Gigantischer Vergnügungspark: Fassade ist wichtiger als man denkt
Die Kinder stehen auf dem riesigen Platz nach dem Eingang und schauen. An ihnen ziehen Jugendliche vorbei, aus deren Mündern aufgeregte Worte wie „Raptor“ und „Tornado“ purzeln. Es zieht sie zu den Hochschaubahnen des Gardalands, sie haben keinen Blick für die Fassaden dieses Platzes. Sie wissen, wohin sie wollen, zu all den Superlativen, die sie schon im Internet studiert haben. Der sechsjährige Valentin und die dreijährige Rosemarie wissen das nicht. Ihre große Augen wandern langsam von der nachgebauten Burgmauer zum überdimensionalen Old-Style-Karussell. Erst das Pfeifen des Gardaland-Zugs reißt sie aus dem Staunen. Valentin zeigt auf den „Bahnhof“: „Können wir damit auch fahren?“
Können wir. Wer den Eintritt ins Gardaland berappt hat, darf mit allem fahren. Aufzahlen muss man nur für die Express-Zutritte bei den Attraktionen. Aber so weit sind wir noch nicht. Wir sind bei den witzig-schiefen Laternen des Platzes, Rosemarie entdeckt den Wegweiser zum Peppa-Pig-Land, Valentin das Wasserschloss, mit Zinnen und Scharten, mit Geheimgängen und Rutschen, Burgtor und Riesenkübel darüber, der sich jede Minute selbst entleert: Und die Kinder darunter kreischen lässt.
Luftikus im Park
Dieser vorderste Teil des Gardalands heißt Prezzemolo-Land, ist für die jüngsten Besucher gedacht und nach dem Maskottchen benannt. Das Wort bedeutet „Petersilie“ und im Italienischen bezeichnet man jemanden als Prezzemolo, der herumwuselt. Ein Luftikus. Das passt zum größten italienischen Vergnügungspark: Schnell wird klar, dass man hier nie ganz den Überblick haben wird, dass man vom „Ah“ zum „Oh“ getrieben wird.
Und doch wirkt die Gigantomanie zwischen Ramses-Tempel und Piratenschiff nicht seelenlos. Weil die Kulissen so gut gemacht sind, dass sie einen in die Geschichte ziehen. Valentin und Rosemarie verlangen Fotos bei jeder einzelnen Durchschau-Figur und die sind nicht bloß aus Pappe: Piratin Rosie mit Papagei und Pistole ruft „Hohoho“, Ritter Valentin verlangt „Angriff“.
In dieser Identifikation liege die Faszination, sagt Luca Marigo, Marketingchef des Gardalands. „Unsere aufregendste Hochschaubahn ist der Blue Tornado, davor steht ein Kampfjet. Wenn du damit fährst, wirst du zum Top Gun.“ Die Menschen hier würden nicht bloß eine Fahrt mit ausgefeilter Technik suchen. Sie suchen das Erlebnis. „Und das muss zusammenpassen: das Big Fantasy-Adventure.“
Mumienpizza
Und so nimmt Rosemarie die Hand ihres Bruders, als wir (nach einer Stunde Wasserschloss) doch weiterkommen. Ihr ist das hohe Gitter unheimlich, auf dem Dinosaurier-Warnschilder hängen, die lauten „Roooaaars“ aus dem Lautsprecher tun ihr Übriges. Eine Dschungellandschaft, nur als Kulisse für die Hochschaubahn „Raptor“. Die Geschichte: Ein Biest schnappt dich und reißt dich durch seine Welt. Als die Waggons an der Schiene plötzlich aus dem Dickicht schießen und über unsere Köpfe hinweg, nehme ich Valentins andere Hand.
Für die über vierzig Attraktionen, Kulissen und Spielangebote braucht man mit Kindern zumindest zwei Tage. Wer darüber hinaus auch beim Frühstück und Abendessen noch Reize braucht, kann sich im dazugehörigen Gardaland-Resort einquartieren. Je nachdem, welches der drei Hotels man dort wählt, begrüßt einen in der Einfahrt ein überdimensionaler Prezzemolo, ein real großes Schiffswrack oder ein riesiger Zauberhut.
Der gehört zum neuen „Magic Hotel“, in dem die Zimmer auch an Magic Mushrooms erinnern, schläft man doch unter monströsen Eiszapfen und wird wahlweise von Wandmalerei-Einhörnern oder Wandmalerei-Drachen beobachtet. Die Kinder lieben das und die kluge Raumteilung: Ein großes Zimmer, durch Nischen so strukturiert, dass Papa noch Fernschauen kann, wenn die Zwerge schlafen.
Der Gardasee ist vom Gardaland nur wenige Meter entfernt, Verona mit Julias Balkon nur dreißig Minuten. Wie wenig man hier dennoch in Italien ist, merkt man spätestens beim Besuch der Gardaland-Resort-Pizzeria „Tutankhamon“: Alles geht sehr schnell hier im ägyptischen Styroporsäulen-Tempel, fantastisch gemacht, das Auge isst ja mit. Die Pizza kommt nach drei Minuten, man muss hier zwei Durchläufe pro Abend schaffen.
Um Punkt acht kommt der junge Mann herein, der nachmittags Aquafitness für Eltern leitet, in einem Safari-Indiana-Jones-Outfit und mit grinsender, kindergerechter Mumie an der Hand. Es ist jetzt „Mumien-Awakening“. Dann wäre noch Gute-Nacht-Geschichte-erzählt-Bekommen. Aber Valentin und Rosemarie müssen ins Bett. Wir müssen morgen dringend den frühen Shuttlebus ins Gardaland nehmen. Es ist noch so viel zu tun.
Info
Anreise Von Wien dauert die Fahrt mit dem Auto zum Gardaland gut neun Stunden (mit Kindern). Die Anreise per Zug ist umständlich (drei Umstiege) und lang. Alternativ könnte man per Flieger nach Verona (mit Umstieg) oder direkt nach Mailand reisen. Von dort fährt man knapp zwei Stunden.
Gardaland Von 1. April bis 30. September ist das Gardaland täglich geöffnet, im Oktober (Halloween) und Dezember an Wochenenden. Neben den über 40 Attraktionen gibt es auch wechselnde Themenwochen, Event und Shows. Der Eintritt kostet ab 35 Euro pro Tag (bei Onlinekauf und fixem Datum), das Sealife im Paket 7 Euro Aufzahlung. Wer den teils langen Wartezeiten entkommen will, kann ein Express-Ticket kaufen, die gibt es in verschiedenen Packages ab 20 Euro (aber nur vor Ort). gardaland.it
Gardaland Resort Standardpreis im Magic Hotel mit Frühst., Tickets für 2 Tage in Gardaland und Sealife für 2 Erw. u. 2 K.: 320 Euro/ Nacht. Derzeit gibt es einen 30-%-Rabatt für Buchungen bis 25. Oktober. gardaland.it
Kommendes Jahr Am 19. Juli 2020 feiert Gardaland 45. Geburtstag, es sind rund um den Termin viele Feiern geplant, man müsste unbedingt jetzt buchen. Im kommenden Jahr öffnet als neuer Bereich des Gardaland auch der erste Legoland-Wasserpark Europas auf 15.000 Quadratmetern.
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