Wie die Spionage-Affäre jetzt aufgeklärt werden soll
Kein Tag vergeht ohne eine neue Entwicklung in der BVT- bzw. Spionage-Causa rund um den Ex-BVT-Beamten Egisto Ott.
Die Frage, inwieweit Ott und sein Netzwerk den heimischen Staatsschutz untergraben haben und wie die FPÖ in all das verstrickt ist, beschäftigt auch die politischen Parteien.
Sie alle fordern Aufklärung - fragt sich nur: Wie? Das sind die Optionen:
1. U-Ausschuss
In parlamentarischen U-Auschüssen geht es um die politische Verantwortung bzw. um Vorgänge in der öffentlichen Verwaltung.
Im aktuell laufenden U-Ausschuss zum "rot-blauen Machtmissbrauch" war die Spionage-Causa schon Thema - so wurde etwa Herbert Kickl am 11. April in seiner Rolle als Ex-FPÖ-Innenminister befragt. Aber nicht alle Fragen wurden zugelassen, da sie teils zu weit weg vom Untersuchungsgegenstand waren. Kickl soll trotzdem noch einmal geladen werden - voraussichtlich im Mai.
Ein neuer U-Ausschuss, der sich gezielt diesen Themen widmet, geht sich in dieser Legislaturperiode wegen der Fristenläufe nicht mehr aus.
2. Kontrollkommission im DSN
Reinhard Einwallner, SPÖ, will mit der Aufklärung nicht bis nach der Wahl warten - deshalb stellt die SPÖ mit den Neos einen Prüfauftrag an die unabhängige Kommission, die per Gesetz in der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN, Nachfolgeorganisation des BVT) eingerichtet ist.
Den Vorsitz des fünfköpfigen Gremiums hat die Strafrechtsexpertin Ingeborg Zerbes, die zuvor die Kommission zur Aufarbeitung des Wiener Terroranschlags geleitet hat.
Einwallner erklärt, es gehe ihm nicht um eine Aufarbeitung der Vergangenheit des "alten" Staatsschutzes, sondern um den Status Quo des jetzigen. "Wir wollen wissen: Wie resilient ist die DSN gegen Spionagenetzwerke? Gibt es immer noch Lücken?"
Der Vorteil des Prüfauftrages sei, dass es in einem überschaubaren Zeitraum - in ca. drei Monaten - ein Ergebnis geben werde, so Einwallner.
Unterdessen hat auch Innenminister Gerhard Karner bereits mit Zerbes Kontakt aufgenommen.
3. Geheimdienstausschuss im Parlament
Der Bericht der DSN-Kontrollkommission wird dann im "ständigen Unterausschuss für innere Angelegenheiten" behandelt - allerdings im Geheimen. Die 13 Abgeordneten dürfen nichts nach außen tragen - darauf sind sie sogar vereidigt.
Für strukturelle Verbesserungen könnte der Bericht also genutzt werden, für den politischen Diskurs nicht.
4. Untersuchungskommission im BMI
Die Vergangenheit könnte auch durch eine interne Untersuchungskommission aufgearbeitet werden - ein Beispiel wäre die Kommission um Anti-Korruptionsexperte Martin Kreutner, der gerade die Ära des ehemaligen Justiz-Sektionschefs Christian Pilnacek untersucht. Kreutner und sein Team sichten alte Ermittlungsakten und befragen Beteiligte. Strafverfahren zu etwaigen politischen Interventionen laufen parallel dazu weiter.
Eine solche Kommission müsste aber der Minister einsetzen. Aus dem Innenministerium (BMI) heißt es auf KURIER-Anfrage, das dies nicht geplant sei - die Aufklärung der Causa Ott sei bei der Kriminalpolizei und der Staatsanwaltschaft in besten Händen.
5. Strafverfahren
Seit Juli 2020 ermittelt die "AG Fama", eine Sondergruppe im Bundeskriminalamt. Dies hat am Karfreitag auch zur Verhaftung von Egisto Ott geführt. In der Zeit seien "zahlreiche Hausdurchsuchungen" und mehr als 300 Vernehmungen durchgeführt worden, die Gruppe wertet derzeit auch große Mengen an Daten aus, heißt es im BMI.
Es geht um rund 20 Delikte - u. a. Spionage, Verletzung des Amtsgeheimnisses und Amtsmissbrauch. Im Fokus stehen neben Ott auch sein früherer Vorgesetzter Martin Weiss und Ex-Wirecard-Manager Jan Marsalek. Letztere sind für die Behörden aber nicht greifbar: Weiss dürfte sich in Dubai aufhalten, Marsalek in Russland.
Durch eine Aktenlieferung an den U-Ausschuss wurde kürzlich bekannt, dass auch gegen den Ex-FPÖ-Mandatar Hans-Jörg Jenewein und eine frühere Mitarbeiterin aus Kickls Kabinett ermittelt wird.
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