Wien Energie: Opposition schießt sich auf Ludwig und Hanke ein

Wien Energie: Opposition schießt sich auf Ludwig und Hanke ein
Kritik an Absenz des Eigentümervertreters bei Energiegipfel und an mangelnder Transparenz bzw. später Information.

Überraschend wurde er von der Bundesregierung einberufen, der Energiegipfel am Sonntagabend. Überraschend ist auch eine Meldung, die sich aus der Krisensitzung ergeben hat.

Wien-Energie-Chef Michael Strebl hatte beim Gipfel unangenehme Nachrichten im Gepäck: Der Energieversorger Wien Energie sei durch die anhaltende Teuerung am Strommarkt selbst in Turbulenzen geraten. 

Der Konzern selbst betonte aber via Twitter: "Wien Energie ist nicht insolvent oder pleite." Um die Versorgung sicherzustellen, führe Wien Energie Handelsgeschäfte an Energiebörsen durch. Dabei müsse das Unternehmen - wie alle Börsenteilnehmer - Sicherheitsleistungen hinterlegen. "Aufgrund des am Freitag abermals europaweit explodierten Strompreises steigen diese erforderlichen Sicherheitsleistungen unvorhergesehen an", heißt es weiter. Man versichert: "Die Sicherheiten kommen zurück, sobald die Handelsgeschäfte abgewickelt werden."

Wien Energie und Wiener Stadtwerke seien "solide, wirtschaftlich gesunde Unternehmen mit bester Bonität".

Energieministerin Leonore Gewessler erklärte via Twitter, es seien "noch offene Fragen mit der Stadt Wien als Eigentümerin" zu klären, "um rasch helfen zu können". "Diese Gespräche finden in den kommenden Stunden statt."

Seitens des Finanzministeriums betonte man, es gebe "bereits bestehende Instrumente des Bundes, auf die die Stadt Wien in der aktuellen Situation zugreifen kann". Die Überlegungen gingen "in Richtung eines Kredites in Milliardenhöhe, der über die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur abgewickelt wird". Die Details und notwendigen Voraussetzungen würden derzeit zwischen den einzelnen Playern ausgearbeitet. Ziel sei "eine rasche und rechtlich sichere Lösung im Interesse der Kundinnen und Kunden von Wien Energie".

Wiens Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) hat am Montagnachmittag für einen bundesweiten "Schutzschirm" des Bundes plädiert - in der Höhe von bis zu 10 Mrd. Euro.

Indes gerät angesichts der Turbulenzen die Wiener Stadtregierung zunehmend unter Druck. Wie berichtet, waren beim Energiegpfel zwar Vertreter der Wien Energie, aber seitens des Eigentümers Stadt Wien weder Bürgermeister Michael Ludwig noch Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) anwesend.

"Das ist erzürnend", sagte der Wiener VP-Klubobmann Markus Wölbitsch am Montag bei einer Pressekonferenz. Es kann schließlich nicht sein, dass der Bürgermeister nicht eingebunden war. "Es geht nicht, dass er jetzt einfach abtaucht", kritisierte Energiesprecher Manfred Jurazcka.

VP: Fünf Fragen an Ludwig

Fünf Fragen richtete die Wiener VP an Bürgermeister Ludwig:

- Ist für zwei Millionen Kunden der Wien Energie die Versorgungssicherheit gegeben?

- Wo waren Ludwig und Stadtrat Hanke zum Zeitpunkt der sonntäglichen Sitzung?

- Warum wurde erst gestern über die Probleme informiert?

- Gab es bisher stillschweigend Finanzspritzen seitens der Stadt am zuständigen Ausschuss des Gemeinderats vorbei? Ist das Problem durch Spekulationsverluste entstanden?

- Wann werden Oppositionsparteien endlich Kontrollmöglichkeiten für ausgelagerte Betriebe bekommen?

In die selbe Richtung ging die Kritik der Wiener FPÖ. Parteichef Dominik Nepp forderte eine sofortige Erklärung von Bürgermeister Ludwig. "Wir haben das Recht zu erfahren, seit wann die rot-pinke Stadtregierung von den Liquiditätsproblemen und der drohenden Milliardenpleite des städtischen Unternehmens gewusst hat", so Nepp.

FP: "Pleitekönig Ludwig"

Nepp weiter: "Es ist wenig vorstellbar, dass eine derartige Finanznot über Nacht auftaucht. Es ist ein Skandal, dass weder der Stadtsenat noch der Finanzausschuss mit dieser existentiellen Krise befasst wurden. Zudem ist es völlig inakzeptabel, dass sich Pleitekönig Ludwig auf Tauchstation befindet. Er muss den Mitgliedern der Stadtregierung und des Finanzausschusses schleunigst Rede und Antwort stehen."

Laut Informationen des Klubobmanns der Wiener Grünen, Peter Kraus, ist die Stadtregierung und damit der Eigentümervertreter bereits mehrmals finanziell für die Wien Energie eingesprungen. Wie viel und wie oft die Stadt der Wien Energie finanziell ausgeholfen hat und ob es sich dabei um Finanzspritzen gehandelt hat oder um Garantien, wisse man derzeit noch nicht. Kraus geht aber von mindestens drei Zahlungen mit mehreren Millionen aus, "das könnten bis zu zwei Milliarden sein", sagte Kraus am Montag vor Journalisten.

Grüne: "am Gemeinderat vorbei"

Problematisch sei das aus zweierlei Gründen. Erstens, weil diese Leistungen der Stadt an die Wien Energie "am Gemeinderat vorbei passiert sind" und zweitens, weil die Stadt offenbar bis zum letzten Moment gewartet habe, um den Bund um Hilfe zur Stützung der Wien Energie zu bitten.

Diese Unterstützungen ohne Einbeziehung des Gemeinderats seien zwar grundsätzlich möglich: aufgrund der Notkompetenz (s. u.), die dem Bürgermeister dieses Handeln erlaubt. Die Grünen sehen darin aber ein gehöriges Transparenz-Problem und fordern Aufklärung.

Konkret wird die Beantwortung folgender Fragen gefordert:

- Welche Entscheidungen sind im Rahmen der Notkompetenz getroffen worden?

- Welche Hilfen gab es für die Wien Energie und stimmt es, dass bisher 2 Milliarden Euro von der Stadt an die Wien Energie geflossen sind?

- Warum wurde der Gemeinderat nicht informiert? Und warum ist die Wien Energie erst so spät  den Bund herangetreten?

Zur Klärung würde man "alle parlamentarischen Möglichkeiten ausschöpfen - von einem Sondergemeinderat bis zur Untersuchungskommission", erklärte Kraus. Zudem forderte er eine Erklärung, warum Stadtrat Hanke an der gestrigen Krisenbesprechung mit der Bundesregierung nicht teilgenommen hat.

Ad Notkompetenz: "Der Bürgermeister ist berechtigt, bei dringlichen Fällen in Angelegenheiten, die in den Wirkungsbereich eines Gemeinderatsausschusses, des Stadtsenates oder des Gemeinderates fallen, unter seiner Verantwortung Verfügungen zu treffen, wenn die Entscheidung dieser Gemeindeorgane ohne Nachteil für die Sache nicht abgewartet werden kann. Er hat die Angelegenheit jedoch unverzüglich dem zuständigen Gemeindeorgan zur nachträglichen Genehmigung vorzulegen." (Wiener Stadtverfassung, § 92)

Kommentare