Zinsen gestiegen, Baubranche am Boden - was die Politik vorschlägt
Die Bauwirtschaft steckt in einer massiven Krise: Tausende Jobs sind in Gefahr, Eigentum ist für viele derzeit nicht leistbar. Der Druck auf die Politik schnell gegenzusteuern, wächst: ÖVP und Grüne verhandeln aktuell über ein Bau- und Sanierungsprogramm für Herbst. Am Montag haben auch die Sozialpartner ein Paket präsentiert.
Warum es der Branche so schlecht geht, welche Maßnahmen auf dem Tisch liegen und was Experten sagen:
Warum haben sich Kredite, Zinsen und Baukosten so ungünstig entwickelt?
Im Kampf gegen die Inflation hat die EZB die Zinsen kräftig angehoben. Die Baukosten sind seit 2020 um 25 bis 35 Prozent gestiegen, zeitgleich wurden die Kreditvergaberegeln verschärft. Die Zinsen für einen durchschnittlichen privaten Wohnungskredit sind zwischen 2021 und November 2023 von 1,18 Prozent auf 4,16 Prozent gestiegen – für viele nicht mehr leistbar, weshalb die Nachfrage nach Wohnungseigentum eingebrochen ist. Kurz: Es fehlen die Käufer, der Neubau ist kaum ein Geschäft – die Nachfrage konzentriert sich auf Mietwohnungen. Laut Prognosen werden 2026 nur noch 46.400 Wohneinheiten gebaut – 2022 waren es noch 62.300. Wird nicht gegengesteuert, droht also eine enorme Wohnungsknappheit.
Was schlagen die Sozialpartner vor?
Bau-Holz-Gewerkschafter Josef Muchitsch und WKO-Präsident Harald Mahrer haben am Montag mehrere Punkte präsentiert. Für Häuslbauer schlagen sie einen Zuschuss von 20 Prozent der Baukosten auf das erste Eigenheim vor. Der Bonus soll maximal 100.000 Euro betragen.
Was spricht für, was gegen einen Eigenheim-Bonus von 100.000 Euro?
WIFO-Ökonom Michael Klien hält wenig von einem Zuschuss: Die Maßnahme sei teuer und auch verteilungspolitisch zweifelhaft. „Sie würde wahrscheinlich hauptsächlich jene fördern, die sich ohnehin ein neues Haus leisten könnten“, sagt Klien zum KURIER. Während ÖVP und Grüne noch beraten, haben sich die Neos gegen den Bonus ausgesprochen. Grund: Das sei „pure Gießkanne“.
Was sagt Gewerkschafter Muchitsch nach Kritik an den Vorschlägen?
Muchitsch sagte am Dienstag bei einer Pressekonferenz mit SPÖ-Chef Andreas Babler, der Eigenheim-Bonus sei ein Vorschlag der Arbeitgeber gewesen. Ihm gehe es vor allem um die Wohnbauförderung. Als einen neuerlichen Angriff auf seinen Chef will er den Auftritt mit Mahrer nicht verstanden wissen, er stehe zu Babler. Vergangene Woche riet Muchitsch Babler ja, sich wirtschaftsfreundlicher zu positionieren.
Welche Maßnahmen schlagen Experten vor?
Auch Klien plädiert dafür, zweckgebunden Geld über die Wohnbauförderung zu verteilen – und zwar an Bauträger und Private. „Davon würden Häuslbauer profitieren, aber auch die gemeinnützigen Bauträger, die auch einen wesentlichen Beitrag zur Stabilisierung leisten können, weil sie eine sehr konstante Bauleistung haben.“ Über die Wohnbauförderung könne man leichter Kredite sowie höhere Darlehen zugänglich machen, sagt Klien. Welcher Betrag würde helfen? Vor 15 Jahren hätten die Länder im Rahmen der Wohnbauförderung noch eine Milliarde Euro mehr zur Verfügung gehabt, nennt der Ökonom einen Zielwert.
Wie geht es mit den derzeit strengen Kreditvergaberegeln weiter?
Derzeit ist es schwierig, einen Kredit für den Hausbau oder eine Eigentumswohnung zu bekommen. Seit Mitte 2022 gilt die umstrittene KIM-Verordnung: Jeder Kreditnehmer muss mindestens 20 Prozent Eigenkapital vorweisen und die monatliche Kreditrate darf 40 Prozent des Nettoeinkommens nicht übersteigen. Beide Regeln sind der Wirtschaft ein Dorn im Auge, doch das Finanzmarktstabilitätsgremium widersetzt sich bisher Lockerungswünschen. Das Argument: Die Immobilienpreise in Österreich seien viel stärker als die Löhne gestiegen. Damit der Markt nicht völlig überhitzt und es zum Platzen einer Immobilienblase kommt, habe man hier die Notbremse ziehen müssen. Gesprächsbereit zeigen sich Vertreter des Gremiums über die Ausnahmekontingente für die Banken.
Wie sind die weiteren Aussichten für die heimische Bauwirtschaft?
Die Konjunkturprognosen der Bauwirtschaft sind noch schlechter als jene für die Wirtschaft insgesamt. Eine rasche Entspannung ist nicht in Sicht, im besten Fall stagniert der Bausektor heuer.
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