Die Boulevardkandidaten. Gerald Grosz und Tassilo Wallentin sind vor allem durch ihre Medienauftritte bekannt. Beide fischen im blauen Teich, unterscheiden sich aber deutlich in Form und Inhalt. Was die beiden eint und was sie voneinander unterscheidet - ein kurzer Faktencheck:
Auftreten
Gerald Grosz: Der ehemalige Haider-Wegbegleiter und BZÖ-Nachlassverwalter ist eines nicht: auf den Mund gefallen. Grosz ist Stegreif-Kampfrhetoriker. Fakten kommen in seinen Betrachtungen mitunter vor, aber als Maßstab dienen sie ihm nicht. Sein Wahlkampfslogan ist an Donald Trump angelehnt. „Make Austria Grosz again“. Schwurbelfaktor: 10.
Tassilo Wallentin. Der personifizierte Innenstadt-Jurist: die Hemden nach Maß, am Arm klappert die Vintage-Rolex. Wallentin lebt Tradition, ohne staubig zu wirken. Den Holzhammer beherrscht auch er – allerdings in Schriftform. Seine Krone bunt-Kolumnen waren kantig bis verbissen. In der Papierform ein Signal an Bürgerliche – volksnah geht aber anders.
Ukraine und die Folgen
Gerald Grosz. Der Blogger warf sein ganzes Gewicht in die internationale Arena, als er im Juli einen offenen Brief an Wladimir Putin veröffentlichte. Statt ihn für Kriegsverbrechen zu verurteilen, entschuldigte er sich für den „Wirtschaftskrieg“ Österreichs. Putin antwortete – nicht.
Tassilo Wallentin. Der Kolumnist forderte im März einen „Kompromissfrieden“. „Neutralität, Entmilitarisierung und Dialog mit beiden Kriegsparteien sind die Schlüssel dazu“, bekundete er Anfang Juli in einer Kolumne mit dem Titel: „Frieren? Das tun nur die Dummen“ – Stichwort Holzhammer. Sanktionen hätten schon in Nordkorea und Syrien nichts gebracht, argumentiert er.
Die Corona-Pandemie
Gerald Grosz. Hier gilt: Freie Ansteckung für freie Bürger. Grosz ist Impfpflichtgegner, Maßnahmenskeptiker und könnte Herbert Kickl in puncto Tatsachenverdrehung noch was beibringen. Schimpfte im Februar auf den „Maskenball der Corona-Fetischisten“. Und freute sich im Sommer darüber, dass man die „Ebola“-Panik jetzt abgelegt habe …
Tassilo Wallentin. Hier unterscheiden sich die beiden Boulevardkandidaten deutlich: Wallentin kritisiert das Pandemiemanagement ebenso, aber anders herum. So rechnete er der Kurz-ÖVP im November 2021 vor, dass die Regierung versagt habe. Dem Vernehmen nach scheiterte an dieser politischen Frage auch die angedachte Spitzenkandidatur für die Freiheitlichen.
Gerald Grosz. Klimaschutz ist Grosz ein wichtiges Anliegen – vor allem, um wohlmeinende Aktivisten durch den Kakao ziehen. Das sieht beispielsweise so aus: Im Juli 2019 beklagte er mit Pudelhaube auf dem Kopf kalte Temperaturen und bezeichnete Greta Thunberg als „kleinen süßen Schulschwänzerbalg“ und „weltliches Oberhaupt aller Angstneurotiker“.
Tassilo Wallentin. Der Krone-Mann ist im direkten Vergleich fast woke: In einem Kommentar schreibt er: „Die Sorge ist berechtigt: Ein Temperaturanstieg von 2 Grad Celsius ist nicht mehr aufzuhalten.“ Wallentin verurteilt Frackinggas und verlangt eine neue Klimapolitik.
Gerald Grosz. Er ist weiterhin gern gesehener Gast auf oe24.tv, wo er mit seinem rabiaten Auftreten Klicks bringt und zum Senderimage passt. Einen besonderen Rückenwind durch die Fellners darf er sich aber nicht erhoffen: In der Berichterstattung war zuletzt Wallentin als Konkurrent für FPÖ-Kandidat Walter Rosenkranz genannt worden. Grosz blieb unerwähnt.
Tassilo Wallentin. Den größten Rückhalt musste ihm Frank Stronach kaufen: Drei Seiten Inserat in der Krone bunt für Unterstützungserklärungen kosteten rund 110.000 Euro. Seine Kolumne ist mit seinem Antreten eingestellt. Allerdings wird er nun regelmäßig von der Kronenzeitung gecovert. Das Kleinformat wirkt fast unentschlossen – Kampagne ist das jedenfalls keine.
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