"Zu g'scheit für die Spitzenpolitik": Buseks reiches, geistiges Erbe
Am 25. März hätte er seinen 81. Geburtstag gefeiert.
Am Montag gab das Institut für den Donauraum bekannt, dass dessen langjähriger Vorstand, Erhard Busek, am Sonntag, den 13. März überraschend verstorben war. Es ist ein trauriger Tag.
Erhard Busek war schon Zeit seines Lebens eine Legende. Wie kein anderer Politiker in den letzten Jahrzehnten hatte Busek ein Gespür für Entwicklungen und richtete sein Handeln danach aus.
Nachruf auf Erhard Busek
Bereits in den späten 70er- und frühen 80er-Jahren setzte er in Wien einen Trend, der heute in den Bobo-Bezirken voll zur Entfaltung kommt: Während die dominierende Stadt-SPÖ damals wuchtige Shoppingcenter an den Stadträndern, riesige Wohnsilos und breite Straßen baute, setzte Busek bereits auf Grätzl-Revitalisierung, pflanzte Bäume und inszenierte mit dem legendären Stadtfest Kultur in der City. Auf diese Art wurde Busek indirekt zum Geburtshelfer für das Donauinselfest, denn die SPÖ-Wien wollte dem schwarzen Stadtfest etwas entgegensetzen.
"Bunte Vögel" gegen "rote Dinos": Busek hatte Erfolg mit seiner Politik in Wien. 1978 und 1983 errang er mit 34 und 35 Prozent beeindruckende Zugewinne und eroberte aus eigener Kraft das Amt des Vizebürgermeisters. Er war Wiens erster Grüner.
Aber auch außenpolitisch war Busek sehr früh auf der richtigen Seite engagiert.
Persönlicher Einsatz für Regimegegner im Ostblock
Seine Passion war "Mitteleuropa". Früh knüpfte Busek Kontakte zur Opposition hinter dem Eisernen Vorhang und unterstützte Regimekritiker - auch mit erheblichem persönlichen Einsatz und unter Gefahren. Man darf nicht vergessen: Damals herrschten hinter dem Eisernen Vorhang, der 50 Kilometer von Wien entfernt Europa trennte, die Panzerkommunisten. Busek hielt Kontakt zum Schriftsteller Vaclav Havel in Prag und fuhr zu Gewerkschaftsführer Lech Walesa in die Danziger Werft. Er nahm auf seinen Fahrten im Kombi-Bus heimlich Journalisten mit, um der anti-kommunistischen Opposition im Westen Gehör zu verschaffen. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion kamen viele von Buseks Kontaktleuten in Staatsfunktionen.
Jahrhundertweichenstellung EU-Beitritt
Auch in der heimischen Politik war Busek maßgeblich an einer Jahrhundert-Weichenstellung beteiligt. Als Vizekanzler an der Seite des damaligen SPÖ-Kanzlers Franz Vranitzky hat er die Beitrittsverhandlungen gestaltet und die Informationskampagne vor der Volksabstimmung mitgetragen. Das Österreich EU-Mitglied ist, ist auch ein historisches Verdienst von Erhard Busek.
"Mit Erhard Busek ist ein von mir außerordentlich geschätzter Regierungspartner von uns gegangen", sagt Vranitzky am Montag im Gespräch mit dem KURIER. "Wir sind im Gleichschritt den Weg in die Europäische Union gegangen. Ein geeintes Europa über die heutige EU hinausgehend, war ihm immer ein Herzensanliegen. Mir wird Erhard Busek als langjähriger geistreicher Gesprächspartner sehr fehlen, wir hatten bis zuletzt viel Austausch.“ Im Rückblick zeige sich im Übrigen, "dass sich die große Koalition von damals mit späteren Zusammenschlüssen mehr als messen kann."
In der ÖVP gehörte Busek zum großkoalitionären Wirtschaftsflügel. Er war ein Feindbild für die ÖVP-interne Gegenfraktion, die Stahlhelmfraktion des niederösterreichischen ÖAAB.
Busek war ein belesener, liberaler, katholischer Intellektueller und lehnte als solcher den (damals von Haider geprägten) Rechtspopulismus zutiefst ab. Busek konnte auch selbstironisch sein. Als ÖVP-Generalsekretär Mitte der 1970er-Jahre focht er an der Seite des damaligen ÖVP-Chefs Josef Taus einen aussichtslosen Kampf gegen den populären SPÖ-Kanzler Bruno Kreisky. Busek meinte, es sei ja kein Wunder, dass sie keine Chance hätten, denn er und Taus sähen aus wie „zwei kalte Knackwürste mit Brille“. Sein wacher Intellekt trug Busek in der ÖVP den Vorwurf ein, er sei „zu gescheit“ für die Spitzenpolitik. Alleweil.
Nicht jeder schafft es, wie Busek ein reiches, geistiges Erbe zu hinterlassen.
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