Wolfgang Kulterer: "Muss für Haider den Kopf hinhalten"

Wolfgang Kulterer: "Muss für Haider den Kopf hinhalten"
Der gefallene Spitzenbanker gibt Fehler zu, sieht sich aber auch als "Sündenbock" im Fall Hypo.

"Die Stärke von einem Menschen zeigt sich nicht, wenn man ganz oben auf der Leiter steht, sondern wenn man runterfliegt – und die Kraft hat, wieder aufzustehen."Das sagte Ex-Hypo-Boss Wolfgang Kulterer im Dezember 2010, als er aus der U-Haft entlassen wurde.

Den Beweis dafür, dass aus ihm trotz eines Privatkonkurses und vier Verurteilungen zu sechseinhalb Jahren Haft kein gebrochener Mann geworden ist, bewies er gestern im Hypo-U-Ausschuss im Parlament. Der einstige Spitzenbanker präsentierte sich selbstsicher, eloquent und teilweise reflektiert.

Kulterer beklagte sich über "Dirty Campaigning" – und darüber, dass man ihn zum "Sündenbock" abstempeln wolle. "Mir ist klar, dass ich für viele den Kopf hinhalte, auch für Haider."

Vieles, was über ihn und die Hypo behauptet werde, stimme nicht. "Die Bank war kein Selbstbedienungsladen für Jörg Haider. Es gab zum Beispiel keinen einzigen Euro für dieses idiotische Fußballstadion in Klagenfurt." Und für den Kredit für Ex-Formel-1-Fahrer Patrick Friesacher habe Haider privat gebürgt – "mit Wald im Bärental".

Kulterer schilderte, er habe sich "nur einmal dem emotionalen und psychologischen Druck von Haider gebeugt" – beim Kredit für die Fluglinie Styrian Spirit (dafür wurde Kulterer verurteilt).

Sein Verhältnis zum einstigen Landeshauptmann sei, obwohl man per Du war, distanziert gewesen, sagte Kulterer: "Haider war ja mit 50 Prozent der Kärntner per Du, deswegen war ich es auch." Als Beleg dafür, dass er mit dem Landeschef nicht eng verbunden gewesen sei, führte der Ex-Hypo-Vorstand eine Personalrochade an: Haider habe zwei ihm nahestehende Personen im Aufsichtsrat installiert. "Das war zu meiner Disziplinierung gedacht".

Weil er diesen Herren nicht vertraut habe, hätte er die 2005 bekannt gewordenen Swap-Verluste verschwiegen. Nur in der Bank wussten einige über Währungsspekulationen Bescheid, die ein "Treasurer" initiiert hatte – und die 330 Millionen Euro Schaden verursachten.

Dass er die Strategie gewählt habe, all das zu verheimlichen, bezeichnete Kulterer als "schweren Fehler". Er sei der Meinung gewesen, die Bank hätte es verkraftet, die Verluste auf zehn Jahre aufzuteilen. Heute würde er die Investmentbanken klagen, die diese Dollar-Wetten angeboten haben.

Im Nachhinein als "Problem" bezeichnete Kulterer auch, dass die Bank in den 2000er-Jahren enorm gewachsen sei, das interne Kontrollsystem aber damit nicht Schritt gehalten habe. Kulterer sagte, er habe einen internationalen Manager holen wollen, die Eigentümer hätten das aber abgelehnt. "Da hätte ich zurücktreten müssen."

"Große Ernüchterung"

Dass der größte Schaden unter seiner Führung angerichtet worden sei, wies Kulterer zurück. "Die Liste der 25 größten Obligos machten Ende 2006 1,6 Milliarden Euro an aushaftenden Krediten aus. Ende 2009 waren es unter den Bayern 2,5 Milliarden Euro." Die Bayern hätten das Risiko also nicht verringert. Sie hätten das Kreditvolumen binnen 20 Monaten sogar um 500 Millionen pro Monat gesteigert. Dabei habe er die Hypo beim Verkauf an die Bayern "in einem sicheren Hafen" vermutet. Dass dem nicht so war, sei "die größte Ernüchterung meines Lebens".

Was die Haftungen des Landes Kärnten betrifft, gab Kulterer zu, dass sich niemand, auch er nicht, Gedanken darüber gemacht habe. "Heute weiß ich auch, dass das ein Fehler war. Niemand hätte aber gedacht, dass die Haftungen jemals schlagend werden." Gewundert habe ihn nur dass die Haftungen 2004 bei der Spaltung der Bank in einen Österreich- und einen internationalen Teil für die gesamte Gruppe gegolten habe.

"Des geht ned"

Wie kann ein Schaden von 15 Milliarden Euro entstehen, wenn Kulterer nur einige Fehler gemacht habe, fragte Neos-Mann Rainer Hable. Kulterer entgegnet gereizt: "Tschuldigung, des geht ned." Als er 2006 als Bank-Vorstand ging, sei ein "Verlustpotenzial von zwei, drei, vier oder fünf Milliarden" vorhanden gewesen, "nicht 15 Milliarden. Dagegen verwehre ich mich auf das Schärfste."

Wenige Erkenntnisse brachte die Befragung von Kulterers Ex-Vorstandskollgen Günter Striedinger. Er verweigerte, wenn es spannend wurde, mit Verweis auf das Bankgeheimnis und Ermittlungen häufig die Aussage.

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