Hilde Dalik: "Ich muss nicht irrsinnig fesch ausschauen“
Die „Vorstadtweiber“ biegen im ORF schön langsam in die Zielgerade ein. Auch für Hilde Dalik war es eine Erfolgsserie: Die Rolle der Vanessa Schwarz bescherte der Schauspielerin noch größere Bekanntheit und 2018 ihre erste ROMY-Statuette.
„Meine erste ROMY war der erste Preis, den ich für Schauspiel überhaupt bekommen habe. Und darüber habe ich mich schon sehr gefreut“, sagt die 43-Jährige. Die neuerliche Nominierung nahm sie ebenfalls freudig auf: „Wenn man für eine Produktion nominiert wird, die man sehr gern gemacht hat, freut man sich umso mehr. Und so freut es mich jetzt wieder doppelt, dass diese Rolle offenbar so gut ankommt.“
Höhen und Tiefen
Ab Staffel 2 verkörperte sie diese Vanessa Schwarz, die mit allen möglichen und unmöglichen (bzw. illegalen) Mitteln versucht hat, in den Kreis der Döblinger Damen-Clique aufgenommen zu werden.
„Für mich war es eine Freude und ein Privileg, dass man eine Figur so lange verkörpern darf. Mit all ihren Höhen und Tiefen, mit allen verworrenen Wendungen“, sagt Dalik.
In der sechsten und letzten Staffel traf man Vanessa zunächst in einer geschlossenen Anstalt. Um dem Gefängnis zu entgehen, gab sie vor, übergeschnappt zu sein und benahm sich wie Madame Pompadour. Mittlerweile habe die historische Figur aber „von ihr Besitz ergriffen, wie ein Alien“, meint Dalik. Vanessa sehe das als Fluchtmöglichkeit, als „Ort der Fantasie, der ihr Kraft gibt“.
Die Verwandlung brachte mit sich, dass Dalik alte, unförmige Klamotten und zerzaustes Haar tragen musste, sie wurde auch sehr verlebt geschminkt. Ob sie das als mutig empfand?
Dalik: „Ich habe mich sehr wohl gefühlt. Ich hab’ es auch nicht als mutig empfunden, weil ich fand, dass dieses Zerzauste super für die Rolle passt. Mich reizt eine Rolle umso mehr, je mehr man sich verändern kann. Ich muss nicht irrsinnig fesch ausschauen, darum geht es ja nicht. Es geht darum, meine Rolle möglichst authentisch zu verkörpern.“
Kein Problem
Sie sei überhaupt „für jede Veränderung dankbar, die eine Figur mit sich bringt. Da kann man mehr die Figur sein, auch übers Äußere.“ Mit ihrer Verwandlung habe sie daher „überhaupt. kein. Problem.“
In der finalen Staffel werden auch Alterserscheinungen zum Thema. Dalik, selbst Jungmama, kann es verstehen, „wenn man Schwierigkeiten damit hat. Der Körper verändert sich mit den Jahren, speziell, wenn man ein Kind bekommen hat. Für Vanessa ist es kein Problem, und für mich auch nicht. Ich freue mich tatsächlich auf das, was auf mich zukommt.“
Es sei „noch immer so, dass Frauen eingeimpft wird, dass sie gefallen sollen“, sagt Dalik, „aber ich finde Frauen ab vierzig total interessant und finde es schade, dass es wenige Filme oder Serien gibt, die sich Hauptfiguren mit diesem Alter widmen. Es wird ein gewisser Ausschnitt der Welt erzählt, aber die Welt ist vielfältiger.“
Projekt für Flüchtlinge
Für Vielfalt engagiert sich Dalik seit Jahren auch neben ihrem Beruf, indem sie mit Kolleginnen und Kollegen das Flüchtlingsprojekt Chong gründete, ein Verein für Theater und soziales Engagement.
Die Pandemie habe die Tätigkeit stark beeinflusst. Derzeit gebe es keinen Deutsch-Gruppenunterricht und auch keine Theaterarbeit mit den Jugendlichen. Aber die Vereinsarbeit ruhe deswegen nicht, erzählt Dalik, „wenn es zum Beispiel darum geht, dringend eine Wohnung oder einen Rechtsanwalt zu finden, hängt man stundenlang am Telefon“.
Die Covid-Krise habe auch viel Aufmerksamkeit vom Thema abgezogen, meint Dalik, „aber die Katastrophe an den EU-Außengrenzen besteht weiterhin. Es gibt noch Spenden, aber es wird nicht leichter. Es ist auch schwieriger, Benefizveranstaltungen zu machen.“
Dass es nun, nach zwei Jahren Pause, am 23. April wieder eine ROMY-Gala gibt, freut die Schauspielerin: „Ich finde es wichtig, den Film zu feiern und hochleben zu lassen. Länder wie Italien und Frankreich feiern ja auch ihre Stars. Ich finde, man kann sich freuen über die heimischen Filme und kann ruhig mehr österreichische Filme im Fernsehen zeigen.“
Blackout
Zum Beispiel die Serie „Alles finster“, die dieses Jahr im ORF anlaufen soll. Dalik spielt gemeinsam mit Martina Ebm, Miriam Fussenegger und Martin Windisch, die junge Drehbuchautorin Gina Kolland schrieb die Serie um ein kleines Dorf, das von einem Total-Blackout betroffen ist. „Man sieht, wie die Leute in diesem Mikrokosmos mit so einer Extremsituation umgehen“, erzählt Dalik.
Im Mai kommt die Komödie „Der Onkel – The Hawk“ in die Kinos. Dort ist sie – „als Krankenschwester, die ein bisschen eigenartig ist“ – an der Seite von Lebenspartner Michael Ostrowski zu sehen, der mit Helmut Köpping auch Buch und Regie verantwortet.
Der Dreh sei trotz aller Professionalität „tatsächlich sehr lustig“ gewesen, auch durch Ostrowski, Simon Schwarz und Comedy-Star Anke Engelke. „Die sind wirklich sehr lustig“, meint Dalik. „Da gab es zum Beispiel eine Watschenszene, wo Anke nicht mehr aus dem Lachen herausgekommen ist.“
Rückkehr ans Theater?
Szenen am Theater mit Dalik sieht man derzeit nicht. An der Josefstadt, wo sie ab 2006 zehn Jahre im Ensemble verankert war, habe sie gekündigt, „weil mir keine guten Rollen mehr angeboten wurden. Ich würde sofort wieder dort spielen, nur muss es eine Rolle sein, die mich künstlerisch fordert. Sonst sitze ich nur meine Zeit ab, und das wäre langweilig.“
Wieder mit Gala
Am 23. April wird Österreichs größter Film- und Fernsehpreis wieder bei einer glanzvollen Gala in der Hofburg verliehen. ORF2 überträgt die 33. ROMY-Ausgabe live-zeitversetzt.
45 Nominierte
in neun Kategorien stehen zur Wahl. In der Kategorie Beliebteste Schauspielerin Serie/Reihe sind neben Hilde Dalik die Kolleginnen Valerie Huber, Désirée Nosbusch, Stefanie Reinsperger und Margarethe Tiesel nominiert.
Das Voting läuft
Bis 20. März kann für die Nominierten abgestimmt werden. Täglich kann eine Stimme pro Kategorie auf ROMY.at vergeben werden.
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