Zwischen ÖVP und Grünen sind zuletzt Differenzen beim Klimaschutz merkbar geworden. Während die Grünen stark auf Strom anstelle von fossiler Energie setzen, will die ÖVP für verschiedene Ersatztechnologien offenbleiben. Ziel sei das Verschwinden von Treibhausgasen, aber nicht die Vorgabe bestimmter Technologien durch die Politik, lautet das Credo von Bundeskanzler Sebastian Kurz.
Eine der Alternativen ist Wasserstoff – zwar nicht für den Pkw-Verkehr, aber für vieles andere. Eine Studie im Auftrag der Wirtschaftskammer gibt einen Überblick über den Stand der Forschung, die Einsatzmöglichkeiten und die notwendigen politischen Incentives für den Einsatz von Wasserstofftechnologie.
Laut Industriewissenschaftlichem Institut beschäftigen sich derzeit bereits 180 heimische Unternehmen mit Wasserstofftechnologie, sie generieren damit 2.000 Arbeitsplätze und 730 Millionen Jahresumsatz.
Das Problem ist: Für das Herstellen von Wasserstoff ist sehr viel Strom nötig.
Doch das ist gleichzeitig auch die Lösung: Wasserstoff ist im Gegensatz zu Strom gut speicherbar.
Das bedeutet, Wasserstoff ist eine gute Ergänzung zu Ökostrom, der mit Sonne und Wind erzeugt wird.
Europäisches System
In europäischen Breiten wird es, wenn demnächst alle Länder die Energiewende forcieren, im Sommer ein Überangebot an Öko-Strom geben, im Winter hingegen an Energie fehlen. Das Verhältnis beträgt ungefähr zwei Drittel Energiegewinnung im Sommer zu einem Drittel im Winter.
Das Kalkül: Mit dem überschüssigen Sommerstrom, der sich schwer speichern lässt, könnte man Wasserstoff erzeugen, den man dann im Winter aus dem Speicher holen kann. Zitat aus der Studie: „Wenn bei viel Sonnenschein und gutem Wien eine Überlastung des Stromnetzes droht und in der Folge Fotovoltaik-Kraftwerke oder Windenergieanlagen abgeschaltet werden müssen, kann das die Anlagenbetreiber sehr teuer kommen. Die Energiewende ist schwerer umsetzbar, wenn bestehende Wind- oder Fotovoltaik-Kraftwerke nicht voll genutzt werden.“
Die Studienautoren gehen davon aus, dass das Wasserstoffsystem ein europäisches sein wird, kein nationales. Also: Dass dort, wo es im Sommer sehr viel Überstrom gibt, Wasserstoff erzeugt werden wird, der dann in umgerüsteten bestehenden Pipelines transportiert wird, in (bestehenden) Gastanks oder Salzkavernen gelagert wird. In Deutschland gibt es bereits zwei Wasserstoff-Pipelines mit 240 und 100 Kilometern Länge. Die Deutschen pumpen auch 290 Millionen Euro in ein neues Wasserstoffzentrum in Chemnitz.
Noch nicht marktreif
Weithin anerkannt ist, dass im Schwerverkehr und in der Industrie Wasserstoff gebraucht wird, weil es hier nur beschränkt Alternativen zu fossilen Energieträgern gibt. Schon heute kommt Wasserstoff in der Produktion von Leiterplatten, Stahl, Dünger und in der chemischen Industrie zum Einsatz. „Der Bedarf wird sich vervielfachen“, so die Studie.
Derzeit ist grüner, also mit Öko-Strom erzeugter Wasserstoff aber noch zu teuer und nicht konkurrenzfähig gegenüber fossilen Energieträgern. „Es wird notwendig sein, finanzielle Anreize für die Erzeugung von Wasserstoff einzuführen und die Wasserstofftechnologien an die Marktreife heranzuführen“, so die Studie.
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