Wie groß war für Sie die Umstellung?
Ich hatte ursprünglich gemeint, dass ich als Profitrainer viel mehr Zeit zur Verfügung habe. Aber das war ein absoluter Trugschluss. Heute befasse ich mich praktisch den ganzen Tag über mit Fußball. Als ich noch meinen Fulltime-Job hatte und Dornbirn-Trainer war, habe ich sicher weniger gearbeitet als heute. Aber ich weiß das zu schätzen, es ist ein Privileg, wenn du einer von zwölf Bundesligatrainern sein darfst. Und das vermittle ich auch immer meinen Spielern.
Dass sie ein privilegiertes Leben führen?
Ein Fußballprofi führt eigentlich das schönste Leben. Es gibt viele Familienväter, die zwölf Stunden am Tag am Fließband arbeiten, damit sie ihre Familien über die Runden kriegen. Und wir dürfen Fußball spielen, wir dürfen ein Hobby als Beruf ausüben. Deswegen sollten wir alle eine Riesendemut haben.
Themenwechsel: Was hat die Rückkehr der Austria nach fast einem Vierteljahrhundert in Liga zwei in Lustenau ausgelöst?
Man hat schon in den letzten Runden der zweiten Liga gesehen, was uns jetzt erwarten wird. Der Verein hat eine tolle Fanbasis, die Stimmung war schon bundesligareif. Wir werden definitiv sehr viele Zuschauer haben, wir haben jetzt eine ganz andere Medienpräsenz als vorher, das öffentliche Interesse ist viel größer. Das hat viel Positives bewirkt. Zugleich bin ich einer, der immer auch den Zeigefinger hebt.
Warum?
Weil der Aufsteig den gesamten Verein vor große Herausforderungen stellt. Es kommen jetzt plötzlich ganz andere Sachen auf uns zu. Du kannst jetzt nicht mehr mit 15 Freiwilligen ein Heimspiel abwickeln, das geht sich nicht aus. Wir brauchen viel mehr Personal, es ist ein enormer Mehraufwand. Das ist nicht nur auf dem Platz eine Riesenherausforderung, sondern für den gesamten Verein. Und dieser Aufgabe müssen wir uns stellen. Ich glaube, dass wir noch einige Zeit brauchen, dass wir bundesligareif sind – nicht nur sportlich, sondern auch infrastrukturell. Man muss sich als Beispiel ja nur Altach anschauen.
Die Altacher haben sich in den letzten Jahren in der Bundesliga etabliert.
Und verglichen mit Altach sind wir Waisenknaben und amateurhaft aufgestellt. Der Verein hat sich über die Jahre toll entwickelt. Wenn ich mir die Bedingungen in Altach ansehe, mit dem Stadion, mit dem Campus, mit den Trainingsmöglichkeiten – da geht einem das Herz auf. Ich darf das eigentlich gar nicht so laut sagen, weil ich weiß, dass Altach und Lustenau oft ein Rivalendenken haben. Aber Respekt kannst du nur vor einem Rivalen haben. Und Altach kann uns sicher als Vorbild dienen.
Ist in Vorarlberg denn Platz für zwei Bundesligavereine?
Ich sage ja. Manche sehen das anders, die sind der Meinung, ein Klub allein würde mehr Sponsoren bekommen und hätte mehr Möglichkeiten. Jetzt teilt man das kleine Ländle auf zwei Vereine auf. Aber dafür wird gerade sehr viel über Fußball geredet und berichtet. Davon profitieren beide Klubs.
Welche Rolle soll bzw. kann die Austria spielen?
Der Fokus liegt ganz klar auf dem Klassenerhalt. Und uns ist klar, dass das nicht einfach wird. Was wir sicher nicht vorhaben: Wir werden uns nicht auf den Platz stellen und uns in jedem Spiel einen Punkt ermauern wollen. Das ist nicht unser Stil und das will auch das Publikum in Lustenau nicht sehen. Mir ist klar, dass das eine Gratwanderung wird.
Eine Gratwanderung mit den bekannten Konsequenzen: Die Halbwertszeit der Bundesliga-Trainer war in der Vergangenheit nicht wirklich hoch.
Es ist ein Wahnsinn, wohin sich das entwickelt hat. Wenn du heute drei Mal verlierst, dann musst du als Trainer Angst haben, dass sie dich rauswerfen. Eigentlich ist das pervers, mir fehlt da oft das Vertrauen und die Geduld der Verantwortlichen, wenn sie solche Schnellschüsse ala Ibertsberger machen. Andererseits muss man mit dem leben, sonst darf man den Job auch nicht machen.
Sehen Sie die Sache vielleicht etwas gelassener, weil Sie einen Brotberuf haben?
Mein ehemaliger Chef hat damals angekündigt: Sollte es mit dem Profitrainerberuf in die Hose gehen, dann kann ich jederzeit wieder bei ihm anfangen. Das ist eine angenehme Situation. Ich weiß, dass ein Schritt zurück ins normale Berufsleben wieder möglich ist. Das ist für mich sicher einfacher als für andere Trainerkollegen, die nur auf den Fußball gesetzt haben. Ich habe den Schritt bis heute nicht bereut. Bereuen tut man nämlich nur etwas, was man nicht probiert hat.
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