Corona-Notstand und schlechte Stimmung: Die Baustellen vor Olympia
Längst errichtet sind die Sportstätten und das olympische Dorf, schon lange fertiggestellt ist die Infrastruktur für die Olympischen Spiele 2020, die nun ab 23. Juli 2021 in der Metropolregion Tokio mit ihren 38 Millionen Einwohnern stattfinden sollen. Doch die Corona-Pandemie wirft einen riesigen Schatten über das größte Sportereignis der Welt neben der Fußball-Weltmeisterschaft. Das sind die fünf wichtigsten Baustellen.
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Der Notstand
Angesichts weiter steigender Infektionszahlen weitet Japan den Corona-Notstand nochmals aus. In den Präfekturen Hokkaido, Okayama und Hiroshima müssen bis 31. Mai nun auch strengere Restriktionen umgesetzt werden. Erst kürzlich hatte die Regierung den Notstand in Tokio verlängert.
Ein Notstand bedeutet in Japan allerdings nicht „Lockdown“. Restaurants und Bars sollen keinen Alkohol ausschenken und schon um 20 Uhr schließen, Unternehmen sollen Heimarbeit ermöglichen. Kaufhäuser und Kinos sollen geschlossen bleiben oder früher schließen. Veranstaltungen sind mit höchstens 5.000 Zuschauern erlaubt.
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Die Impfung
Die Nordinselpräfektur Hokkaido, in der die Marathons stattfinden sollen, meldete am Donnerstag einen Rekord von 712 Fällen, während Tokio 1.010 Fälle hatte. In Japan wurden bisher insgesamt rund 656.000 Infektionsfälle mit 11.161 Todesfällen bestätigt. Gemessen an den 125 Millionen Einwohnern ist das wenig, allerdings hinkt man bei den Impfungen hinterher. Erst 1,24 Prozent der Bevölkerung sind komplett geimpft. Damit liegt das Land hinter allen anderen Industriestaaten zurück, obwohl das Durchschnittsalter der Bevölkerung sehr hoch ist. Bei den rund 11.000 Aktiven rechnet man hingegen mit einer hohen Impfquote.
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Die Trainingslager
528 Gemeinden hatten sich ursprünglich als „Host Town“ angeboten, um Trainingslager anzubieten und den Athleten den kulturellen Austausch zu ermöglichen. 30 bis 40 davon haben ihr Angebot nun zurückgezogen. Zu einem Engpass wird es aber nicht kommen. Etliche Delegationen haben von sich aus beschlossen, die Vorbereitung nicht in Japan zu absolvieren. So verzichten etwa die US-Leichtathleten aus Sorge um die Sicherheit der Sportler auf das Trainingslager in Tokios Nachbarprovinz Chiba. Von den Österreichern betroffen sind die Judokas, deren zweiwöchiges Trainingslager in Hanamaki City abgesagt wurde. Sie werden die Vorbereitung nun in Europa abhalten.
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Die Freiwilligen
„Sichere“ und „geschützte“ Spiele haben die Olympiamacher den Athleten versprochen. Die äußerst strikten Verhaltensregeln sind in den „Playbooks“ für Sportler, Betreuer, Funktionäre und Medienmitarbeiter zusammengefasst. Doch die größte Personengruppe wurde bisher übersehen – die 78.000 Freiwilligen, die unter anderem beim Verleihen der Medaillen und beim Betreuen der Delegationen helfen. Weder eine Impfung noch Tests sind vorgesehen. Das könnte zu einem Problem werden, denn die Freiwilligen pendeln als einzige Gruppe zwischen den Schutzblasen um die Sportler sowie der japanischen Außenwelt hin und her.
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Die Stimmung
Schon vor einem Jahr war die Zustimmung innerhalb der Bevölkerung zu Olympia nicht überragend. Doch seit der Verschiebung auf 2021 ist die Stimmung komplett gekippt. 350.000 Personen haben die Petition „Stop Tokyo Olympics“ unterschrieben und Tokios Gouverneurin Yuriko Koike überreicht, die für die Organisation verantwortlich ist. Kenji Utsunomiya, ein Anwalt und Ersteller der Petition, sagte, dass Olympia nur stattfinden solle, wenn man die Besucher und Athleten von ganzem Herzen dazu begrüßen könne. „In dieser Situation sind wir nicht, daher sollten die Spiele abgesagt werden.“ Wertvolle medizinische Ressourcen würden zu den Sommerspielen umgeleitet werden. Dies bestätigt auch die Vereinigung japanischer Krankenhausärzte, die wissen lässt: „Es ist in der Pandemie unmöglich, sichere und geschützte Spiele abzuhalten.“
IOC-Sprecher Mark Adams erklärte: „Wir nehmen die öffentliche Meinung zur Kenntnis.“ Es sei eine „sehr schwere Zeit für alle“. Aber: „Wir bewegen uns mit Volldampf voran. Die Spiele können stattfinden, und sie werden stattfinden.“
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