Gold für "Chinese Taipei"? Warum Taiwan bei Olympia unter falschem Namen aufläuft
Es hatte so kommen müssen. Die Badminton-Stars Lee Yang und Wang Chi-lin, die schon 2020 bei den Olympischen Spielen in Tokio Gold im Doppel geholt hatten, standen am Samstagabend in Paris erneut im Finale. Schon wieder trafen sie dabei auf ein Duo aus China, wieder holten Lee und Wang Gold - und wieder durften sie trotzdem die Hymne ihres Landes nicht hören.
Denn Lee und Wang sind aus Taiwan. Jener Insel, die seit Jahrzehnten von China beansprucht wird und deshalb von den meisten Ländern der Welt nicht als Staat anerkannt wird, obwohl sie seit 1949 de-facto unabhängig ist. Auch bei den Olympischen Spielen gibt es deshalb kein Team Taiwan - stattdessen treten Lee und Wang für "Chinese Taipei" an.
Erfundener Name, erfundene Flagge, erfundene Hymne
Auf diesen Kompromiss hat sich die Regierung der Insel 1981 eingelassen, damit überhaupt wieder taiwanische Athleten an den Spielen teilnehmen dürfen. Dafür hat man nicht nur den neuen Namen erfunden, sondern auch eine eigene Flagge: Sie zeigt die olympischen Ringe in einer Pflaumenblüte.
Auch die taiwanische Nationalhymne ist nicht zugelassen, stattdessen erklingt bei Siegen die "Hymne des olympischen Komittees von Chinesisch-Taipeh": Ein eigens komponiertes Stück, das lediglich die Melodie eines taiwanischen Volksliedes nutzt. Eine ständige Erinnerung "an die brutale Realität", wie die taiwanische Journalistin Liu Tingting auf X schreibt.
Fan wegen "Go Taiwan"-Banner aus dem Stadion geworfen
Denn wer sich nicht an die Vorgaben hält, wird vom Internationalen Olympischen Komittee (IOC) bestraft. Wie CNN berichtet, hielt ein Fan während des Badminton-Finalspiels ein grünes Banner mit der Aufschrift "Go Taiwan" hoch - und wurde dafür vom Sicherheitsdienst aus dem Stadion geworfen.
Auf eine Beschwerde des taiwanischen Außenministeriums reagierte das IOC mit dem Hinweis, es seien "nur Flaggen von teilnehmenden Ländern und Territorien" zugelassen.
Umso bedeutsamer ist es angesichts dieser Umstände für viele Taiwaner, wenn ihre Sportler bei den Olympischen Spielen Medaillen holen und damit der Welt das besondere Schicksal der Insel vor Augen führen. Dass Lee und Wang den entscheidenden Sieg ausgerechnet gegen das chinesische Team holten, wurde in Taiwan frenetisch gefeiert.
"Es war ein ziemlich surrealer Moment im Pariser Stadion", schreibt Liu Tingting. Als die vielen taiwanischen Fans die erfundene Hymne mitsangen, habe das gezeigt: "Ihr könnt uns unsere Flagge, unsere Hymne, unsere Banner und unseren Namen nehmen, aber nicht unsere Stimmen und unsere Goldmedaille."
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