Wie die Grünen Kanzler Kurz jetzt absetzen wollen
"Wir können nicht zur Tagesordnung übergehen, die Handlungsfähigkeit des Bundeskanzlers ist vor diesem Hintergrund in Frage gestellt", sagte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) heute Vormittag nach den neuen Ermittlungen gegen Kanzler Sebastian Kurz und seine Wegbegleiter (ÖVP).
Der Satz bedeutet den Anfang vom Ende - in dieser Deutlichkeit darf er tatsächlich verstanden werden, wie dem KURIER in eingeweihten Kreisen bestätigt wird. Kurz ist für die Grünen nicht mehr tragbar. Derzeit sucht man nach "sinnvollen Alternativen", heißt es.
Grüne telefonierten mit ÖVP-Ministern
Die Grünen sind sich ihrer Sache wohl auch deshalb so sicher, weil sie es geschafft haben, Teile der ÖVP auf ihre Seite zu ziehen.
Nach den gestrigen Hausdurchsuchungen haben die Grün-Ministerinnen und Minister mit ihren ÖVP-Gegenübern telefoniert. Nur ein Beispiel: Justizministerin Alma Zadic (Grüne) hat als Gegenüber Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP).
Dabei sei man, wie dem KURIER geschildert wird, übereingekommen, dass es in der Ministerriege "keinen Krieg" gibt, sondern dass man gemeinsam weiterarbeiten möchte.
"Die Regierungsarbeit läuft gut, wir haben gerade erst wichtige Projekte auf Schiene gebracht. Und wir sind noch lange nicht fertig. Das sehen auch die ÖVP-Ministerinnen und Minister so", sagte ein grüner Insider im KURIER-Gespräch am Donnerstagvormittag. Und er betonte noch einmal: "Wir haben einen aufrechten Koalitionspakt mit der ÖVP. Und so soll es bleiben."
Update, 15.30 Uhr: Wobei sich die Grünen da zu früh gefreut haben dürften. Wie zu vernehmen ist, bewirkte das Anbandeln der Grünen mit den ÖVP-Ministern genau das Gegenteil. Nur mit Kurz oder gar nicht, hieß es am Donnerstagnachmittag in einer gemeinsamen Erklärung.
"Optik ist verheerend"
Die ÖVP-Landeschefs stellten sich bereits zu Mittag in einer Aussendung "geschlossen hinter Sebastian Kurz". Sie seien überzeugt, dass sich die "strafrechtlich relevanten Vorwürfe als falsch herausstellen werden".
Damit ist klar: Kurz wird nicht kampflos aufgeben. In der "ZiB2" betonte er gestern auch: "Selbstverständlich bleibe ich Kanzler."
Wie also könnte eine Absetzung ablaufen?
Die Opposition überlegt bereits einen Misstrauensantrag - die Grünen könnten im Parlament mitstimmen. Die zweite Variante wäre, dass Bundespräsident Alexander Van der Bellen den Kanzler kündigt.
Die Vorbereitungen sind in vollem Gange - das zeigt der heutige Terminplan:
Um 13 Uhr findet eine Präsidiale der Klubchefs im Nationalrat statt - für die Grünen wird Sigrid Maurer dabei sein. Dabei soll die Sondersitzung, die von der Opposition gefordert wird, besprochen werden.
Nach dem Klubchef-Gespräch ist Maurer mit Vizekanzler Werner Kogler bei Bundespräsident Van der Bellen. Anschließend finden am Freitag Gespräche zwischen Kogler und den anderen Parteien statt.
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