Djokovic lässt Thiem keine Chance

Der Serbe fegt den Österreicher im Halbfinale der French Open vom Platz.

Es ist womöglich der dümmste Satz, der da lautet: Man kann auch aus Niederlagen etwas mitnehmen (im Falle der Tennisspieler die gepackten Sachen). Und dennoch gab es im Fall Dominic Thiem trotz der 2:6-1:6-4:6-Niederlage gegen Novak Djokovic positive Erkenntnisse: Zum einen konnte der erst 22-jährige Niederösterreicher den derzeit mit Abstand besten Spieler fordern (auch, wenn es das Ergebnis nicht unmittelbar ausdrückt), zum anderen hat Österreichs Bester auch am Freitgag wieder gemerkt, dass die Fans sein Spiel lieben. „Domi“-Rufe wurden abgelöst von „Dominic“-Rufen. Eher seltener machte sich die Gegnerpartei bemerkbar, auch wenn einige serbische Fahnen herumhingen am Court Suzanne Lenglen.

Vor allem, als Thiem im dritten Satz sein erstes Break gelang, war im prall gefüllten zweitgrößten Court die Stimmung überschwänglich. Wackelt der „Favorit“ doch, kommt der „Außenseiter“ noch besser in Fahrt, als er es ohnehin schon ist? 3:0 stand es auf einmal. Doch Joke-ovic, wie er aufgrund seiner Jux-Einlagen genannt wird, verstand keinen Spaß und gewann auch diesen Satz. Danach aber wieder, als er mit den Ballmädchen herumhüpfte.

Thiem war nicht zum Blödeln. Er unterhält auf andere Weise. Weil er Schläge auspackte, nach denen er nicht nur Beifall vom Publikum, sondern vom mächtigen Gegner selbst erhielt. Und er diktierte auch viele Ballwechsel, spielte härtere Schläge als der Serbe, aber, wie es meist so ist: Die Big-Points machen die Großen. Djokovic streute immer wieder Stoppbälle ein, um Tempo aus der Partie zu nehmen. Mit Erfolg. Und die Nummer eins peitschte sich immer mehr nach vorne. „Er ist eben der Beste“, sagt ein österreichischer Tennis- und Thiem-Fan, „sehenswert war es dennoch.“

Der Court Suzanne Lenglen erfuhr also doch keine zweite österreichische Sensation. 2010 hatte Jürgen Melzer dort im Viertelfinale Djokovic in fünf Sätzen besiegt und für Aufsehen gesorgt, auch, wenn der Serbe damals nur drittbester Spieler der Welt war. Jetzt ist er die Nummer eins und vom großen Traum, den Karriere-Slam (Siege bei allen vier Grand-Slam-Turnieren) zu holen, nur noch einen Schritt entfernt. Am Sonntag ist Andy Murray der Gegner, der sich gegen Stan Wawrinka durchsetzte. Der als Nummer zwei gesetzte Schotte schaltete den Schweizer Titelverteidiger 6:4,6:2,4:6,6:2 aus.

Faktor Zeit

Thiem hat noch alles vor sich. Siege, Niederlagen, Triumphe, Tränen. Man wird Österreichs Topmann wohl nun regelmäßiger gegen die Besten sehen, weil er dazugehört. Ab Montag wird er im Ranking Platz sieben einnehmen. Aber vor allem gibt er ein Versprechen für die Zukunft ab. Denn das Durchschnittsalter der Top Ten wird am Montag 28,5 Jahre betragen. Trotz Thiem.

Spielfilm: So liefen die French Open für Dominic Thiem

Dominic Thiem zeigte sich nach seinem Halbfinal-Aus enttäuscht, erkannte aber auch die starke Leistung von Djokovic an. "Er war einfach zu stark heute, das muss man ganz klar so sagen. Einerseits, weil er wirklich gut gespielt hat, andererseits, weil ich ihm auch das Leben teilweise zu einfach gemacht habe. Alles in allem war ich einfach chancenlos", gestand Thiem.

Auch eine 3:0-Führung im dritten Satz, als er auch etwas weniger Eigenfehler begangen hatte, konnte Thiem nicht nützen. "Ich habe mir schon gestern sehr schwer mit dem Aufschlag getan, weil David Goffin und Djokovic zwei der besten Returnspieler sind. Ich brauche halt die Offensive, damit ich gut spielen kann." Sowohl Goffin als auch noch viel mehr Djokovic hätten ihm dank starker Returns wenig Chancen gegeben, in diese Offensiv-Position zu gelangen. "Deshalb haben sie mir meine größte Waffe genommen."

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