Weitgehend einig ist man sich darin, dass das Phänomen Teil einer generellen Krise überkommener Institutionen ist, die etwa auch politische Parteien oder Interessenvertretungen betrifft.
Klar ist auch, dass die speziell auf die katholische Kirche abzielenden, von innen wie außen notorisch vorgebrachten Kritikpunkte („Reformverweigerung“, Sexualmoral, Rolle der Frauen, Zölibat etc.) jedenfalls zu kurz greifen: weil auch christliche Konfessionen mit deutlich „liberaleren“ Regeln und Konventionen vor ganz ähnlichen Problemen stehen.
Auch die Religionssoziologin Regina Polak sieht die Kirchen- und Glaubenskrise im Kontext eines umfassenden „Epochenwandels“. Wir hätten es mit einer „Veränderung der Art, wie Wissenschaft, Welt und Wirklichkeit gedacht werden“, zu tun, so die an der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Wien tätige Wissenschaftlerin kürzlich in einem Interview mit der Wiener Kirchenzeitung Der Sonntag: „Und das wirkt sich natürlich auch auf Religion und Glaube aus.“ Es zeige sich, „dass die Krise das Herzstück des Glaubens erfasst hat“.
„Maria stand auf …“
Schnitt: Sonntag, 6. August, Lissabon – 1,5 Millionen Menschen feierten mit dem Papst sowie 700 Bischöfen und 10.000 Priestern den Abschlussgottesdienst des Weltjugendtages. Auch an den Tagen davor nahmen Hunderttausende an den Veranstaltungen teil.
Papst Johannes Paul II. hatte die Weltjugendtage 1985 ins Leben gerufen. Bisher gab es 15 internationale Weltjugendtage, der erste fand 1986 in Rom statt. Im Wechsel werden die Weltjugendtage in kleinerem Rahmen in den Diözesen vor Ort sowie rund alle drei Jahre als weltweites Großtreffen organisiert. Das letzte Treffen dieser Art vor Lissabon fand 2019 in Panama statt, der nächste Weltjugendtag ist 2027 in Südkorea.
Die Berichte von diesen Großveranstaltungen vermitteln stets Begeisterung, spirituelle Dichte und gläubige Zuversicht, die im Kontrast dazu stehen, wie Kirche im Allgemeinen meist wahrgenommen wird.
Das Leitthema des Weltjugendtags lautete übrigens: „Maria stand auf und machte sich eilig auf den Weg.“ Es ist dies ein Vers aus dem Lukasevangelium, wo es um den Besuch Marias bei ihrer Verwandten (und Mutter Johannes des Täufers) Elisabeth geht. Jeder Marketingexperte würde dringend abraten, eine Jugendveranstaltung unter ein solches Motto zu stellen. Und vermutlich könnten selbst Schüler von katholischen Privatschulen diesen Satz nicht ein- oder zuordnen. Aber es hat funktioniert.
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