Werner Kogler: "Warum soll der Kaviar billiger werden?"

KURIER: Herr Vizekanzler, zahlt sich ein Interview mit Ihnen noch aus, Sie sollen ja kurz davor sein, alles hinzuschmeißen und beim Bundeskongress zurücktreten?
Werner Kogler: Wie kommen Sie auf so eine Frage?
Weil wir zuletzt immer öfter hören, dass die Koalitionsarbeit für Sie über die Maßen zermürbend ist.
Da waren aber schlechte Spin-Doktoren am Werk. Ich weiß nicht, wo diese Unsinnigkeiten herkommen, und will darauf nicht näher eingehen.
Aber ist die Regierungsarbeit für Sie ein Quell der Freude, oder doch zermürbend?
Wir sind in der Politik, um es uns nicht einfach zu machen. Dass es nicht einfach ist, ist wohl erkennbar. Politik soll hin und wieder auch Spaß machen, und das tut es auch. Wir haben wichtige Aufgaben und die Grünen werden mehr als je zuvor gebraucht. Wir sind zur richtigen Zeit am richtigen Ort.
Lässt Sie die ÖVP nicht oft spüren, dass Sie eine 14-Prozent-Partei und Juniorpartner sind und nur gewisse Kompromisse möglich sind?
Ich verwahre mich ausdrücklich gegen die Denunziation von Kompromissen. Wir würden als Gesellschaft gar nicht weiterkommen, hätten wir kein demokratisches Grundverständnis. Dafür, dass wir nur 14 Prozent haben, kriegen wir sehr viel weiter – allem voran die ökosoziale Steuerreform inklusive Klimabonus, Klimaticket, Ökostromausbau und so weiter.
Bei anderen Themen geht aber nichts weiter – Klimaschutzgesetz, Pflegereform, Mietrecht. Und selbst wo es im Bund Einigkeit mit der ÖVP gibt, zeigt sich, dass Sie die Länder brauchen, sonst geht da auch nichts weiter.
Bei der Informationsfreiheit werden wir, Ministerin Edtstadler und ich – noch einmal – die Vertreter der Bundesländer und der Gemeinden einladen, um alle Bedenken ansprechen zu können. Das hat den Effekt, dass die dann mal erklären müssen, warum sie Bedenken haben beim Ende des Amtsgeheimnisses. Öffentlich habe ich noch von keinem Landeschef gehört, warum sie das nicht wollen. Auch bei der Pflegereform wird bald ordentlich was weitergehen. Das kostet, aber das ist wichtiger als ein frühzeitiges Nulldefizit. Aber es kommt darauf an, dass das Geld wirklich ans Ziel kommt und dass es für die Bundesländer nicht mehr so einfach ist, das Geld in irgendwelchen Schatullen zu lassen.
Apropos Geld, die Bevölkerung hat zunehmend ein Problem mit der Teuerung.
Die Inflation wird weitergehen, darum soll man nicht alle Pfeile, die man im Köcher hat, gleich verschießen. Mittlerweile ist die EU-Richtlinie zur Mehrwertsteuer geändert worden, darum haben wir jetzt eine Möglichkeit zur Senkung. Aber das muss man auf die Grundnahrungsmittel beschränken, weil: Warum soll der Kaviar und das Wachtelei billiger werden? Und wir müssen sicherstellen, dass diese Maßnahme vom Lebensmittelhandel an den Kunden weitergegeben wird. Dazu braucht es ein ordentliches Preismonitoring oder noch direktere Durchgriffsmöglichkeiten. Über eine Senkung der Mineralölsteuer zu reden, ist hingegen völlig sinnbefreit, weil nicht zielgerichtet.
Sind Sie nicht schon aus moralischen Gründen dafür, Putins Erdgas abzudrehen und ihm so keine Devisen mehr zu überweisen?
Nein. Erstens hat Putin seine Kriegswirtschaft mit vergangenen Einnahmen gedeckt. Russland hat ausreichend Lebensmittel zur Versorgung für Volk und Armee. Zweitens wird die Kriegsmaschinerie nicht aufhören, nur weil wir kein Gas mehr beziehen. Und drittens, das rationale Argument: Derjenige, der die Sanktionen verhängt, muss es länger aushalten und weniger Schaden haben, als derjenige, den man sanktioniert.
Die Wirtschaft hätte ja ein Interesse am Klimaschutz – WKO-Präsident Mahrer hat von 400.000 Green Jobs gesprochen. Ist die WKO ein guter Partner?
Harald Mahrer ist ein grüner Vorkämpfer – in vielen Reden schon.
Und in der Praxis?
Naja, wie weit welche Kräfte in der Wirtschaftskammer in welche Richtung wirken, ist manchmal mirakulös, das ist wirklich eine Dunkelkammer. Ich nehme Mahrer ab, dass er viel will. Der Punkt ist: Wer setzt sich dort durch?
Die Wiener Wirtschaftskammer hält das Handeln der Klimaministerin in Sachen Lobautunnel für rechtswidrig – es gibt den Vorwurf, sie soll sich Gefälligkeitsgutachten besorgt haben.
Dafür gibt es ja einen Lösungs- und einen Rechtsweg. Nur zu! Die Ministerin hat in diesem Pingpong diese Evaluierung gemacht. Dass es da unterschiedliche Rechtsmeinungen gibt, muss man aushalten.
Am Samstag wird Sie der Bundeskongress wieder zum Parteichef wählen. Was sind Ihre Ziele bei den kommenden Landtagswahlen?
Wir haben in allen Ländern gute Kandidatinnen und Kandidaten. Ein Zuwachs wäre wohl realistisch.
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