Ohne Jetlag den Winter in der Sonne genießen
Wer einmal in Kapstadt war, will immer wieder kommen. Bis vor kurzem hielt ich den Lieblingssatz vieler Südafrika-Reisender für eine maßlose Übertreibung.
Aber: Immerhin ist das auch schon mein dritter Besuch innerhalb von drei Jahren – und dennoch fühlt sich vieles wie eine Premiere an. Neu ist erfreulicherweise der Direktflug ab Wien. Seit Oktober hebt zweimal die Woche eine Boeing 777 nach Kapstadt ab. Rund elf Stunden braucht es, um dem trüben Winter in den strahlenden Sommer zu entfliehen – und das ohne kräfteraubende Zeitverschiebung.
Bei meinem ersten Mal reichte es nur für 24 Stunden Kapstadt, also zum Flanieren und Abendessen an der Victoria & Albert Waterfront und einem Kurztrip zum Kap – mit der guten Hoffnung next time mehr davon zu erleben. Bei der zweiten Visite war in drei Tagen auch ein Ausflug zu einem Weingut & Restaurant drin: Buitenverwachting in Klein Constantia, einem Paradies für Genießer.
Der dritte Anlauf bietet nun Gelegenheit, Kapstadt und Umgebung im Groß-Format zu erkunden: Vier volle Tage und Nächte. Bilanz danach: Das ist wohl die Minimalvariante für alle, die sich nicht auf ein Vielleicht-nächstes-Mal verlassen wollen.
Das Hotel beim ersten Eintages-Trip lag in 15-Minuten-Gehweite zur Waterfront. Das zweite in Seapoint, am Fuß des Signal Hill mit Blick auf die endlose Strandpromenade. Santa Monica-Feeling mit Outdoor-Fitness-Cornern, Bikern, Skatern und Joggern und XXL-Sonnenlicht-Garantie dank extrafrühem Sonnenaufgang und extraspätem Sonnenuntergang.
Packende Kunst im Silo
Diesmal wird in Rufweite der Waterfront übernachtet – idealer Ausgangspunkt für Genießer und Kulturliebhaber. Nebenan das Mocaa, das 2017 eröffnete Museum für packende zeitgenössische afrikanische Kunst: Ein ehemaliger Getreidesilo, der in ein architektonisches Prachtstück verwandelt wurde. Samstags lockt hier ein Markt mit Handwerkskunst. Und vor der Haustür praktisch rund um die Uhr die pulsierende Welt der Victoria & Albert Waterfront. Der einst vergammelte Hafen wurde als Ausgehviertel am Wasser mit Shopping-Malls, Restaurants, Straßenkünstlern und einem Food-Market wiedererweckt.
Seafood vom Frischesten gibt es etwa bei der Knysna Oyster Company im Food-Market. Sushis, Makis und Meeresfrüchte vom Feinsten bietet in der Shopping-Mall ein Geheimtipp: Die Rock-Shrimps im Willoughby sind eine Art Gottesbeweis.
Wechselnde Kolonisatoren wie Portugiesen, Engländer und Holländer haben nicht nur eine bunte Kochkultur hinterlassen. Schlecht essen ist in Südafrika daher so gut wie unmöglich.
Wer die volle Vielfalt der südafrikanischen Küche kennenlernen will, sollte die Gelegenheit für eine Cuisine Safari Tour nutzen. Im Boo Kap, dem Wohnviertel vieler Muslime, laden die Herrinnen des Hauses in Küche und Wohnzimmer zum gemeinsamen Kochen und Essen ein. Die ersten selbst geformten Samoosas (gefüllte Teigtaschen) oder die Chilli-Bites (würzige kleine Vorspeisenknödel) bleiben als Koch- und Kulinarikerlebnis nachhaltig in Erinnerung.
Tafeln im Township
Wer an den vielen Townships, den ausladenden Wohnvierteln der schwarzen Mehrheit, nur vorbeifährt, lässt eine spannende Erfahrung an sich vorbeiziehen. Ein kleiner Bungalow reiht sich hier an den nächsten. Das größte Gebäude ist die Polizeistation. Dazwischen ein paar Geschäfte und Schnellimbiss-Stuben. 40 Prozent Arbeitslosigkeit sind hier die Regel.
Wir sind in Gugulethu bei einer schwarzen Mittelstandsfamilie zu Gast: Sheila hat Amagwinya (Wraps mit Hühnerleber oder Beef), Fischbällchen, Fisch, Kürbis und Hendl aufgetischt. Ihr Mann, ein Musiklehrer, spielt zum Nachtisch ein Ständchen auf der Trompete. Die beiden sind stolz auf ihr Haus, dem man ansieht, dass es nach und nach auf vier Zimmer erweitert wurde.
Weißes Hymnen-Solo
Der gebürtige Schweizer Rudi Gottschall machte sich 1974 als 23-Jähriger aus Abenteuerlust auf den Weg nach Südafrika. Den Job als Schlosser hängte er bald an den Nagel und verkaufte danach fast dreißig Jahre Autos, bevorzugt BMW und Audi. Mit 50 sprang er als Reiseleiter für den erkrankten Mitarbeiter eines Freundes ein und gewann über Nacht Gefallen daran, Touristen seine neue Heimat zu zeigen. Er ist auch mit 68 noch als Reiseleiter quer durchs Land unterwegs. Nur einmal dachte er ernsthaft daran, das krisengeschüttelte Land zu verlassen.
Rudi ist nun fest entschlossen, auch seinen Lebensabend hier zu verbringen. „Südafrika ist wie die Liebe zu einer Frau, von der man nicht mehr lassen kann“, sagt er, steht auf und fragt höflich die Gastgeberin der Cuisine-Safari, ob er für die kleine Reisegruppe aus Österreich die südafrikanische Hymne singen dürfe. Sie setzt sich aus zwei Teilen zusammen, die heute hintereinander gesungen werden: Aus einem primär unter der schwarzen Bevölkerung populären religiösen Lied und einem lange nur unter den Buren verbreiteten Teil, der bis 1994 allein die gültige Nationalhymne war, „Die Stimme Südafrikas“.
Reiseleiter Rudi singt die Doppelpack-Hymne der Schwarzen und Weißen mit einer Inbrunst, die weder aufgesetzt noch inszeniert klingt. Und er schließt seinen Gesang mit einem Appell an die touristischen Gäste, der tief berührt: „Die einfachen Menschen in Südafrika, ob schwarz, ob weiß oder ob Mischlinge, wollen nur eines: Ein besseres gemeinsames Leben. Helfen Sie mit, dass das gelingt und kommen Sie als Gäste bald wieder.“
Gustieren in Küche & Keller in Babylonstoren
Die älteste Farm am Kap wartet mit Vorzeige-Gärten, Restaurants und Zimmern auf
Binnen nicht einmal einer Stunde kann man rund um Kapstadt in eine ganz andere Welt eintauchen. In den Weinbergen im Süden und Osten laden großzügig anlegte Weingüter im kap-holländischen Baustil zum Verweilen ein – viele auch mit schmucken Gästezimmern oder hocheleganten Hotels mit Spa und Swimmingpool.
Eines der ältesten landwirtschaftlichen Güter liegt in der Weinregion östlich von Kapstadt, der Gegend zwischen Stellenbosch und Franschhoek: Babylonstoren wurde 1692 von Holländern gegründet und zählt mit 700 Hektar und 300 Mitarbeitern zu den größten. Ein imposant weitläufiger aber beschaulicher Garten beherbergt dreihundert Pflanzenarten, die Wege sind mit Pfirsichkernen gepflastert. Hier ist inklusive der riesigen Wein- und Obstgärten alles bio. Allein die Frage, ob es anders sein könnte, wird unausgesprochen als Sakrileg empfunden.Im Kräutergarten sollen Heilmittel für alle Problemlagen von Impotenz bis Krebs Abhilfe bieten.
Hühner im „Chicken Gym“Die freilaufenden Hühner werden mit einem Trick aufgezogen, der feixend als „Chicken Gym“ firmiert: Ein Strauß aus Grünpflanzen wird auf dem kargen Boden im Laufe des Tages immer höher gehängt, sodass das Federvieh muskelfördernd laufend in Bewegung bleibt.
Weil normaler Rasen auf dem kargen Boden schwer gedeiht, umschmeichelt ein chamomile lawn (Rasen aus Kamille) Fußsohlen und Nase. Kellerführungen und Verkostungen gehören zum Standardprogramm. Es lohnt sich, Zeit für Lunch oder Dinner einzuplanen. Das auf Haubenniveau servierte Babel Menü in Yellow (Fisch), Red (Fleisch) und Green (Vegetarisch) kann man kreuz und quer genießen – und sich zu jedem Gang glasweise durch den Keller kosten.
Info
Anreise Direktflüge Wien–Kapstadt mit Austrian bis April 2019 jeweils Dienstag und Samstag nonstop mit Boeing 777. Economy Class ab 550 €, Premium Economy ab 860 €, Business Class ab 2060 €. austrian.com
Beste Reisezeit Von Oktober bis April. Klimatisch sind Reisen in jeder Jahreszeit möglich. Kapstadt und die Kapprovinzen weisen mit mediterranem Klima keine extremen Temperaturschwankungen auf. Durch die Lage auf der Südhalbkugel sind in Südafrika die Jahreszeiten zu denen in Europa genau umgekehrt.
Tipps Kochkurse im Privathaushalt Cuisine Safari Tour coffeebeansroutes.com/tour-cape-town-cuisine-route/
– Kochen im Bo Kaap, www.lekkakombuis.co.za/
Angebot Raiffeisen-Reisen bietet 6 Tage Kapstadt: Austrian-Direktflug in der Economy Class, Abflüge 2019: 29.1. und12.3.: 4 ÜN/F im 3*Hotel ab 999 €/P.
– 9 Tage „Trendy Kapstadt“: Austrian-Direktflug in der Economy Class, Abflüge 2019: 9.3. und 23.3., 7 ÜN/F im DZ im 4*Radisson Red, Ausflüge und Besichtigungen, Weinverkostung mit Mittagessen, Eintrittsgebühren, deutschspr. Reiseleiter ab 2245 € pro Person.
Details: In allen Raiffeisen Reisebüros, Tel. 0800/ 66 55 74, info@raiffeisen-reisen.at oder unter www.raiffeisen-reisen.at
Auskunft www.capetown.travel, www.southafrica.net
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