Aufsteiger Wattens: Eine graue Maus mit Potenzial

Aufsteiger Wattens: Eine graue Maus mit Potenzial
Manche sehen den Aufstieg der Tiroler kritisch. Warum Wattens eine Bereicherung für die Bundesliga sein wird.

Es wurde bereits hell, als der Mannschaftsbus der WSG Wattens beim Gernot Langes-Stadion vorfuhr. Die Rückreise aus Horn, wo der Tiroler Traditionsverein mit dem 3:1-Erfolg den Aufstieg in die Bundesliga fixiert hatte, wurde für die Mannschaft zu einer emotionalen Triumphfahrt. Die ausgelassene Feier entlang der Westautobahn ließ beim Zweitliga-Meister sogar das Champions League-Endspiel ins Abseits rücken.

Die WSG Wattens ist nun da angelangt, wo sie Diana Langes-Swarovski in ihren Visionen schon im Herbst 2013 gesehen hatte. "Ich möchte, dass unser Verein mittelfristig die Nummer eins in Tirol wird", hatte die Präsidentin bei ihrem Amtsantritt verkündet und war für ihre ambitionierte Ansage belächelt, ja teilwese sogar verspottet worden. Immerhin gab es damals noch den Platzhirschen FC Wacker Innsbruck in der Bundesliga, obendrein spielte Wattens nur in der Regionalliga.

Aufsteiger Wattens: Eine graue Maus mit Potenzial

Es war kein Luftschloss, das Diana Langes in den Tiroler Himmel gezeichnet hatte. Sechs Jahre später macht sich keiner mehr über die Präsidentin und ihre Pläne lustig: Die 47-jährige Unternehmerin, Tochter von Gernot Langes-Swarovski, dem 17 Prozent des Kristall-Imperiums gehören, beehrt mit Wattens die Bundesliga und schließt damit in Tirol zumindest sportlich die Lücke, die der zehnfache Meister Wacker Innsbruck mit seinem Abstieg hinterlassen hat.

Aber wird es der WSG (Werkssportgemeinschaft) Wattens auch emotional gelingen, die Tiroler Fußballfans in den Bann zu ziehen?

 

Auf Grund der Nähe zu Innsbruck (17 Kilometer) hatte es der Verein schon immer schwer, die Anhänger für sich zu begeistern. Vor einem halben Jahrhundert, als Wattens für einige Jahre in der damaligen Nationalliga spielen durfte und Sprungbrett für spätere Teamspieler wie Friedl Koncilia, Roland Hattenberger oder Manfred Gombasch war, hatte der Klub noch die Massen ins Stadion gelockt. Aber es gab später auch Jahre, in denen Wattener Heimspiele in der zweithöchsten Spielklasse regelmäßig fast vor leerem Haus stattfanden.

Neuer Vereinsname

Seit Diana Langes-Swarovski am Ball ist, kommen nun wieder mehr Besucher in das Stadion, im letzten Heimspiel gegen Lustenau waren es dann immerhin 2800 - für Wattener Verhältnisse fast schon eine Rekordkulisse. "Man hat uns in der Vergangenheit oft nachgesagt, dass wir eine graue Maus wären", weiß auch Stefan Köck, der Sportmanager von Wattens. Diesen Ruf will der Verein jetzt spätestens in der Bundesliga hinter sich lassen.

Aufsteiger Wattens: Eine graue Maus mit Potenzial

Das ist auch der Grund, warum die WSG Wattens als WSG Swarovski Tirol in der höchsten Spielklasse durchstarten will. Als Gegenentwurf zu Zweitligist Wacker Innsbruck. Als Reminiszenz an die erfolgreichen Zeiten in den 1980er-Jahren, als der neu formierte FC Tirol unter dem Präsidenten Gernot Langes-Swarovski bis ins Semifinale des UEFA-Cups vorstieß und mit Trainer Ernst Happel zwei Mal den Meistertitel gewann. Aber der Vereinsname soll auch als Aufruf an die Tiroler Fußballfans gelten, die Diana Langes-Swarovski mit dem Aufsteiger gerne ansprechen will. "Ich möchte in Tirol eine Fußballbegeisterung entfachen", erklärt die Präsidentin.

Heimstätte Tivoli

Die neue Euphorie soll an bewährter Stelle entstehen. Weil das kleine Gernot Langes-Stadion nicht den Kriterien der Bundesliga entspricht, wird Wattens notgedrungen in das Tivolistadion übersiedeln. Es bleibt freilich abzuwarten, ob der Klub in Innsbruck heimisch wird, vor allem auch heimisch werden kann. Schon der FC Wacker Innsbruck, der traditionell über eine deutlich höhere Fangemeinde verfügt, spielte zuletzt meist nur mehr vor 4000 Besuchern. Über solche Besucherzahlen würden sie in Wattens allerdings schon jubeln. "Ich kann mir gut vorstellen, dass bei unseren ersten Heimspielen einiges los sein wird", sagt Sportchef Stefan Köck, der zugleich aber auch zu bedenken gibt: "Jeder weiß, wie leer dieses Stadion wirkt, wenn dort im Dezember dann vielleicht nur 2000 Leute kommen."

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Stefan Köck ist den ganzen Weg von der Regionalliga in die Bundesliga mitgegangen. Gleiches gilt für Thomas Silberberger, der seit 2013 in Wattens auf dem Trainerstuhl sitzt und damit im österreichischen Profifußball mit Abstand der Coach mit der längsten Dienstzeit ist. Köck und Silberberger bekamen von ihrer Präsidentin die nötige Zeit, um über die Jahre die Mannschaft Schritt für Schritt weiter zu entwickeln und bundesligafit zu machen. Es ist kein Zufall, dass einige der Leistungsträger von heute (Tormann Ferdinand Oswald, Antreiber Florian Toplitsch, Goalgetter Benjamin Pranter) schon seit Regionalliga-Zeiten beim Aufsteiger unter Vertrag stehen.

Ob dieses Gerüst allerdings reicht, um auch in der Bundesliga konkurrenzfähig zu sein?

Frische Kräfte

Mit dem Aufstieg verlängern sich beim Gros der Mannschaft automatisch die Verträge. "Wir wollen auch jenen Spielern das Vertrauen schenken, die dieses Ziel erreicht haben", sagt Stefan Köck. Trotzdem wird es unumgänglich sein, das Team auf etlichen Positionen zu verstärken. "Wir brauchen für unsere Achse sicher einen Innenverteidiger, einen zentralen Mittelfeldspieler und einen Stürmer", erklärt der Sportchef. Dass man in Wattens unter anderem auch über eine Verpflichtung von Wacker-Goalgetter Zlatko Dedic nachdenkt, ist ein offenes Geheimnis. Wobei Stefan Köck vor allem einheimische Kräfte forcieren möchte. Denn: "Wir müssen auch auf den Österreicher-Topf schauen."

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Ohnehin ist beim Aufsteiger das Geld nicht abgeschafft, wie manche angesichts der Präsidentin aus prominentem Hause vielleicht meinen wollen. Diana Langes-Swarovski ist eine penible Rechnerin und "keine Gamblerin", wie sie im KURIER-Interview unmissverständlich klarstellte. Schon in der Regionalliga wachte sie über das Budget und ließ stets einen Haushaltsplan entwerfen, der am Ende der Saison ein Plus in sechsstelliger Höhe auswarf.

Als Bundesligist pocht sie deshalb nun bei der Tiroler Politik auf eine ähnliche finanzielle Unterstützung, wie sie zuletzt auch Wacker Innsbruck genossen hat. Ein Budget in Höhe von 6 Millionen Euro sollte damit garantiert sein. Dank der guten internationalen Kontakte von Diana Langes-Swarovski könnte freilich noch der eine odere andere Geldgeber an Bord geholt werden. "Je weiter wir oben spielen, desto interessanter wird der Verein", weiß die Präsidentin.

Und desto schwieriger wird es im Umkehrschluss für Wacker Innsbruck. Für den Absteiger aus der Bundesliga wäre es besser gewesen, die Wattener hätten den Aufstieg nicht geschafft. So richtet sich nun der Fokus auf den neuen WSG Swarovski Tirol, auch viele Sponsormittel der landesnahen Unternehmen dürften von Wacker zum Lokalrivalen umgeleitet werden. Der FC Wacker gratulierte via Facebook zum Aufstieg und schrieb dabei nicht ohne Selbstironie: "Bundesliga kann nicht jeder." Die Empörung im Netz war so groß, dass der Verein den Eintrag schließlich löschte.

Aufsteiger Wattens: Eine graue Maus mit Potenzial

Wattens in der Bundesliga, Wacker nur mehr zweitklassig - in dieser Konstellation wird für die Innsbrucker die Rückkehr in die Bundesliga schwierig. Zumal auch nicht damit zu rechnen ist, dass Diana Langes-Swarovski bald einmal die Freude an ihrem Hobby wieder verlieren wird. Bis 60 wolle sie das Amt bekleiden, hatte die 47-Jährige im KURIER-Interview gemeint und dabei auch schon neue Ziele ins Auge gefasst. "Den Verein langfristig in der Bundesliga zu etablieren."

Diana Langes-Swarovski ist, Trainer Silberberger hin, Aufstiegsmannschaft her, das Gesicht dieses Vereins. Auch deshalb weil sie sich immer und überall blicken lässt und eine Präsidentin zum Anfassen ist. Das sorgt längst auch international für Aufsehen. Die renommierte Welt am Sonntag widmete Diana Langes-Swarovski zuletzt bereits die Covergeschichte, Ö3-Mann Tom Walek nahm die Präsidentin mit auf seine legendären Wanderungen. Eines scheint jedenfalls gewiss: Der Aufstieg von Wattens in die Bundesliga wird das Interesse an der Fußball-Chefin nicht geringer werden lassen.

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