Oberbürgermeister Uwe Richrath hat bereits die Bayer-04-Fahnen vor dem Rathaus hissen lassen. Ganz Leverkusen will den historischen Moment mitfeiern. Der erste Meistertitel der Vereinsgeschichte für „Vizekusen“, wie der Klub aufgrund seiner bisherigen Bilanz spöttisch genannt wird, wird bald Realität werden.
Schon am Sonntag gegen Werder Bremen könnte die Party vor Heimpublikum steigen. Dabei ist noch viel Fußball zu spielen in dieser Saison der Deutschen Bundesliga bis zum letzten Spieltag am 18. Mai.
Calmund und Alonso, zwei Klubikonen
„Wenn du selbst jahrelang Manager von Leverkusen warst und häufig in den letzten Sekunden den einen oder anderen Titel unglücklich verpasst hast, wirst du natürlich vorsichtig“, mahnte Reiner Calmund, eine Legende des Klubs, noch vor wenigen Tagen. Doch am Meistertitel zweifelt niemand mehr. Zu leidenschaftlich, mitreißend und selbstbewusst tritt die Mannschaft unter ihrem von halb Europa umworbenen Trainer Xabi Alonso auf.
Traditionalisten im deutschen Fußball wünschen sich seit Jahren Abwechslung nach mittlerweile elfjähriger Dominanz des FC Bayern München. Dass es nun just das Bayer-Team ist, das die Erfolgsära des Rekordmeisters beendet, sehen einige auch mit gemischten Gefühlen.
Der Fakt, dass der Klub aus dem nur 165.000 Einwohner großen Leverkusen die Werkself eines zwar erfolgreichen, aber auch eher rational geführten Chemiekonzerns darstellt, hat dem Verein außerhalb der Produktionshallen und Stadtgrenzen nie große Sympathien eingebracht. Die großen Emotionen wurden immer im nahen Köln, Düsseldorf oder Mönchengladbach verortet anstatt im stets grundsolide geführten Leverkusen. Auch nicht zum sympathischen Chaoten taugte man.
Werkself war und ist da noch die nettere Umschreibung. Wobei das gar kein Hohn, sondern lange Fakt war: Das Team bestand in den Anfangsjahren ausschließlich aus Werksarbeitern, bis in die 1990er seien laut Schätzungen auch sieben von zehn Fans Bayer-Mitarbeiter gewesen.
"Vizekusen", ein geschütztes Markenzeichen
Sie jubelten über Triumphe im UEFA-Cup (1988) und im DFB-Pokal (1993). Aber viel öfter noch trauerten sie. 2000 etwa, als am letzten Spieltag die Meisterschaft verspielt worden war und der brasilianische Profi Emerson vor seinem Wechsel nach Rom ernüchtert feststellte: „Bayer wird nie etwas gewinnen. Nie, nie, nie!“
Zwei Jahre später wurde all das sogar noch übertroffen. Leverkusen war im Saisonfinish auf dem Weg zum Triple aus Liga, nationalem Cup und Champions League – und beendete alle drei Bewerbe als Zweiter. „Vizekusen“ war endgültig Realität. Und daran wird sich nie etwas ändern. Dafür gesorgt hat ausgerechnet die Bayer AG, die sich den Begriff „Vizekusen“ als geschütztes Markenzeichen eintragen hat lassen.
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