„Und das in einer Situation, in der die Schulplätze fehlen, vor allem in Ballungsräumen wie Wien“, erklärt Oliver Gruber, Bildungspolitik-Experte der Arbeiterkammer.
Angst vor Lernverlust
In Österreich aber gilt auch für vertriebene Kinder aus der Ukraine die Schulpflicht. Laut Beobachtern sind die Schulbehörden derzeit zwar etwas kulanter, aber wer seine schulpflichtigen Kinder unbegründet von der Schule fernhält, riskiert Strafen von bis zu 440 Euro.
Der Grund, warum viele trotzdem glauben, ihren Kindern mit einer Abmeldung etwas Gutes zu tun, ist, dass die Kinder als nicht deutschsprachige Quereinsteiger den sogenannten MIKA-D-Test, den Deutschsprachtest, machen müssen.
Kinder mit einem guten Ergebnis kommen in den normalen Regelschulunterricht. Sie nehmen an allen Regelfächern teil, sie und ihre Eltern habe Anschluss an die deutschsprachigen Klassenkollegen und erleben soziale Integration in der Schule. Ein mittelmäßiges Ergebnis bedeutet für die Kinder, dass sie neben dem Regelunterricht sechs Stunden die Woche einen Deutschkurs besuchen müssen. Dieser findet dann meist während des Deutsch- und Englisch-Regelunterrichts statt.
Wer beim MIKA-D negativ abschneidet, kommt in eine Deutschförderklasse. Hier haben Kinder 15 bis 20 Stunden (je nach Schulstufe) Deutschförderunterricht. Sie haben kaum Fachunterricht und sind nur in Fächern wie Werken, Turnen und Zeichnen mit ihren deutschsprachigen Schulkollegen zusammen. „Sie verlieren ihren Lernfortschritt. Außerdem haben sie kaum Kontakt zu deutschsprachigen Gleichaltrigen und reden daher erst recht nicht deutsch“, kritisiert Oliver Gruber von der AK. Wer nun beim kommenden MIKA-D-Termin am Ende des Schuljahres negativ ist, was auf viele Kinder aus der Ukraine zutrifft, kann vorerst nicht in die nächste Schulstufe aufsteigen – man kann den Test aber im Herbst wiederholen.
Falls sich ihre Deutschkenntnisse verbessert haben, können die Kinder aufsteigen. Auch die Klassenkonferenz kann im Einzelfall entscheiden, ob das Kind trotz negativem Deutschtest aufsteigen darf. Zudem kann der Test zum Ende jedes Semesters wiederholt werden und die Kinder können in Regelklassen wechseln, beruhigt das Bildungsministerium.
Mit der grassierenden Falschinfo entsteht also die paradoxe Situation, dass Kinder von der Schule gehen, weil sie glauben, so weiter lernen zu können.
Kommentare