Sommerurlaub im Winter

Der kleine Meerjungmann in Kopenhagen.
Einem acht Monate alten Bub gefällt ein Sommerhaus auch im November. Aber wenn Papa Strand und Autokarussell für Highlights hält, irrt er. Wo es doch Fischaugen, Feuer und Rentierfelle zu entdecken gibt.

Darum liebe ich die Kinder,weil sie die Welt und sich selbst noch im schönen Zauberspiegel ihrer Phantasie sehen." - Theodor Storm (dt. Schriftsteller, 19. Jh.)

Meeresrauschen ist noch eindrucksvoller, wenn man das Meer nicht sieht. Ich gehe auf die hohe Düne zu, meinen Sohn umgeschnallt, in wenigen Schritten wird Valentin zum ersten Mal das Meer sehen, schwere Schritte im November-feuchten Dänemark-Sand. Als das weite Blau auftaucht, grinse ich unbewusst. Valentin hat die Augen geschlossen und atmet tief. Beeindruckt vom Rauschen. Denke ich mir.

Die schönsten Reisegeschichten liegen neben dem Weg, habe ich bei meiner Österreich-Durchwanderung und auf meiner Weltreise gelernt. Kinder müssen das nicht erst lernen, sie haben den Blick für das Wesentliche. Sie entdecken Momente, an denen Erwachsene vorbeilaufen. Sie finden das entschleunigte Fließen, das wir auf Reisen suchen. Denn Kirchen, Museen oder Postkartenmotive sind immer nur Kulissen, tatsächlich fahren wir weg, um Gerüche, Gespräche und Gefühle zu entdecken.

Also schien mir Dänemark im November perfekt für Valentins erste Reise. Und seinen ersten Kontakt mit dem Meer.

Sommerurlaub im Winter

Katrin Halbhuber, Valentin Halbhuber, Axel Halbhub…
Sommerurlaub im Winter

Katrin Halbhuber, Valentin Halbhuber, Axel Halbhub…
Sommerurlaub im Winter

Katrin Halbhuber, Valentin Halbhuber, Axel Halbhub…
Sommerurlaub im Winter

Katrin Halbhuber, Valentin Halbhuber, Axel Halbhub…
Sommerurlaub im Winter

Katrin Halbhuber, Valentin Halbhuber, Axel Halbhub…
Sommerurlaub im Winter

Katrin Halbhuber, Valentin Halbhuber, Axel Halbhub…
Sommerurlaub im Winter

Katrin Halbhuber, Valentin Halbhuber, Axel Halbhub…
Sommerurlaub im Winter

Katrin Halbhuber, Valentin Halbhuber, Axel Halbhub…
Sommerurlaub im Winter

Katrin Halbhuber, Valentin Halbhuber, Axel Halbhub…
Sommerurlaub im Winter

Katrin Halbhuber, Valentin Halbhuber, Axel Halbhub…

Der kurz- und grauhaarige Eigentümer des Ferienhauses, Peer, versteht das nicht. Gleich bei der Begrüßung platzt es ihm heraus: „Warum mieten Sie ein Sommerhaus im Winter?“ Ich deute auf Valentin, der hinter der Scheibe des Mietautos schläft. „Wir wollen uns im Haus verkriechen, Zeit für uns.“ Meine Frau nickt. Peer schüttelt den Kopf. Und lächelt freundlich. Mir fällt auf, dass alle Dänen immer freundlich lächeln. Er führt mich durch das Haus. Urlaub im IKEA-Prospekt zum Angreifen, sehr gemütlich. Wir werden einheizen und uns hier wohlfühlen.

Wenn man das Haus einmal verlässt, gehört einem die Sommerfrische-Region Odsherred zu dieser Jahreszeit alleine. Auf dem Parkplatz am Ende der Landzunge bei Sjællands Odde, wo es sich wunderbar spazieren lässt, kann man das Auto derzeit quer abstellen. In der Fußgängerzone der Provinzhauptstadt Nykøbing kann man mit dem Kinderwagen große Schleifen fahren. Und im kulinarisch empfehlenswerten Schloss Dragsholm muss man nicht reservieren.

Zeit für Entdeckungen

Einem kleinen Valentin ist egal, ob die Eltern reservieren und sich in Parkplätze quetschen müssen oder nicht. Aber dass der Fischmarkt in Oddenhavn, nahe Sjællands Odde, vereinsamt ist, gefällt ihm. Nicht nur, weil der Blick fischiger Seeungeheuer exklusiv ihm gilt, auch die Verkäuferin des Marktes hat jetzt Zeit für ein Gulligulli auf Dänisch. Im Sommer muss sie sich um Kunden kümmern. „Die stehen dann bis aus der Markthalle raus, bis draußen zum Fahnenmast“, berichtet sie. Im November ist nicht einmal eine Fahne aufgezogen. Und die freundlich lächelnde Verkäuferin hat Zeit zu erzählen. Wie die Fische heißen, wie man sie zubereitet, exotische Infos für einen Binnenländer. Valentin kostet die erste „Fisch-Frikadelle“.

Sogar im Haus ist es im Winter aufregender für Valentin. Er müsste die Faszination des Feuers nicht in einem dänischen Schwedenofen kennenlernen. Aber zu Hause hat er keinen und reist man nicht immer, um Unbekanntes zu entdecken? Die Antwort auf die Frage, was Kinder denn von Reisen mitbekommen sollen, beantworte ich ab jetzt mit dem Bild von Valentin vor dem Schwedenofen. Übrigens sind die Briketts im Geschäft SuperBrugsen in Vig in Aktion.

Tagesziel Kopenhagen

Odsherred ist weit genug von Kopenhagen entfernt, um sich zurückzuziehen. Aber nahe genug für einen Tagesausflug. Man fährt 50 Minuten, es geht auch in 35, allerdings bedarf es großer Mühe und eines Kleinkinds auf der Rückbank, um dänische Polizisten von der Führerscheinabnahme abzubringen.

Das Manövrieren eines Kinderwagens in Kopenhagen ist aus zwei Gründen leicht: Die Menschen weichen aus. Und die Gehsteige sind breit. Übrigens auch die Kinderwägen, da haben Dänen eine andere Philosophie: Kinder sitzen hier bis zum Alter von drei Jahren in den Riesenwannen, dafür parkt das Monstrum immer vor der Türe.

Wer aus dem Café ständig prüfend nach draußen blickt, ob der Kinderwagen eh noch da ist, ist meist Tourist. Dänen vertrauen anderen Dänen.

Beim Mittagessen im pittoresken Nyhavn schauen auch wir nicht mehr nach draußen. In dieser touristischen Hafenidylle Kopenhagens bekommt man im Winter zwar die gleichen geschmacklosen Fischallerlei-Potpourris zu den gleichen geschmacklosen Preisen wie im Sommer, aber garantiert einen Platz. Valentin bekommt sein erstes dänisches Babyfutter, es schmeckt ihm nicht. Reisen ist auch immer eine Sammlung von ersten Malen, garniert mit der Erkenntnis, wovon man kein zweites Mal braucht. Unbedingt ein zweites Mal braucht Valentin den Adventmarkt auf dem Tivoli – die dänische Skurrilität eines innerstädtischen Vergnügungsparks: Toll für Entdecker, Lichter, Rentiere und Rentierfelle zum Angreifen. Aber im Autokarussell hat nur Papa Spaß.

Übrigens begeisterte auch der zweite Meerausflug Valentin nicht. Aber diesmal schaute er hin. Während der eisige Wind ihm die Backen rötete, glaube ich in seinen Augen die Frage gelesen zu haben, ob es hier im Sommer nicht auch schön ist?

Sommerurlaub im Winter

Anreise:Austrian Airlines und Airberlin/Niki fliegen mehrmals täglich von Wien nach Kopenhagen, in der Nebensaison lassen sich auch oft kurzfristig Flüge für unter 90 € pro Person (hin und retour) finden. Für Babys wird ein Euro verrechnet, sie sitzen auf dem Schoß, Valentin bekam eine Quietschente und ein Stoff-Bilderbuch. Nach dem Start hatte er einen eigenen Platz, weil seine Eltern vorab online für einen Gang- und einen Fensterplatz eincheckten, der Mittelsitz blieb frei. Start und Landung können mit Kleinkindern problematisch sein, da sie keinen Druckausgleich machen können. Schnuller oder Fläschchen helfen meist (Druckausgleich beim Schlucken). Valentin hatte keine Probleme, auch nicht beim Rückflug trotz Schnupfens. (Es gibt Nasen- sprays für Kinder, die die Atemwege kurzfristig freilegen).

Ein Mietauto ist notwendig (auf dem Flughafen Kopenhagen-Kastrup gibt es viele Anbieter), sowohl für Anreise als auch Ausflüge und Einkäufe.

Ferienhaus: Schlüssel und Unterlagen holt man auf dem Weg bei „DanCenter“ (www.dancenter.de), Strom- und Wasserstand trägt man selbst in eine Liste ein. Notfallnummer funktioniert (ein defekter Heizkörper wurde repariert). Das Haus „Veddinge Bakker“ (6 Pers.) ist gut ausgestattet, Whirlpool und Sauna benutzt man mit Baby aber eher nicht. Das Meer ist 200 Meter entfernt, Supermarkt und Restaurants 3 Kilometer.

Ausflüge: Die Region gilt zu Recht als Naturjuwel (Vogelbeobachtung, Wanderungen) mit sehr sauberen Stränden und Meer. Im Sommer auch Sportaktivitäten, Zoo, Freibad und Mittelalter-Events. Kopenhagen und Roskilde sind als Tagesausflüge machbar – der Kinderwagen ist beim Sightseeing ein bequemer Stauraum.

Infos: www.visitdenmark.com

Sommerurlaub im Winter

Die Frage, ob Reisen mit Kleinkindern möglich und sinnvoll ist, spaltet sogar die Gruppe hartgesottener Reisender. Die einen bezweifeln, dass Kinder etwas davon mitnehmen. Alles eine Frage der Gestaltung, sagen die anderen. Fremde Gerüche, Geschmäcker, Musik und Menschen bekommen auch sehr kleine Kinder schon mit.

Ich traf auf meiner Weltreise ein junges US-Paar, das mit seiner 15 Monate alten Tochter ein Jahr lang Südamerika entdeckte. Sie erzählten von bunten Märkten, wo die Kleine an Früchten roch, Stoffe angriff und große Augen machte. Von Fremden, die umso herzlicher auf die drei zukamen. Das Paar war sehr reiseerprobt und behauptete, die Welt erst wirklich zu sehen, seit sie sie durch die Augen ihrer Tochter betrachten.

In meinem gerade beginnenden Karenzjahr werde ich mit Valentin ein bisschen Welt entdecken. Im nächsten Serienteil nähern wir uns dem Element Schnee an. Es ist eine Tour durch Zentralasien geplant, aber auch eine mit dem Rad von Passau nach Wien. Wir werden auf einem Schiff sein, eine kleine Weitwanderung in den Bergen versuchen. Uns in das Getümmel eines Kinderhotels werfen und den Strand auch im Sommer besuchen. Und vielleicht schaffen wir es ja auch nach Afrika. Denn die Welt ist ja so groß.

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