sondern das Team das Wichtigste ist."
Groß ist die Vorfreude auch auf das erste Linzer Stadtderby der Saison. Dieses gibt es eine Woche vor dem Duell mit Rapid auf der Linzer Gugl. Trainer und Sportdirektor orten eine "riesige Freude" bei beiden Fan-Lagern. Das letzte derartige Duell ist schließlich auch schon 26 Jahre her. "Ob es dann sportlich ein gutes Gefühl ist, wird man sehen. Wir sind sicher der klare Außenseiter", bleibt Scheiblehner realistisch: "Der LASK hat einfach eine Top-Mannschaft und ist finanziell gut aufgestellt."
Blau-Weiß sei da derzeit "noch sehr, sehr weit weg." Und dennoch wird dieses Derby wohl etwas ganz besonderes. "Man kann es von der Rivalität her absolut mit dem Wiener Derby vergleichen", meint Schösswendter: "Es ist schon so, dass sich die beiden Fan-Lager gegenseitig nichts Gutes wünschen und eine gewisse negative Stimmung herrscht. Wie es aber im Fußball ganz normal ist."
Geld und frische Luft
Abgesehen davon fische der LASK aber in ganz anderen Gewässern, so Scheiblehner: "Wir sind eher an jungen, österreichischen Spielern interessiert, die bei uns den nächsten Schritt machen. Das wird weiter unser Weg bleiben." Geht es nach Peschek, dann soll Blau-Weiß als bodenständiger und hart arbeitender Verein wahrgenommen werden: "Und nicht durch das Spucken großer Töne."
Bodenständig und demütig. Zwei Worte, die bei dem Trio des Öfteren fallen. Man will zwar die vorherrschende Euphorie so lange wie möglich konservieren, weiß aber vor der ersten Bundesliga-Saison der Vereinsgeschichte, dass auch schwere Zeiten kommen werden. Gejammert wird dennoch nicht. "Wir sind draußen an der frischen Luft, dürfen Fußball spielen und bekommen auch noch Geld dafür. In der Bundesliga verdienen wir sogar ganz gut. Das muss man wertschätzen", betont Scheiblehner.
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