Aug’ in Aug’ mit schlafenden Riesen

Aug’ in Aug’ mit schlafenden Riesen
Bei seiner ersten Bergwanderung wird der 15 Monate alte Entdecker spielend müde.

Ein guter Bergsteiger ist ein alter Bergsteiger. Weil er nachweislich Risiko gut einschätzt. Als Bergdebütant Valentin von der Terrasse der Gablonzerhütte die Dachstein-Gletscher in der Ferne betrachtet, sieht er viel Weiß, aber kein Risiko. 15 Monate alte Entdecker sehen so etwas nicht. Er sieht Vögel. Zieht Wiesengerüche durch die Nase und riesige graue Steine zaubern ihm ein Grinsen ins Gesicht. Vor ihm mündet eine steile Wand im Gipfelkreuz des Großen Donnerkogels. Siebenhundert Meter weit unter ihm wirkt der große Gosausee wie eine Badewanne. Valentin krabbelt eilig auf der Almwiese Richtung Abhang und blickt seinen Vater an. Der erkennt in den großen Augen, dass Valentins Gedanken gerade Flügel bekommen.

Zeit, dem Sohn die Wurzeln zu geben, die man am Berg braucht. Der Vater schnappt Valentin, bevor er zu einer Menschenlawine wird, die erst der Gosausee aufhalten würde.

Der Gosaukamm bildet die Grenze von Salzburg und Oberösterreich und ist ein vielfältiges Wandergebiet. Hier können die einen in High Heels auf Asphalt am Gosausee flanieren, während die anderen mit Kletterseilen die schroffen Zacken des Kammes besteigen. Für alle dazwischen gibt es alle Schwierigkeitsgrade. Neo-Alpinist Valentin etwa hat sich auf den Herrenweg gefreut. Der führt in knapp vier Stunden vom Ort Gosau zum Kamm hinauf – über Waldsteige, Forststraßen und Wanderwege. Eine Halbtagestour mit 800 Höhenmetern, die leicht zur Tagestour wird. Wenn man die Füße von Holzbrücken aus in Bächen baumelt lässt. Oder ein Picknick auf einer Lichtung einlegt, wo Valentin Tannenzapfen und Moosflechten zum spielerischen Leben wecken wollte.

Breite Wege

Aug’ in Aug’ mit schlafenden Riesen
Reisestress: 2 von 5 Punkte
Kinderprogramm: 1 von 5 Punkte
Abenteuer & Eindrücke: 4 von 5 Punkte
Preis: 1,5 von 5 Punkte
Aber an Valentins Anreisetag regnet es und so entscheidet sich sein Vater für die Gosaukammbahn statt der Wanderung. Die Fahrt mit der steilen Seilbahn ist auch aufregend. Und wer früh auf der Hütte ist, hat mehr Zeit zum Spielen. Denn dank des herzlichen Wirts Roland und seiner Tochter Anna-Carina gibt es auf der Gablonzerhütte auch Schaukel und Rutsche für kleine Valentins.

Die Hütte eignet sich als Quartier sogar für jene, die nur spazieren gehen wollen. Die Wanderregion Dachstein West erstreckt sich hier wie ein Plateau ohne viele Höhenmeter von Alm zu Alm, es gibt gratis Leih-Kinderwägen, Doppel-Sonnenliegen und Wiesen, in denen Kinder hervorragend Wurzeln schlagen können. Und Müdigkeit stellt sich auf 1600 Meter auch schon ein, wenn man nur den Almenrundweg geht.

"Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel." Johann Wolfgang von Goethe (deutscher Dichter, 18./19. Jh.)

Steile Steige

Valentins Nächte sind trotzdem nicht störungsfrei. Höhenluft treibt nämlich den Stoffwechsel an. Das Ergebnis: Zwei volle Luluwindeln und zwei nächtliche Flascherl für einen Valentin, der seit Monaten durchschläft.

Aug’ in Aug’ mit schlafenden Riesen
Für geübtere Bergwanderer ist die Gablonzerhütte meistens der Ausgangspunkt zur Gosaukamm-Umrundung – oder zumindest einen Teil davon. Die wirkt auf den ersten Blick sanft, aber schon der Weg zur Stuhlalm ist mit Kind am Rücken durchaus eine Herausforderung, ein schmaler Steig durch steile Schotterfelder. Echte Bergbeginner sollten den Weg mit Respekt angehen. Zwerg Valentin etwa schläft ein, während sein Vater rhythmisch an den schlafenden Gipfelriesen des Kamms entlangschnauft. Er wacht erst nach zwei Stunden wieder auf. Rechtzeitig, um die Aussicht auf Tennengebirge und Richtung Hochkönig, bis zu den Hohen Tauern, zu genießen. Und um bei der Stuhlalm einen Kaiserschmarrn zu naschen.

Den hat er sich nach diesem Marsch nämlich verdient, könnte Valentins Blick bedeuten. Und während der Vater das Kind aus der Rückentrage schält, freut er sich mild lächelnd, dass dem Sohn die Berge auch gefallen.

Aug’ in Aug’ mit schlafenden Riesen
Anreise

Nach Gosau Ort z. B. per Zug und Bus. Anschlüsse gibt es ab Attnang-Pucheim (rund 1:40 Stunden bis Gosau) oder Golling-Abtenau (rund 1:20 Stunden, je einmal umsteigen).
Auto: Über A1 (GmundenBad IschlBad Goisern) oder A 10 (Golling – Abtenau – Pass Gschütt).Bei der Gosaukammbahn kann man sein Auto gratis parken.
– Betriebszeiten der Seilbahn: täglich 8.15-16.50 Uhr alle 15 Min., einfache Fahrt für Erwachsene 9 €, Berg- und Talfahrt 13,50 €

Unterkünfte

In Gosau gibt es viele Hotels und Pensionen. Am Beginn des Herrenweg zum Gosaukamm liegt etwa der Brandwirt, Sommer DZ/F ab 35 €/Person, www.brandwirt.at
– Als Ausgangspunkt für Tagestouren auf dem Gosaukamm liegt die Gablonzerhütte perfekt – fünf Minuten von der Seilbahn, ÜN im Zimmer für erwachsene Nicht-Alpenvereins-Mitglieder 26 €, im Lager 19,50 €, www.gablonzerhuette.at

Tourmöglichkeiten

– Rund um den Gosausee (Kinderwagentauglich rund 1 Stunde)
– Almenwanderung ab Seilbahn Bergstation (Kinderwagentauglich, rund 2,5 Stunden)
Herrenweg, GosauGablonzerhütte (rund 4 Stunden)
– Austriaweg GablonzerhütteStuhlalm (rund. 2,5 Stunden)
– Die Umrundung des Gosaukamms dauert rund 10 Stunden, ÜN auf der Hofpürglhütte.

Nähere Informationen zu Gosaukammbahn und Wandermöglichkeiten auf www.dachstein.at

Gondel, Bahn oder Schiff werden für den Gipfelsieg zur Hilfe genommen: Im neuen Buch "Wandern für Faule" beschreiben Christine und Michael Hlatky 42 bequeme Touren in Kärnten und in der Steiermark. Für jede Wanderung wird Anreise, Charakteristik, Kinder- und Hundefreundlichkeit beschrieben. Wir zeigen Ihnen fünf davon:

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