Nach den Chaostagen war die politische Führung des Landes am Freitag nicht nur bemüht, wieder Handlungsfähigkeit zu zeigen, sondern „auffallend war auch die demonstrative Einigkeit. Und die Betonung, dass dieser Konsens die SPÖ mit einschließt“, sagt Stainer-Hämmerle. Tatsächlich trägt der schriftlich festgehaltene Beschluss zu Lockdown und Impfpflicht die Signaturen von drei Parteien: ÖVP, SPÖ und Grün.
Die SPÖ sagt auf KURIER-Nachfrage, sie sei bereit, beide Vorhaben auch im Parlament mitzutragen. „Das hat den Vorteil, dass man für etwaige Verfassungsbestimmungen eine parlamentarische Mehrheit hat“, sagt Stainer-Hämmerle.
"Mutiger Schritt"
Beide Politik-Experten loben die Geste von Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein, sich bei der Bevölkerung „für das Desaster“ (Hofer) zu entschuldigen. Das sei „ein mutiger Schritt“, meint Stainer-Hämmerle. Kanzler Alexander Schallenberg habe hingegen die Verantwortung auf jene abgeschoben, die sich nicht impfen lassen wollen. „Es wäre aber besser gewesen, wenn auch er Fehler eingestanden hätte“, meint sie.
Das holte Schallenberg dann am Freitag am Abend in der Zib 2 nach. Er sagte an die Adresse der Geimpften: "Es tut mir leid, dass es so weit gekommen ist." Er sei "der Letzte, der keine Fehler eingesteht".
"Verantwortung ansprechen"
Grundsätzlich hält es Stainer-Hämmerle für richtig, die Verantwortung der Impfgegner klar anzusprechen, wie es Schallenberg getan hat – „aber das hätte man schon vor Monaten machen müssen. Stattdessen hat man beim Impfen immer die Freiwilligkeit betont“.
Dass die ÖVP jetzt zwei zentrale Positionierungen von Sebastian Kurz aufgeben musste, beurteilt Stainer-Hämmerle milde: „Kein Lockdown für Geimpfte, keine Impfpflicht – das haben ja viele gesagt.“
Problem bei den Schulen
Zu denken gibt den Politik-Experten die chaotische Vorgangsweise bei den Schulen. Die oberste Ebene sei nun zwar einig, „aber darunter stolpern sie immer noch“.
Überraschend findet die Politologin die fixe Ankündigung der Impfpflicht: „Damit sind wir Vorreiter in Europa.“ Hofer meint, die Impfpflicht sei ein wichtiges Signal an die Geimpften, dass „die Unsolidarischen“ nicht so weiter machen können wie bisher. Beide befürchten aber eine Radikalisierung des harten Kerns der Impfgegner.
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