Nach dem Bundesliga-Grunddurchgang zog Schlusslicht Altach die Reißleine und ersetzte Coach Miroslav Klose durch Klaus Schmidt. Der 55-jährige Steirer hat sich als Troubleshooter einen Namen gemacht, in den letzten Jahren bewahrte Schmidt Mattersburg, die Admira und Hartberg vor dem Abstieg. Am Samstag startet er mit den Vorarlbergern gegen WSG Tirol in die Quali-Gruppe.
KURIER: Nach Ihnen kann man die Uhr stellen. Im Frühjahr tauchen Sie beständig irgendwo auf.
Klaus Schmidt: Letzte Woche hatten wir die Konferenz der Bundesliga-Trainer, die Kollegen haben da schon gelacht und gesagt: ,Ah, du auch wieder da.’ Ich bin wie ein Eichhörnchen, Winterschlaf, und dann bin ich pünktlich im Frühjahr da.
Man nennt Sie einen Feuerwehrmann. Sind Sie das eigentlich gerne?
Besser einen Ruf als Feuerwehrmann als gar keinen Ruf. Es scheint so, dass ich zumindest eine Qualität als Trainer habe. Es hat bis jetzt immer funktioniert, ich bin mit meinen Teams nie abgestiegen. Das ist ein gewisser Nimbus, den ich mir natürlich erhalten will. Aber die Erwartungen steigen eben auch von Station zu Station.
Inwiefern spüren Sie das?
Es heißt halt dann schnell einmal: Du machst das schon, du schaffst das. Aber ich persönlich sehe das keineswegs als Selbstverständlichkeit, dass das auch wirklich funktioniert. Es gibt immer neue Voraussetzungen, man ist immer massiv unter Druck, und ehrlicherweise ist es bis jetzt auch deshalb immer gut gegangen, weil immer auch eine Portion Glück dabei war. Ich gehe das sehr demütig an. Und nicht mit einer Selbstverständlichkeit nach dem Motto: ,Alles gut, was soll schon groß passieren?’ Weil wenn du das machst, gehörst du sowieso der Katz’.
Wenn Sie zu einem Verein kommen, der in der sportlichen Krise steckt: Gibt es so etwas wie ein Patentrezept?
Nein, wie soll das gehen? Ich hatte halt bisher das Glück, wenn man das so sagen will, dass ich mich immer wieder in so einer Situation beweisen darf und kann. Und es hat halt bis jetzt immer irgendwie funktioniert. Aber es war immer ein anderer Weg, immer ein anderer Zugang, fast immer ein anderes Team. Mir ist wichtig, möglichst schnell einen guten Draht zu den Spielern, zur Mannschaft, zu den Betreuern und zum Umfeld zu finden.
Menschlichkeit als Schlüssel zum Erfolg?
Ich bin das einfach. Das ist der Weg, wie ich mit Leuten umgehe. Und ich traue mich schon zu sagen, dass das bis jetzt gut angekommen ist. Ich bin der Meinung: Wenn man will, dass jemand Leistung bringt, schadet ein bisschen Zuneigung sicher nicht.
Sie könnten auch den harten Hund raushängen lassen.
Das kann durchaus auch funktionieren. Andererseits glaube ich auch nicht, dass ich der absolute Softie bin, der nur mit dem süßen Eierschmäh herumhüpft. Ich will ein Trainer sein, der klar in seinen Aussagen ist und authentisch rüber kommt. Der supersmarte Bussibussi-Boy, das bin ich nicht.
Aus Ihrer Erfahrung: Was macht so ein Abstiegskampf mit den Spielern?
Hoffentlich so wenig wie möglich, denn sonst wird es echt schwierig. Ehrlich gesagt sehe ich das auch nicht als Abstiegskampf, ich nenne das viel lieber Klassenerhaltskampf. Wenn man jeden Tag das Wort Abstiegskampf hört, dann beflügelt das die Spieler nicht unbedingt. Einige können mit dieser Situation besser umgehen, andere weniger gut. Die Aufgabe ist es, möglichst viel Druck von der Mannschaft wegzunehmen.
Und was passiert in solchen intensiven Wochen mit Ihnen als Trainer?
Ich bin am Dienstag vor einer Woche nach Altach gefahren. Seither bin ich unter Strom. Wie ich daheim ins Auto gestiegen bin, war mir klar: Jetzt bin ich auf 180. Ob das so gesund ist, weiß ich nicht. Aber das ist mein Leben und meine Leidenschaft. Und wenn ein Verein glaubt, dass ich in dieser Situation der Richtige bin, dann kriegt er auch das, was ich bin und was ich verkörpere. Ich bin keiner, der das mit 70 Prozent macht.
Bleibt in diesen Wochen Zeit für etwas anderes?
Ich habe mich mehr oder weniger von der Familie abgemeldet. Keine Ahnung, ob ich in den nächsten zehn Wochen einmal heimkomme. Natürlich muss ich schauen, dass ich zwischendurch einmal aus der Mühle herauskomme und irgendwie den Kopf frei kriege. Vielleicht mit Skifahren oder mit Biken – aber das spielt sich eigentlich nur im Stundentakt ab. In Wahrheit bist du rund um die Uhr on fire.
Klingt eigentlich furchtbar.
Ich bin jeden Tag froh, wenn ich aufwache und sagen kann: ,Hey, heute habe ich einmal durchgeschlafen.’ Das ist echt klasse. Ich habe das jetzt schon einige Male mitgemacht. Oft stehe ich um 3 Uhr im Bett und kann nicht schlafen. Das ist eigentlich nicht normal. Aber in der Phase sind wir zum Glück mit Altach noch nicht. Bis jetzt ist noch nichts passiert.
Sind in diesen zehn Partien von den Spielern denn andere Qualitäten gefragt?
Einmal ganz grundsätzlich: wenn einer kicken kann, dann schadet das sicher nicht. Aber es sind in diesen Wochen zusätzliche Qualitäten gefragt. Vielleicht sind es sogar genau jene Qualitäten, die im Herbst im Grunddurchgang irgendwie noch geschlummert haben und verborgen waren. Andererseits ist mir aber auch klar: Wenn die Spieler diese Qualitäten schon gezeigt hätten, dann hätte der Verein jetzt mit Sicherheit einige Punkte mehr – und dann wäre ich jetzt wahrscheinlich auch nicht hier.
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