Zu Madrid haben viele außer "Museo del Prado" nichts zu sagen. Wenige können eine zweite Sehenswürdigkeit der spanischen Hauptstadt nennen. Oder den Fluss Manzanares, der durch Madrid fließt – und tatsächlich mehr Donaukanal als Donau ähnelt. Kaum jemand weiß, dass Madrid mit 667 Meter die höchstgelegene Hauptstadt und mit 3,2 Millionen Einwohner die drittgrößte Stadt der EU ist.
Aber heute reden alle über Madrid. Über Fußball: gestern Abend, Atlético gegen Real, zwei Vereine derselben Stadt im Finale der Champions League, das gab es noch nie. Heute nehmen alle den Namen einer Metropole in den Mund, deren Besonderheit man erst entdecken muss. Das hat Vorteile: Während man in anderen Städten oft nur Bilder aus dem Kopf abschreitet – ah, der Eiffelturm/die englischen Wachen/das Forum Romanum, wirklich so imposant/regungslos/verfallen wie auf den Fotos –, überrascht einen Madrid mit unbekannt Neuem. Alte Fassaden, freundliche Menschen, unfassbares Essen. Der Kurz-Städtetrip wird so zur leichtfüßigen Horizonterweiterung statt zur Bildungs-Checkliste. Und daher bestimmt hier der vierzehnmonatige Valentin das Programm. Nur den Prado muss er ertragen. Dazu später.
"Als Kind ist jeder ein Künstler. Die Schwierigkeit liegt darin, als Erwachsener einer zu bleiben."
Mein Sohn erkennt schnell das Geheimnis Madrids: Parks. Erwachsene Reisende empfinden es oft als Verschwendung, in der Ferne im Gras zu liegen. Aber die Madrilenen rekeln sich sogar im gestriegelten "Parque del Buen Retiro" spärlich bekleidet wie unsereins im Freibad. Und schauen Touristenlemmingen auf dem Wasserbecken zu, die eine 45-minütige 7,50-€-Bootsfahrt machen. Der Retiro mit seinen Statuen ist das Prunkstück der gepflegten Madrider Parks. Wobei ihm die neu gestaltete Flüsschen-Promenade "MadridRío" Konkurrenz macht: 8500 Laternen, 5500 Bänke, 33.000 Bäume – Touristen werden künftig den Flussnamen wissen, derzeit wirkt die Szene aber noch steril. Daran ändern auch zwei schmusende Madrilenen nicht, die Valentin anplappert.
Unterhalb des üppigen, und doch unscheinbaren "Palacio Real" stößt die Neu-Flussnatur auf eine echte Stadtwildnis: Der "Casa de Campo" ist den Madrilenen, was Wienern der Prater ist: wuchernde Wege, Hügel, ein See, der Vergnügungspark (Parque de Atracciones) und der "Zoo Aquarium de Madrid". Die naturbelassenen Wege sind zwar etwas fürs Gemüt, aber nichts für Valentins Schlaf. Macht nichts, oder wie der Spanier sagt: No pasa nada! Umso tiefer schläft der Sohn, als am Abend Atlético Madrid Fußballmeister wird, nächtliches Hupen und Schlachtgesänge beschäftigen nur den Vater. Der steht auf dem Hotelbalkon über der Zentrums-nahen Calle Gran Vía und denkt gegen drei Uhr: Eine südeuropäische Stadt zum Meisterschaftsfinale zu besuchen, ist wie die Kirschblüte-Zeit in Japan – ein eindrucksvolles Erlebnis, aber irgendwann ist’s dann auch wieder gut, gell.
Picassos Geist
So mag es tags darauf am müden Grant des Vaters liegen, als der Sohn die Kunst im Prado nur mäßig schätzt. Dabei macht die Ablagefläche eines Kinderbuggys stundenlanges Bilderanschauen erträglicher, doch Valentin will sich weder von Goya noch Tizian noch Rubens oder Rembrandt überzeugen lassen. Sein Vater, ebenfalls Banause, trottet aus dem – ursprünglich als naturwissenschaftliche Sammlung erbauten und von drei Millionen Menschen jährlich bewunderten – Museum Richtung Park. Beim Ausgang grinst Valentin und denkt wohl an Pablo Picasso. Der besuchte selbst oft den Prado und sagte einmal: "Ich brauchte ein Leben lang, um so zu malen wie die Kinder."
AnreiseMadrid ist in den Monaten Juli und August am günstigsten, ab September steigen die Preise für Flug und Übernachtung. Flug ab Wien z. B. mit Niki (mehrmals täglich, Flugzeit 3 h, gutes Kinderservice mit Baby- nahrung). Details:www.flyniki.com. Direkt am Flughafen hält die U-Bahn.
Programm Im Museo del Prado (Ticketpreis 14 €, ermäßigt 7 €, unter 18 Jahren frei) ist Mo.–Sa. ab 18 Uhr, So. und Feiertag ab 17 Uhr freier Eintritt. Öffnungszeiten Mo.– Sa. 10–20 Uhr, So. und Feiertag bis 19 Uhr. Aktuelle Ausstellungen siehe: www.museodelprado.es
Hotel-Tipp Sehr zentral gelegen bietet das 4*-Hotel H10 Villa de la Reina guten Service und großes Frühstücksbuffet. 2 Nächte im DZ/Frühstück ab 97 € p. P. Tipp: Manchmal sind Junior Suiten mit Balkon und toller Aussicht günstig zu buchen. www.h10hotels.com
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