SPÖ schweigt zu Gusenbauers Geschäften

Unter Druck: Alfred Gusenbauer
Nachdem bekannt wurde, dass Alfred Gusenbauer mit dem jüngst festgenommenen SPÖ-Berater Tal Silberstein zusammenarbeitet, steht der Ex-Kanzler SPÖ-intern unter Druck. Gusenbauers Geschäfte im Überblick.

Alfred Gusenbauer hat der SPÖ im bisherigen Wahlkampf keine allzu guten Dienste erwiesen: So hat der Kurzzeit-Kanzler etwa den vorübergehend verhafteten Berater Tal Silberstein an Bord geholt und soll sich auch trotz Kritik für diesen ausgesprochen haben. Nun berichtet das Nachrichtenmagazin Profil auch noch, dass Gusenbauer in Geschäfte mit dem zweifelhaften Politikberater verwickelt ist - womit der Altkanzler, der im Wahlkampf zu einem der Berater Christian Kerns zählt, parteiintern gehörig unter Druck gerät. Hinter vorgehaltener Hand bestätigen mehrere Genossen, dass eine breite Front in der SPÖ Gusenbauers Geschäfte für einen Sozialdemokraten nicht sehr rühmlich findet.

Ganz aus der Politik verabschiedet hat sich Gusenbauer nach der Übergabe des SPÖ-Vorsitzes an Werner Faymann im Juli 2008 nämlich nicht: Der Ex-Kanzler ist Präsident des Renner-Instituts, der Parteiakademie der SPÖ. Neben dieser prestigeträchtigen Funktion in der SPÖ ist er auch noch Vizepräsident der Sozialistischen Internationalen. In diesem weltweiten Zusammenschluss sozialistischer und sozialdemokratischer Parteien sitzt Gusenbauer de facto auf einem SPÖ-Ticket, Chef der Vereinigung ist der Grieche Giorgos Papandreou. Außerdem ist Gusenbauer immer noch Stadtparteichef der SPÖ in Ybbs.

Offiziell wollte sich zur Causa Gusenbauer noch kein hochrangiger SPÖ-Funktionär äußern. Auch SPÖ-Abgeordneter Josef Cap, geschäftsführender Präsident des Renner-Instituts, wollte nichts dazu sagen.

Gusenbauers Geschäfte von Kasachstan bis Rumänien

Hinter vorgehaltener Hand jedoch macht kaum ein Sozialdemokrat einen Hehl aus der weit verbreiteten Abneigung gegen Gusenbauers geschäftliches Tun. Doch worum geht es da überhaupt? „Direktor“, „Aufsichtsrat“, „Berater des Präsidenten“: Vor dem Namen Alfred Gusenbauer stehen zahlreiche imposante Titel – und das für Engagements in vieler Herren Länder. Der wohl mächtigste und zweifelhafteste dieser Herren ist der autoritär herrschende Präsident Kasachstans Nursultan Nasarbajew. Der ehemalige Kanzler saß im IIAC, dem „Independent International Advisory Council“ des Kasachen. Offizielle job description dem international eher übel beleumundeten Staatschef mit politisch einflussreichen Freunden zu verknüpfen. Laut einem Spiegel-Bericht 2011 soll Gusenbauer für das IIAC den deutschen Altkanzler Gerhard Schröder, den ehemaligen italienischen Premier Romano Prodi, den polnischen Ex-Präsidenten Alexander Kwasniewski und den spanischen Ex-Außenminister Marcelino Oreja „eingekauft“ haben. Er fungierte als Chef eines „Clubs der Freunde Kasachstans“ Der Ex-Kanzler selbst soll dafür auch ein ordentliches Honorar von 400.000 Euro pro Jahr.

Anwaltsfreund mit Kasachstan-Connection

Gusenbauers persönlicher Freund, der bekannte Anwalt Gabriel Lansky, soll dafür laut Spiegel den Schriftverkehr mit Kasachstan und dem Diktator selbst abgewickelt haben. Was das Nahverhältnis zu Nasarbajew zu diesem Zeitpunkt besonders heikel machte, war, dass der Diktator sich damals gerade in einem offenen rechtlichen und politischen Krieg mit seinem in Ungnade gefallenen Schwiegersohn Rachat Alijew befand. Es ging um mehrere Morde in Kasachstan, die ihm zur Last gelegt wurden. Alijew war Botschafter in Österreich gewesen, war danach untergetaucht und ist inzwischen nach seiner Verhaftung unter mysteriösen Umständen im Gefängnis in Österreich ums Leben gekommen. Die Kanzlei Lansky aber war auch in der Causa Alijew aktiv. Sie vertrat die Witwen der mutmaßlichen Opfer Alijews.

Aufsichtsrat für Silberstein

Gusenbauer, der ja international bestens vernetzt ist, kam auch anderorts umstrittenen Figuren bedenklich nahe. Einer seiner Partner war ja der inzwischen unter großem medialen Getöse in Israel verhaftete und inzwischen auch von der SPÖ geschasste Wahlkampfberater Tal Silberstein. Der hatte vor einigen Jahren mit einer im bekannten Steuerparadies Malta ansässigen Firma namens „Novia“ ein Projekt mit den Casinos Austria begonnen. Es ging um Spielautomaten. In dieser Novia saß Alfred Gusenbauer als „nicht geschäftsführender Direktor“, also quasi Aufsichtsrat und Berater. Aus dem Projekt wurde schließlich nicht mehr als eine Klage Silbersteins gegen die Casinos – wie das Nachrichtenmagazin Profil in seiner aktuellen Ausgabe berichtet. Zuletzt erstritt Silberstein tatsächlich einen Schadenersatz von mehreren Hunderttausend Euro, für ein Projekt, das, wie Profil analysiert, kaum mehr als Papierform hatte.

Viel Geld aus gescheiterter Goldmine

Viel Geld vor Gericht erstreiten, das ist derzeit auch die Perspektive für ein weiteres international übel beleumundetes Projekt, bei dem Gusenbauer an Bord ist. Er fungiert als „director“ für einen offiziell kanadischen Bergbaukonzern namens „Gabriel Resources“, hinter dem aber ausgerechnet ein langjähriger Partner Silbersteins steht, der einst reichste Mann Israels, Beny Steinmetz. Für ihn hat Gusenbauer auch in Wien und in Deutschland Geschäfte vermittelt. Das einzige tatsächlich relevante Projekt von Gabriel läuft in Rumänien – und das seit Jahren mehr als stockend. Die geplante Goldmine in Rosia Montana in Siebenbürgen kam nämlich nie wirklich vom Fleck. Grund waren massive Umweltbedenken, Proteste internationaler NGOs gegen Pläne wie die Sprengung von Bergen und die drohende Vergiftung von Flüssen und Proteste in Rumänien wegen der geplanten massiven Absiedlung der lokalen Bevölkerung. Inzwischen hat sich die Firma darauf verlegt, Rumänien wegen des gescheiterten Projekts auf mehrere Milliarden zu verklagen. Gusenbauer erklärt im Gespräch mit dem KURIER sowohl die Bedenken wegen Umweltzerstörung als auch die Sorgen um die Bevölkerung als haltlos. In Rosia Montana sei die Umsiedlung positiv aufgenommen worden.

Zur Person: Gusenbauer wurde am 8. Februar 1960 in St. Pölten geboren. Seine politische Karriere begann er mit 21 Jahren als Schriftführer der SPÖ, 1984 folgte er Josef Cap als Vorsitzender der Sozialistischen Jugend. 2000 wurde Gusenbauer Geschäftsführer der SPÖ, im selben Jahr übernahm er auch den Parteivorsitz. Bei der Nationalratswahl 2006 holte er der SPÖ - beraten von Tal Silberstein - das Kanzleramt zurück. Gusenbauer wurde im Jänner 2007 als Bundeskanzler angelobt - doch bereits eineinhalb Jahre später übernahm Werner Faymann die SPÖ. Gusenbauer ging als der Kanzler mit der kürzesten Amtszeit in der Zweiten Republik in die Geschichte ein.

Gerade jetzt, wo die Empörung über Ex-Kanzler Gusenbauer und seine Geschäfte besonders heftig hochkocht, sind ein paar Anmerkungen überfällig. Der Ex-Kurzzeitkanzler hat sich bis heute nichts strafrechtlich Relevantes zu Schulden kommen lassen. Auch andere ehemalige Politiker nützen ihre internationalen Kontakte im Auftrag von Konzernen, die auch nicht im Auftrag der Menschlichkeit tätig sind. Der ehemalige britische Premier Tony Blair hat eine ganze Reihe nicht gerade demokratischer Regime beraten, darunter auch Kasachstan, für das auch Gusenbauer tätig war. Der deutsche Ex-Kanzler Schröder werkt für russische Energieriesen und Gusenbauers Vorgänger Wolfgang Schüssel etwa für den deutschen Atomstromgiganten RWE. Gusenbauer aber hat bei seinen Tätigkeiten, wie auch in Stellungnahmen dazu, immer wieder bewiesen, dass er wenig Gespür für moralische Grenzen hat. Er ist dort, wo andere bemüht Distanz wahren, immer noch einen Schritt näher an zumindest zweifelhafte Geschäftspartner herangerückt. Die Grenze zwischen unschönen und schmutzigen Geschäften ist oft fein und wird nicht per Gesetz, sondern mit Menschenverstand gezogen. Gusenbauer hat sie mehrmals überschritten.

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