Arnautovic-Deal: Wie China den Fußball erobern möchte
Marko Arnautovic ist nun also in China am Ball und geht in Schanghai auf Torjagd. In einem Land, das nicht nur wirtschaftlich nach oben strebt, sondern auch eine Fußballnation werden will. Und dafür lassen die Chinesen nichts unversucht. Den Transfer von Arnautovic ließ man sich 25 Millionen Euro kosten, in Shanghai kassiert der 30-Jährige künftig 200.000 Pfund (223.000 Euro) pro Woche.
Zumindest ins berühmte Guinness Buch der Rekorde hat es der chinesische Fußball schon einmal geschafft. Die Kaderschmiede Evergrande in Qingyuan ist die größte Nachwuchsakademie der Welt: 359.000 Quadratmeter, 50 Fußballfelder, 2500 Talente – und eine große Mission. Im Jahr 2026 möchte das Reich der Mitte auch im Fußball im Mittelpunkt stehen.
Dieses ambitionierte Ziel wurde höchstpersönlich von höchster Stelle ausgegeben: Xi Jinping, der fußballfanatische Staatspräsident der Volksrepublik und ballmächtige Generalsekretär der Kommunistischen Partei, ist verantwortlich für die chinesische Feld-Offensive. Die Welt nennt Xi Jinping „Chinas obersten Ultra“, der politische Spielmacher hat einen klaren Matchplan. „Ich habe drei Wünsche: China soll sich für eine Weltmeisterschaft qualifizieren, eine WM austragen und China soll eine WM gewinnen.“
Dazu passt die Direktive, die erst im März von der Regierung in Peking ausgegeben wurde: „Ein Aufleben des Fußballs ist entscheidend auf Chinas Weg zu einer Sportnation. “
Niemandsland
Das sind hohe Ansprüche für das bevölkerungsreichste Land der Welt (1,35 Milliarden Einwohner), das im Fußball bisher ein Niemandsland war. In anderen Sportarten mag die Volksrepublik den Ton angeben, aber die Chinesen und der Fußball – dieser Doppelpass hat noch nie richtig funktioniert.
Bis vor Kurzem gab’s im Riesenreich gerade einmal 100.000 registrierte Jungkicker, erst einmal war ein chinesisches Nationalteam bei einer Weltmeisterschaft am Ball (2002). In der aktuellen FIFA-Rangliste wird China auf Rang 73 geführt, noch hinter Kick-Großmächten wie Jamaika, Guinea oder El Salvador.
Im Politbüro wird das Nationalteam seit Langem nur noch als „Schande“ und „Demütigung“ angesehen. In der Qualifikation für die Weltmeisterschaft 2018 in Russland spielte China keine Rolle und erreichte gegen Hongkong nur zwei torlose Remis.
Wie um alles in der Welt soll dieses Land jemals Fußballweltmeister werden?
50.000 Nachwuchszentren in China
Antwort: Mit den modernsten Stadien, den besten Trainern, den teuersten Spielern und mit einer beispiellosen Fußball-Offensive, wie sie die Welt noch nie gesehen hat. In den kommenden zehn Jahren sollen über das ganze Land verteilt 50.000 Nachwuchszentren entstehen, zehntausende Chinesen werden derzeit zu Fußballtrainern ausgebildet, dazu wurde Fußball in den Schulen als Pflichtfach eingeführt. Alle Ampeln sind auf grün.
Ob das reicht, um aus China eine große Fußballnation zu machen, die künftig asiatische Antworten auf Messi, Ronaldo & Co. liefert?
„Die ersten richtigen Erfolge wird die Akademie wohl erst in fünf bis zehn Jahren hervorbringen.“ Marco Pezzaiuoli mahnte die Chinesen dringend zur Geduld. Der ehemalige Assistent von Joachim Löw leistete von 2014 bis 2017 als Nachwuchskoordinator von Guangzhou Evergrande Entwicklungshilfe. Doch die Erfolge wollen sich nur langsam einstellen.
Der chinesische Fußball ist dringend auf Unterstützung und Wissen aus dem Ausland angewiesen. Denn im Gegensatz zu anderen Sportarten wie Basketball oder Volleyball verfügt das Land aktuell über keinen einzigen Weltklasse-Fußballer. In der Liga geben die Legionäre den Ton an. Die 16 Klubs umfassende Super League wird zumindest von den Fans nicht ins Abseits gestellt. In der abgelaufenen Saison lag der Zuschauerschnitt immerhin bei 24.000 Besuchern. Im Fünf-Jahres-Vergleich (2013 bis 2018) liegt China international auf Platz sechs. Im Vergleich dazu: Österreichs Bundesliga findet sich nur auf Rang 29 wieder.
Bis die eigenen Talente gezüchtet worden sind, soll ein Fußball-Boom entfacht werden. Dafür werfen die Vereine der Super League mit den Millionen nur so um sich. Das Reich der Mitte, es präsentiert sich in diesen Zeiten als Reich der Mittel. Allein in der Saison 2016/'17 investierten die 16 Vereine der Super League mehr als eine halbe Milliarde Euro in neue Spieler, im letzten Jahr waren es immerhin noch 275 Millionen.
24 Millionen Euro im Jahr
Die chinesischen Vereine, bei denen Milliardäre und Konzernchefs das Sagen haben, locken die Fußballer mit Summen, die nicht einmal in England zu verdienen sind, wo ein neuer TV-Vertrag Rekordgagen möglich macht. Schon einige namhafte Kicker sind in der Vergangenheit schwach geworden, aber nicht nur der argentinische Stürmer Carlos Tevez suchte vorzeitig wieder das Weite.
Der Brasilianer Oscar hält es nun schon seit zweieinhalb Jahren in China aus. Der Brasilianer ist Teamkollege von Marko Arnautovic in Schanghai und mit einem Jahresgehalt von 24 Millionen Euro einer der Topverdiener im chinesischen Fußball.
Mit Geld lässt sich offenbar vieles regeln. Fragt sich nur, ob sich auch ein Fußball-WM-Titel erkaufen lässt.
Andererseits: Wer hätte schon jemals daran gedacht, dass einmal
Olympische Winterspiele in Peking (2022) stattfinden würden?
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